Vom Rutengeher, der Brauwasser fand, und einer Eisenbahn durchs Gusental
HAIBACH. Topotheken bewahren Geschichte und Geschichten – in Haibach bereits über 1000.
Eine Topothek ist ein Onlinearchiv, das eine bequeme Möglichkeit der Veröffentlichung oftmals nicht zugänglicher historischer Dokumente wie Fotos, Urkunden, Ansichtskarten oder Zeitungsartikel gemeinsam mit den Beständen öffentlicher Bibliotheken, Archive und Sammlungen für die Bevölkerung bietet. Vor allem im Mühlviertel sind Topotheken beliebt und werden in vielen Gemeinden gepflegt. Sie sind das digitale Gedächtnis eines Ortes. Sie bewahren Geschichte und vor allem Geschichten. Verborgene Schätze im Privatbesitz werden vor der Vergessenheit bewahrt, überarbeitet und im Internet zur Verfügung gestellt. Eine Topothek trägt damit wesentlich dazu bei, Erinnerungen aus der Vergangenheit einer Gemeinde zu erhalten und so einen wertvollen Schatz für die Nachwelt zu sichern.
Netzwerk der Topothekare
Der Begründer der Topotheken, Alexander Schatek aus Niederösterreich, meint dazu: "Aus der ursprünglichen rein technischen Idee, die Bildinhalte alter Fotos einfach aufrufbar zu machen, hat sich durch die Anwendung vieler Begeisterter ein Netzwerk entwickelt." Das Geheimnis liegt in der regionalen Begrenzung, die dann doch wieder Vernetzung mit sich bringt: "Durch die regionale Abgrenzung jeder Topothek auf die jeweilige Gemeinde haben die Menschen die Bereitschaft, mit ihrer Topothek ihre Geschichte und damit auch die Geschichte ihrer Gemeinde zu zeigen." Das Projekt "Topothek Haibach" wurde Anfang 2018 gestartet. Seit wenigen Tagen sind dank akribischer Kleinarbeit nun mehr als 1000 Dokumente erfasst. Besonders interessant sind dabei eine umfangreiche Sammlung von Totenbildern, die bis in die Monarchie zurückgeht, und ein Überblick über alte Bauernhöfe verbunden mit der harten bäuerlichen Arbeit. Zahlreiche Bilder von Marterln und Handwerksfesten der letzten Jahrzehnte sind bereits online. Das älteste Dokument ist eine Landkarte aus dem 10. bis 13. Jahrhundert. Auch dass es im Gusental eine der letzten Köhlereien gab, förderte die Arbeit der Topothekare zu Tage.
Eisenbahn im Gusental
Ein Dokument aus dem 18. Jahrhundert zeigt, dass eine Eisenbahn durch das Gusental nach Schenkenfelden geplant war. Eine Galionsfigur aus dem beginnenden 19. Jahrhundert, der "Simmerl in Gensbach", ist ebenfalls in der Topothek verewigt. Er war ein Rutengeher, auf den schon der Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand als Quellensucher beim Schloss Konabith aufmerksam wurde. Auch für die Brauerei Zipf fand er gleich acht Quellen. Und so sind die ehrenamtlichen Topothekare von Dorfentwicklung und Gemeinde nach wie vor auf der Suche nach Geschichten, die bildlich in der der Onlineplattform erfasst werden sollen. "Dieses Projekt ist nur dann erfolgreich, wenn möglichst viele Bürger aktiv mitarbeiten", sind sich Bürgermeister Josef Reingruber und Dorfentwicklungsobmann Siegfried Ehrenmüller einig: "Wir brauchen die Hilfe von allen. Es wäre schade, wenn Erinnerungen verloren gingen!"