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Ein Mann mit Handschlagqualität und großer Liebe zu seiner Heimat

03.Juli 2020

450 Gedenkkerzen auf der elektronischen Todesanzeige, Trauer und Erschütterung, die sich tief in die Gesichter seiner Familie und auch der über 1000 Trauergäste gegraben hatten: Der "Eichingerbauer" Josef Lehrl wurde kürzlich mit einem feierlichen Auferstehungsgottesdienst in der Basilika Mondsee für immer verabschiedet.

In eine bäuerliche Familie hineingeboren und schon in jungen Jahren mit schier unendlichem Tatendrang und auch Sinn für Geschäftsmöglichkeiten ausgestattet, begann er sehr früh, eigene Wege zu gehen. Die Anreise zu seinem ersten Arbeitgeber, der Firma Schenker in Salzburg, nutzte er sehr bald, um auch andere Arbeitnehmer aus der Region zum gemeinsamen Arbeitgeber zu transportieren.

Seine erste Begegnung auf einer seiner Lkw-Touren mit dem damals in der Region noch weithin unbekannten Tennissport führte sehr bald zur Errichtung zweier Freiplätze, anfangs von zahlreichen Menschen ungläubig bestaunt. Aber bereits mit kaum 20 Jahren hatte der Sepp, wie ihn seine Freunde nannten, eine "Nase" für Trends, sodass in kurzen Abständen weitere Plätze in der Region sowie der Bau einer modernen Tennishalle neben einer mittlerweile ebenfalls neben dem elterlichen Hof errichteten Pension, dem heutigen Wellnesshotel Eichingerbauer in St. Lorenz im Mondseeland, folgten.

Aber damit nicht genug: Ein Rotwildgehege wurde errichtet, ein Bus- und ein Taxiunternehmen gegründet, eine Reinigungsmittelfabrik erworben sowie in Forstwirtschaft und Wohnimmobilien investiert. So divers und breit gefächert sich die Geschäftstätigkeit von Josef Lehrl auch ausnimmt, seine Aktivitäten hatten eines gemeinsam: Erfolg. Dieser stellte sich jedoch nicht quasi automatisch ein, sondern er wurde mit Fantasie, Innovationskraft, Zähigkeit und Herzblut, aber vor allem mit Freude an seiner Tätigkeit, erarbeitet.

Unglaubliche Vielseitigkeit

Seine Tage waren, wie man sich ob seines Unternehmensportfolios unschwer vorstellen kann, prall gefüllt, trotzdem fand er immer Zeit, seine Expertise auch in öffentlichen und kommunalen Bereichen einzubringen, beispielsweise als langjähriger Jagdleiter der Gemeindejagd St. Lorenz, als Vorstand im Tourismusverband, im Einforstungsverband, als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Keuschen oder als großzügiger Förderer zahlreicher Vereine und öffentlicher Einrichtungen. Für die dabei erworbenen Verdienste wurden Josef Lehrl hohe Landes- und Bundesauszeichnungen sowie der Berufstitel Kommerzialrat verliehen.

Auch als Mensch war Josef Lehrl bemerkenswert vielschichtig. Präsent und eindrucksvoll in seiner großgewachsenen Erscheinung, war er nie um eine freundliche Bemerkung oder auch eine frei herausgesagte Überzeugung verlegen – nie verletzend, oft zum Nachdenken animierend, immer gehaltvoll, immer gradheraus, oder, wie es Josef Lehrls Jugendfreund und Landeshauptmann a. D., Josef Pühringer, in seiner Trauerrede formulierte: "Die einzige Ausbildung, die Sepp Lehrl nicht geschafft hätte, ist die diplomatische Akademie." Er mochte die Menschen, liebte die Heimat, Gesellschaft und Geselligkeit, aber auch die Natur, die Ruhe und Einsamkeit der Jagd auf dem Schafberg. Dort, dem Himmel nahe, hielt er oft Zwiesprache mit seinem Schöpfer. Er war ein gläubiger Mensch, auch wenn der von Josef Lehrl ebenfalls überaus geschätzte Pfarrer Wageneder in seiner Predigt – dem Vernehmen nach übrigens völlig zu Recht – augenzwinkernd monierte, dass wohl er im Hause des Eichingerbauern öfter zu Besuch gewesen sei als umgekehrt.

Ein Schlössl für seine Frau

Quelle seiner Kraft, wie er oft kundtat, war ohne jeden Zweifel seine Familie. Bevor er 1969 seine Maria heiratete, umwarb er sie traditionsgemäß beim Fensterln. Aber anstatt wie andere Burschen Steinchen gegen das Fenster der Angebeteten zu werfen, griff der junge Sepp innovativ zu Seidenzuckerln. Der unmittelbare Effekt der Erregung von Aufmerksamkeit wurde erreicht, der nachhaltige Erfolg seiner fortgesetzten Bemühungen ebenfalls: Im Vorjahr wurde Goldene Hochzeit gefeiert. Seiner Maria widmete er 2007 den Hotelzubau mit der Bezeichnung "Marienschlössl".

Die Familie verliert ihr Oberhaupt, Oberösterreich und das Mondseeland einen seiner profiliertesten Unternehmer. Tröstlich ist, dass die Spuren von Josef Lehrl da wie dort noch sehr lange sichtbar bleiben werden.

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25. April 2024