Wende im Streit um die 110-kV-Leitung

Von Edmund Brandner   01.April 2016

Die Gegner der geplanten 110-kV-Freileitung von Vorchdorf nach Kirchdorf kämpfen seit langem (und bisher vergeblich) für eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Sie hoffen, dass die Netz OÖ (ein Tochterunternehmen der Energie AG) dadurch zur teureren Erdkabelvariante gezwungen werden könnte.

Jetzt überrascht der Energiekonzern alle. Er stellte einen Antrag bei der Landesbehörde: Sie möge feststellen, ob eine UVP nötig sei oder nicht. "Wir wollen das ein für alle Mal klären", sagt EAG-Sprecher Michael Frostel.

Zugleich kündigen aber beide Seiten an, gegen den Bescheid des Landes Einspruch zu erheben, sollte er nicht zu ihren Gunsten ausfallen. Damit ist schon jetzt absehbar, dass das Bundesverwaltungsgericht in Wien über eine UVP-Prüfung entscheiden muss – und das ist noch nicht einmal die letzte mögliche Instanz.

Die Netz OÖ hätte bis auf die Rodungsbewilligung alle Genehmigungen für die Errichtung der Leitung auf dem Tisch liegen. Diese wären allerdings hinfällig, sollte es zu einer UVP kommen. Denn dann würde alles in einem Paket und noch einmal von vorne abgehandelt.

Dazu kommt ein weiterer Nachteil, den eine UVP für die Errichter hätte: Vor einem Jahr entschied der Europäische Gerichtshof, dass nicht nur die Liegenschaftsbesitzer, sondern auch die Nachbarn Mitspracherecht bei einer UVP haben müssen. Österreich wich bisher von dieser Praxis ab, deshalb wurde das heimische Gesetz im Frühjahr repariert. Für die 110-kV-Freileitung würde dies bedeuten, dass sich die Energie AG plötzlich mit viel mehr Betroffenen auseinandersetzen müsste.

Kritiker wollen weiter Erdkabel

Solange noch offen ist, ob es zu einer UVP kommt, werden die Enteignungsverfahren gegen widerborstige Grundeigentümer ruhend gestellt. "Wir werden weiter für eine UVP kämpfen", sagt Michael Praschma, Vorchdorfer Sprecher der Initiative "110-kV-Ade!". "Ich bin optimistisch, dass wir dieses Ziel erreichen. Wenn wir das geschafft haben, möchten wir, dass bei einer UVP die Erdkabelvariante ernsthaft untersucht wird. Sie wäre für die Natur und die Anrainer die beste Lösung."