Gewerkschaft kritisiert: Weg zum Recht wird für viele um einiges umständlicher

Von Gerhard Hüttner und Edmund Brandner   09.Oktober 2012

Mit Anfang Oktober wurden die Außenstellen des Arbeits- und Sozialgerichtes in Vöcklabruck und Bad Ischl geschlossen. Die beiden Standorte sind die einzigen in Oberösterreich, die von der bundesweiten Schließungswelle betroffen sind. Es werde damit den Menschen umständlicher gemacht, zu ihrem Recht zu kommen, ärgert sich die Vöcklabrucker ÖGB-Vorsitzende Gerlinde Reichhold-Burger.

Bislang hat ein Richter aus Wels jeden ersten und dritten Dienstag im Monat einen Sprechtag im Bezirksgericht Vöcklabruck abgehalten, der von durchschnittlich acht Personen genutzt wurde. „Das heißt, es haben sich ca. 200 Personen an den Sprechtagen in Vöcklabruck kostenlos über ihre Rechte informieren können“, zeigt ÖGB-Regionalsekretär Frederik Schmidsberger auf. Zusätzlich gab es jeden Dienstag Verhandlungen: 2011 wurden dabei 85 Arbeits- und 310 Sozialrechtsfälle abgewickelt.

Für die Arbeitnehmer werde es damit schwieriger, zu ihrem Recht zu kommen, sagt auch Martina Obermaier, Bezirksstellenleiterin der Arbeiterkammer (AK) Vöcklabruck. „Die Kolleginnen und Kollegen müssen jetzt den Weg nach Wels auf sich nehmen.“ Auch Laienrichter und Zeugen haben nun weitere Wege: So wird sich etwa der Fahrpreis von Frankenmarkt nach Wels mit 23,80 Euro gegenüber Vöcklabruck mehr als verdoppeln.

„Es trifft ohnehin Arme“

Noch weiter ist der Weg vom inneren Salzkammergut nach Wels. In Bad Ischl gab es bisher an jedem ersten Dienstag im Monat Verhandlungen im Bezirksgerichtsgebäude. „Jetzt müssen Menschen, die ohnehin oft jeden Euro zweimal umdrehen müssen, nach Wels fahren, wenn sie zu ihrem Recht kommen wollen“, sagt AK-Bezirksstellenleiter Martin Kamrat. So wie die Gmundner ÖGB-Bezirksleitung kritisiert auch die AK die Schließungen – und bezweifelt deren Sinnhaftigkeit. „Früher fuhr ein Richter nach Bad Ischl“, so Kamrat. „Jetzt fahren alle Betroffenen nach Wels und haben Anspruch auf Fahrtkostenunterstützung. Ich bezweifle, dass dem Steuerzahler das billiger kommt.“

 

Was regelt das Arbeits- und Sozialgericht?

Vor den Arbeits- und Sozialgerichten sind Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer auszutragen, die Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zum Gegenstand haben (zum Beispiel vorenthaltene Lohnzahlungen). Nach Paragraf 65 ASGG entscheiden die Arbeits- und Sozialgerichte auch über Ansprüche auf Sozialversicherungsleistungen. Über den Anspruch auf eine Sozialversicherungsleistung (z. B. Invaliditätspension) entscheidet zuerst der zuständige Sozialversicherungsträger auf Antrag durch Bescheid (Leistungsbescheid). Wenn der Versicherte mit dem Leistungsbescheid nicht einverstanden ist, hat er das Recht, binnen einer bestimmten Frist den jeweiligen Anspruch durch Klage gegen den Versicherungsträger geltend zu machen. Die Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit wird in erster Instanz von den Landesgerichten ausgeübt.