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Martyrium eines Kindes: Kirche zahlt 15.000 Euro

18.Oktober 2011

 

Peter G. wurde unmittelbar nach seiner Geburt von seiner Mutter zur Adoption freigegeben und kam zu einer Pflegefamilie. Weil diese ihn vernachlässigte, wurde er auf Anweisung der Behörde zu einer anderen Familie gegeben. Doch als Peter neun Jahre alt war, bekamen seine neuen Adoptiveltern Zwillinge und hatten keinen Platz mehr für ihn. Er wurde in die Obhut der „Bubenburg“ gegeben – einer katholischen Erziehungsanstalt des Kapuzinerordens in Fügen (Tirol).

Schläge und sexueller Missbrauch

Dort nahm der Leidensweg des Kindes erst seinen Lauf. Als Bettnässer wurde Peter nicht nur vor seinen Mitschülern bloßgestellt und gedemütigt, sondern von den geistlichen Erziehern auch verprügelt. Waren die beschmutzten Leintücher, die er selbst mit kaltem Wasser waschen musste, bis zum Abend nicht trocken, musste er in feuchter Bettwäsche schlafen. Wenn in seiner Unterhose Kotspuren gefunden wurden, steckten die Erzieher ihm diese in den Mund.

„Ohrfeigen standen an der Tagesordnung und wurden wegen jeder Kleinigkeit ausgeteilt“, sagt der heute 56-Jährige in einem Interview mit der Internetplattform salzi.at. Wer im Religionsunterricht Fragen nicht beantworten konnte, wurde mit Haselnussstecken verprügelt, die von den Schülern selbst vorbereitet werden mussten.

Während eines Sommerlagers im Zillertal wurde Peter G. von einem Präfekten sexuell missbraucht. Der damals 15-jährige Bub musste sich beim Urinieren vom Priester beobachten und unsittlich berühren lassen. Schließlich wurde er auch zum Oralsex gezwungen.

Vom Dach gesprungen

Um seinem Leid zu entfliehen, sprang der verzweifelte Jugendliche zweimal von einem Garagendach, überlebte jedoch. Im Krankenhaus Schwaz verschwieg er seine Leiden aus Angst vor weiteren Repressalien.

Es brauchte mehr als 40 Jahre, bis der Gmundner die Kraft fand, sein Martyrium behördlich zu melden. Als 2010 Medienberichte über die Missbrauchsfälle in der Kinderburg publik wurden, wandte sich auch Peter G. an die Opferschutzkommission. Diese prüfte den Fall und stufte G. in die Opferstufe 2 ein. Das bedeutet: Der Gmundner erhält 15.000 Euro Schmerzensgeld sowie 80 Gratis-Therapiestunden. Ein Ansuchen auf höhere Entschädigung (Opferstufen 3 oder 4) wies die Kommission im September dieses Jahres zurück.

Christina Gesswein, die Gmundner Rechtsanwältin von Peter G., übt an dieser Entscheidung heftige Kritik. „Was muss passieren, welche Qualen muss man einem Menschen zufügen, damit er in die Stufe 4 eingeteilt wird?“, fragt die Juristin und kritisiert zugleich, dass hohe Würdenträger von der Kommission geschützt werden.

Gerhard Pumberger, Pfarrassistent in Pinsdorf, übt ebenfalls heftige Kritik am Verhalten der Kirche: „Die meisten Probleme der Kirche sind hausgemacht“, sagt der Seelsorger. „Erschwert werden diese Verbrechen noch dadurch, dass dies alles im Namen des liebenden Gottes und unter dem Deckmantel der Kirche geschehen ist.“ Aus der Kirche auszutreten sei allerdings die falsche Antwort. Pumberger fordert stattdessen strukturelle Veränderungen in der Kirche. „Gerade jetzt brauchen wir den Mut, diese Themen aufzugreifen.“ (salzi.at/ebra)

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