Archäologen rekonstruierten Bier der Pfahlbauzeit

Von Edmund Brandner   10.April 2019

"Bier ist eines der ältesten Kulturgetränke", sagt der Archäologe Henrik Pohl. "Als die Menschen vor rund 10.000 Jahren im Nahen Osten erstmals sesshaft wurden und Getreide anzubauen begannen, verarbeiteten sie es irgendwann auch zu Alkohol."

Gemeinsam mit der Pharmazeutin Helga Oeser versuchte Pohl in den vergangenen Monaten das Bier aus der Pfahlbauzeit zu rekonstruieren. Die beiden arbeiteten dabei mit der Brauerei Kaltenböck in Palmsdorf (Gemeinde Attersee) zusammen. "Das Originalbier von damals würde heute allerdings niemandem schmecken", sagt Archäologe Pohl. "Weil wir das nicht wollten, gingen wir Kompromisse ein." Und tatsächlich: Das Pfahlbaubier vom Attersee ist süffig, schmeckt zugleich aber außergewöhnlich.

Prähistorisches Reinheitsgebot

Wie aber können die Archäologen einschätzen, was vor 6000 Jahren aus den Bierbottichen floss? "Wir wissen, welche Zutaten es gab und welche nicht", so der Wissenschaftler. So hätten die hiesigen Bauern damals nicht Gerste angebaut, sondern Einkorn. Und auch Hopfen stand den Menschen nicht zur Verfügung. Sie mussten andere Bitterstoffe verwenden, um das Bier haltbarer zu machen. Das Forscherteam "hopfte" sein Bier mit Kräutern, die seit ewigen Zeiten hier wachsen: Schafgarbe, Quendel und Hagebutte. Ganz verzichtete man auf Hopfen aber nicht. Und auch das Malz besteht aus einer Einkorn-Gerste-Mischung. Ein Kompromiss eben.

Erhältlich ist das Bier nach prähistorischem Reinheitsgebot nicht nur in der Brauerei Kaltenböck, sondern auch im Österreichischen Pfahlbau- und Klostermuseum in Mondsee, das ab 1. Mai wieder geöffnet ist.

Und wer sein Ur-Bier stilecht trinkt, bekommt dort auch einen Pfahlbaukrug. Dieser ist ebenfalls wissenschaftlich fundiert einem Originalfund nachempfunden. Produziert werden die Krüge in Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe-Werkstätte Zell am See und dem OTELO Vöcklabruck.