Leopold Wurzinger: Aus kleinsten Verhältnissen an die Spitze von Österreichs Gerichtsbarkeit

Von Erik Famler   20.Dezember 2011

Zwischen 1982 und 1986 stand der aus Sankt Gotthard im Mühlkreis stammende Jurist vier Jahre an der Spitze des OGH. „Ich möchte die Sprache der Richter der rechtsuchenden Bevölkerung verständlich machen. Was hat der Mensch vom besten Urteil, wenn er den Inhalt des Urteils nicht einsieht?“, sagte Wurzinger bei seinem Amtsantritt.

Seine Kindheit war von Armut und Entbehrungen geprägt. Als Siebenjähriger nahm ihn eine Tante aus Puchenau auf, weil für den Kleinhäuslerbuben zu Hause kein Platz mehr war. Wurzinger besuchte die Volksschule und kam mit jenem Mann in Berührung, der für ihn die entscheidende Weiche stellte. Der ehemalige Schulleiter Lugmayr wollte beweisen, dass es auch Kinder aus ärmsten Verhältnissen zu etwas bringen können. Mit seiner finanziellen Hilfe kam Wurzinger ans Gymnasium Sankt Florian. Die Matura absolvierte er 1940 mit Auszeichnung. „Er war immer unser Bester“, erinnert sich sein Schul- und Jugendfeund Sepp Maier. Nach dem Krieg, den er unversehrt überstand, folgte ein Jusstudium in Graz. Seine Richterlaufbahn begann Wurzinger in Linz am Arbeitsgericht. In Justizkreisen machte er sich auch als renommierter Arbeitsrechtsexperte einen Namen.

Im Privatleben gab sich der Mühlviertler bodenständig und gesellig. Der Gesellschaftsmensch war neben seinen Tarockrunden an den Samstag-nachmittagen auch sportlich aktiv. Als Tennisspieler und Skifahrer achtete er auf seine Fitness. „Obwohl er immer von sich behauptete, er sei ein ,Dua-nir-Tänzer’, waren der Wiener Opernball und der Juristenball Fixpunkte im Terminkalender“, erinnert sich Neffe Franz Wurzinger. Ihn hatte der kinderlos gebliebene Onkel an kindesstatt angenommen.

Leopold Wurzinger wird am Donnerstag um 10 Uhr im Linzer Mariendom verabschiedet.