Mühlviertler-Schmäh zog: Scharfrichterbeil für Benedikt Mitmannsgruber
PASSAU/LIEBENAU. Im Passauer Scharfrichterhaus begeisterte der Liebenauer Kabarettist Jury und Publikum.
Wenn Benedikt Mitmannsgruber staubtrocken seine Mühlviertler Heimat und die Menschen in diesem merkwürdigen Land aufs Korn nimmt, stockt einem der Atem – zumindest wenn man selbst aus dem schönsten aller Viertel kommt. Den Bayern scheint das egal zu sein. Wahrscheinlich ist man es dort gewöhnt, über die Österreicher zu lachen – funktioniert ja umgekehrt auch tadellos. Zumindest die Jury rund um Moderator Urban Priol überzeugte der Norwegerpullover-Liebhaber aus Liebenau beim Passauer Scharfrichterbeil.
Trocken und unerbittlich
So dynamisch wie eine Mühlviertler Eiche sei er und so modisch wie sein eigener Großvater, schreibt die Passauer Neue Presse (PNP) nach seinem Auftritt. Das Scharfrichterbeil-Finale des Jahres 2021 war – natürlich pandemiebedingt – von Dezember auf Mai verschoben worden.
1996 erblickte Benedikt Mitmannsgruber das Licht der Welt. Er wurde nicht, wie im nördlichen Mühlviertel üblich, in einem Saustall zur Welt gebracht, sondern in einem echten Krankenhaus, mit echten Ärzten. Darauf ist Mitmannsgruber bis heute sehr stolz – verrät er auf der Bühne.
"Nicht mit 11 schon süchtig"
In seinen Kinder- und Jugendjahren, so erzählt er, war er einsam, da er in seinem Heimatort das einzige Kind war. Zumindest das einzige Kind, das nicht schon im Alter von elf Jahren alkohol- und nikotinabhängig war. Sein Halt sei die katholische Kirche gewesen, seine Obsession Jesus, seine Muse der Dorfpfarrer – oder umgekehrt. Erste Bühnenerfahrung sammelte Mitmannsgruber im zarten Alter von 18 Jahren, als er in der Rolle des dogmatischen, charismatischen Klassensprechers bei der Maturafeier der HAK Freistadt die Abschlussrede hielt. Die Zuschauer lachten laut und applaudierten lange, was Mitmannsgruber ein Lächeln (sein erstes) ins Gesicht zauberte.
Danach brauchte es über zwei Jahre, bis der blasse Dürre seinen ganzen Mut zusammennahm und den erneuten Schritt auf die Bühne wagte.
Denn, wie er im Scharfrichterhaus wissen ließ: Da, wo er herkommt, fährt Papa allwöchentlich nach Tschechien zum entspannenden "Heidelbeereinkauf". Mitbringen tut er freilich nie welche. Zufrieden komme er trotzdem heim.
Die Kinderbetreuung sei übrigens in seiner Heimat so schlecht, dass Eltern den Nachwuchs in die Drehtür im Einkaufszentrum setzten, wenn sie mal ins Kino wollten. Damals in den frühen 2000ern, als die Menschen im Mühlviertel bitterarm waren – so seine Wahrnehmung. Mehr als 30 Kinder trafen sich da mitunter in der Drehtüre, welche so eine Art Zwischenwelt sei – so wie Narnia, oder Vorarlberg.
"Wer aus der Drehtür des Lebens im Mühlviertel entkommen konnte, um so den kleinen Heidelbeer-Grenzverkehr nach Tschechien zu studieren, um dann stoisch Jörg Haider als Albino-Python in der Kloschüssel zu versenken, wer seine eigene vermeintliche Naivität beständig böse nachschärft, dem steht das große Scharfrichterbeil zu", heißt es in der Jury-Begründung.