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Ein Universalgenie der abendländischen Kultur

Von Bert Brandstetter   05.November 2019

Von Pädagogen, die von ehemaligen Schülern mit solchen Superlativen bedacht werden, kann zu Recht behauptet werden, ihr Lebensziel erreicht zu haben. Auf Hildegard Musil trifft das uneingeschränkt zu. Dabei war es nicht das erste Ziel des in Linz als Hildegard Gamsjäger geborenen Mädchens, Lehrerin zu werden. Lieber wäre ihr ursprünglich eine wissenschaftliche Laufbahn gewesen, was sich schon abzeichnete, als Hilde elf war. Damals fragte sie ihren Vater, ob sie nicht Altgriechisch dazulernen dürfe. Der Vater stimmte zu, seine Tochter schaffte die Matura 1948 trotz der Mehrbelastung mit Auszeichnung.

36 Jahre lang unterrichtet

Hilde übersiedelte nach Wien zum Studium der Fächer Deutsch, Geschichte und Altphilologie, vier Jahre später hatte sie ihren Doktor und die Chance, in Mainz eine Forschungsstelle anzutreten. Ihre zweite berufliche Möglichkeit, in der Linzer Handelsakademie Rudigierstraße unterrichten zu können, gefiel ihr aber doch mehr. Sie sagte in Mainz ab und holte die Lehrbefähigung nach. 1955 stand sie zum ersten Mal vor einer Klasse, 36 weitere Schuljahre sollten folgen. "Ihre Wohnung ist voll von Briefen und Fotos ihrer Schüler, mit denen sie verbunden blieb", sagt Wolfgang Schön, der selbst zwar kein Schüler von ihr war, aber den Freundeskreis anführt, der sich um Hildegard Musil geschart hat.

"Bildung ist mehr als Ausbildung" muss das Lebensmotto Musils gewesen sein, denn all ihren Schülern bleibt sie auch als Vermittlerin sehr lebensnaher Fertigkeiten in Erinnerung. Fußball-Präsident Leo Windtner sagt: "Frau Professor Musil hat uns nicht nur gut Deutsch beigebracht, sondern dafür gesorgt, dass wir auch Lebenskultur vermittelt bekommen." Musil zeigte ihren Schülern, die in den ersten Unterrichtsjahren ausschließlich Burschen waren, wie man richtig isst oder wie man sich in Gesellschaften zu benehmen hat.

"Wir hatten eine Riesengaudi mit ihr und schätzten sie, weil sie jeden von uns zu fördern verstand", erinnert sich Johann Penzenstadler von der Spängler-Bank.

"Hilde Musil hat Schülern beigebracht, was Menschen ausmacht", sagt Helga Lehner, einst Redakteurin der OÖN, sie spricht aber auch von Musils Konsequenz: "Als Burschen einmal schwätzten, während sie ein Minnelied vortrug, wandte sie sich an die beiden: Wenn Sie dabei schwätzen, werden Sie immer Büffel bleiben." Theaterbesuche mit ihren Schülern waren für sie selbstverständlich. Kultur war Musil auch im Privatleben wichtig. Schon mit ihrem Mann Clemens, den sie 1963 geheiratet hatte und der nach 41 Ehejahren 2004 starb, unternahm sie weite Kulturreisen. "Sie verstand es, Kultur an den Originalschauplätzen enorm spannend zu erklären", erinnert sich Patentochter Daniela Buder. "Ganz wichtig war Hilde zweifellos der Glaube und die Hoffnung auf eine Auferstehung", weiß Buder über die kinderlos gebliebene Patentante, die zugleich aber nicht zurückhielt, wenn sie an der katholischen Kirche etwas auszusetzen fand.

Soziales Engagement hatte einen wichtigen Stellenwert im Leben der eleganten Dame. Als Präsidentin der Vinzenzgemeinschaft kümmerte sie sich um einen möglichst würdigen Lebensabend ihrer Mitmenschen. Einer der Höhepunkte ihres Lebens mag die Verleihung des Mostdipf im Jahr 1984 gewesen sein. "Sie bekam ihn als Universalgenie und als unbestritten gebildete und zugleich witzige Frau", heißt es aus der Redaktion.

Das Begräbnis von Hilde Musil findet am Donnerstag, 7. November, um 10 Uhr in der Stadtpfarrkirche Urfahr statt.

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