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"Mein Vater erzählte nichts vom Krieg"

Von Edmund Brandner   17.Oktober 2014

In seinem neuen Buch "Mein Vater, der Deserteur" setzt sich der Grünauer Schriftsteller mit dem Kriegstagebuch seines Vaters auseinander, der 1944 in Paris desertierte. Er erzählt, wie er sich gemeinsam mit seiner Familie auf Spurensuche nach Frankreich begab und die Schlachtfelder von damals aufsuchte.

 

OÖN: Wann entdeckten Sie das Kriegstagebuch Ihres Vaters?

René Freund: Mit 18 Jahren. Mein Vater starb, als ich zwölf war, und er hat mir nie von seinen Kriegserfahrungen erzählt. Es hat ja in dieser Generation keiner davon erzählt.

War Ihre Spurensuche auch ein Versuch, den Vater zurückzuholen?

Zurückholen kann man niemanden, aber ich habe versucht, meinem Vater näherzukommen. Das war eine aufwühlende Schreiberfahrung.

Bei Ihrer Spurensuche entdeckten Sie, dass Ihr Vater seine Erlebnisse auch in Form eines Romans festhalten wollte. Hat die Tatsache, dass Sie Schriftsteller wurden, mit ihm zu tun?

Möglicherweise, aber das ist schwer zu beantworten.

Sie lassen in Ihrem Buch die Leser tief in Ihre gegenwärtige Familie hineinblicken.

Ich wollte nicht nur über die Vergangenheit schreiben, sondern auch darüber, wie sehr uns diese Vergangenheit bis heute beeinflusst. Das ist ja in jeder Familie so. Bevor ich dieses Buch schrieb, habe ich meine Frau und unsere beiden Kinder um Erlaubnis gefragt, vor allem die Kinder (11 und 15 Jahre alt, Anm. d. Red.).

Sie setzen sich in Ihrem Buch intensiv mit der Frage auseinander, ab wann Kriege gerechtfertigt sind. Waren Sie selbst beim Militär?

Nein, ich war als Zivildiener in der Altenbetreuung beschäftigt.

Könnten Sie es akzeptieren, wenn Ihr Sohn das Bundesheer wählt?

Damit hätte ich überhaupt keine Schwierigkeiten, ich würde das respektieren.

Sie stellen sich und den Lesern in Ihrem Buch die Frage, ab wann der Einsatz von militärischer Gewalt gerechtfertigt ist. Es waren ja Soldaten, die den Nationalsozialismus besiegten.

Diese Frage beschäftigt mich sehr, und sie ist angesichts der Ereignisse im Nahen Osten und in der Ukraine gerade jetzt wieder sehr aktuell. Ich würde sagen: Helfen können wir in erster Linie, indem wir den Flüchtlingen helfen. Wenn es zu einem Krieg kommt, ist es für einen Pazifisten eigentlich schon zu spät. Ich bin Schriftsteller, und ich möchte unter anderem auch deshalb kein Politiker sein, weil ich nicht derjenige sein will, der entscheidet, wann geschossen wird. Denn dass es einen sauberen Krieg gibt, ist eine Illusion. Es sterben immer Unschuldige.

Aber es gibt manchmal die Notwendigkeit für den Schießbefehl.

Aus meiner Sicht gibt es nur eine einzige Möglichkeit, diesen Wahnsinn zu verhindern: Indem man die Produktion von Waffen weltweit verbietet. Das ist sehr idealistisch, das weiß ich (lacht). Und vielleicht würden die Kriegstreiber dann mit Knüppeln aufeinander losgehen. Aber zumindest wäre die Zivilbevölkerung dann geschützt. Seit dem 30-Jährigen Krieg sind ja Zivilisten die eigentlichen Kriegsopfer.

"Mein Vater erzählte nichts vom Krieg"

René Freund: "Mein Vater, der Deserteur. Eine Familiengeschichte". Deuticke, 200 Seiten, 19,50 Euro.

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25. April 2024