KZ-Asche Lungitz: Forensisches Puzzle mit 6500 Teilen
KATSDORF. Archäologen sehen bislang keine Hinweise auf ein bislang unbekanntes Massengrab beim Bahnhof Lungitz. Ministerium verspricht Errichtung einer würdigen Gedenkstätte für gefundene Überreste von KZ-Opfern.
Viele Rätsel gibt eine bei Umbauarbeiten des Bahnhofs Lungitz zutage getretene Ascheschicht unter einem Gleiskörper auf, die auch menschliche Überreste (Knochen, Zähne) aufweist. Aufgrund der räumlichen Nähe zum ehemaligen Konzentrationslager „Gusen III“ gehen Historiker und Archäologen mittlerweile davon aus, dass es sich dabei um Opfer des „Komplexes Mauthausen“ handelt, wie Stephan Matyus, Mitarbeiter der Gedenkstätte Mauthausen, am Mittwoch bei einem Info-Abend in Katsdorf betonte.
Asche-Strutkur wird analysiert
Dies bedeute freilich nicht, dass diese Menschen in Lungitz selbst zu Tode gekommen seien. Das Lager Lungitz war hauptsächlich als Großbäckerei für die Versorgung der Lager Mauthausen und Gusen zuständig – die Besetzung lag bei maximal 300 Personen. Die mit der Aufarbeitung beauftragten Wissenschafter unter der Leitung von Neuzeitarchäologin Claudia Theune gehen mittlerweile eher davon aus, dass die als Unterbau für die Errichtung eines Nebengleises verwendete Asche von einem der Krematorien in Mauthausen oder Gusen stammt. „Die Zusammensetzung ist ident mit jenem Material, das wir bei Kernbohrungen an der ehemaligen Aschehalde im Lager Mauthausen analysiert haben“, so Theune, die am Mittwoch bis zur Veröffentlichung weiterer Details um Geduld bat: „Wir haben insgesamt 6500 Funde gesichert, die nun alle detailliert untersucht werden - das dauert.“ Theune versicherte, dass man diese Analyse mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln vorantreibe. Eine bereits durchgeführte DNA-Analyse brachte keine zielführenden Ergebnisse.
Bürgermeister will „maximale Klarheit“
Man gestehe den Wissenschaftern diese Zeit auch zu, sagt der Katsdorfer Bürgermeister Ernst Lehner: „Ich möchte, dass hier maximale Klarheit geschaffen wird. Je mehr wir wissen, desto weniger Raum öffnen wir für Spekulationen und Verschwörungstheorien.“ Zuletzt waren Vermutungen laut geworden, die Asche stamme aus einem bislang unbekannten Massengrab oder Opfer eines Gefangenentransports aus den letzten Kriegswochen.
Unabhängig der Ergebnisse der wissenschaftlichen Analysen wünscht sich Bürgermeister Lehner, dass auch über eine würdige Gedenkstätte für die Opfer von Lungitz nachgedacht wird: „Das gebietet der Anstand.“ Daran wird auch die Bewusstseinsregion Mauthausen–Gusen–St. Georgen mitwirken, wie Geschäftsführerin Andrea Wahl bestätigt: „Alleine der Gedanke daran, dass hier die Reste von Menschen als Baumaterial verwendet wurde, ist erschütternd. Ob es sich dabei um 50 Menschen oder nur einen handelt, ist unerheblich.“
Eine künstlerisch-architektonische Grabgestaltung sicherte am Mittwoch Georg Mandl, Referatsleiter für Kriegsgräberfürsorge im Innenministerium zu: „Wir haben ein breit aufgestelltes Gremium einberufen, das vom Internationalen Mauthausen-Komitee über Vertretern der israelitischen Kultusgemeinde und dem Bundesdenkmalamt bis hin zu den ÖBB als Grundeigentümerin reicht.“ Mandl kündigte an, die Bevölkerung in Lungitz regelmäßig über die Fortschritte zu informieren.
Wie berichtet waren die ÖBB bei Bauarbeiten im September vorigen Jahres zunächst auf zwei frühmittelalterliche Gräber und dann auf eine Ascheschicht im Ausmaß von 150 mal 30 Meter gestoßen. Diese Asche mit menschlichen Überresten wurde mittlerweile neben einem vorhandenen Gedenkstein in Lungitz beigesetzt.
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