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Die schönen Seiten des Winters: Zeigen Sie uns Ihre Schnee-Kunstwerke!

Von Roman Sandgruber   13.Jänner 2019

Man weiß nicht, seit wann die Menschen Schneemänner bauen. Wie so viele andere bedeutende und weniger bedeutende Gedenk- und Feiertage gibt es auch einen Welttag des Schneemanns. Er steht, von der Öffentlichkeit ziemlich unbemerkt, am 18. Jänner im Kalender. Dieses Jahr zumindest stimmt der Termin. Es gibt Schnee, und das mehr als reichlich und auch in Tallagen. Und es trifft sich gut, dass in fernen, sehr kalten Regionen unseres Sonnensystems ein etwa 30 Kilometer langer Himmelskörper entdeckt und fotografiert wurde, der mit seinen zwei zusammengepickten weißen Kugeln einem Schneemann frappant ähnlich sieht: Ultima Thule nannten die Astronomen das winterliche Objekt im Weltraum.

Man weiß nicht, seit wann die Menschen Schneemänner bauen. Die Schneemanngeschichte ist wegen der Flüchtigkeit des Objekts eine recht unsichere Sache. Auf den Winterbildern Pieter Bruegels und anderer Genremaler des 16. Jahrhunderts, die die winterlichen Tätigkeiten in allen möglichen Varian-ten festgehalten haben, sind nirgendwo Schneemänner zu finden. Im Deutschen taucht das Wort erst im Jahre 1770 auf. Inzwischen aber ist der Schneemann, der in den frühesten Bildern aus dem 18. und 19. Jahrhundert meist als bedrohliche Gestalt erscheint, zum kuscheligen Medienstar und Werbeträger geworden. "Ich habe auch Schneemänner als Wärmflaschenhüllen, Kerzenanzünder und Heizkissen. Das widerspricht zwar jeder Logik, aber ich sammle sie", sagt der Sammler Cornelius Grätz, der die größte Schneemannsammlung der Welt besitzt. Nur Schneefrauen, sagt er, sind ganz wenige zu finden.

So gesehen scheinen die Schneemänner in unsere heutige Zeit gar nicht mehr zu passen, weil nicht nur das Wort, sondern auch seine Figur politisch als nicht mehr korrekt erscheint. Der Schneemann ist sexistisch, imperialistisch und unmodern, sagen die Gender- und Polit-Puristen: Nicht nur, weil die Bezeichnung männlich und gendermäßig inkorrekt ist und er von der Farbe her naturgemäß weiß ist, sondern auch wegen seiner so gar nicht slimfitten Figur und der phallisch ins Gesicht gesteckten "Me too"-Karotte. Doch was soll’s? Der Schneemann gehört heute zu den beliebtesten Kinderbuchfiguren und zu den populärsten Werbeträgern: für Kühlschränke und Hustenzuckerl, für Skiorte und Winterspektakel, aber auch, merkwürdig genug, für Kondome, Pfeifentabak, Alkoholika oder Reizwäsche. Das mag damit zusammenhängen, dass der Winter, der für unsere Vorfahren in den meisten Fällen keine Zeit des Vergnügens, sondern der Entbehrungen, Gefahren und Krankheiten war, inzwischen seinen Schrecken verloren hat. Nur manchmal blitzt seine Gewalt noch auf, werden die Probleme, die er bereiten kann, offenkundig und von den Medien auch in die kuscheligen Stuben des Flachlands transportiert.

Roman Sandgruber ist emeritierter Professor für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Johannes Kepler Universität Linz. 

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