"Ich möchte meine ganze Angst in Mut umwandeln"
BEZIRK ROHRBACH. Vor 30 Jahren zwang der Krieg Fereshtehs Eltern zur Flucht. Zuerst in den Iran, später nach Österreich.
"Das Wort Ankommen erinnert mich an das, was ich alles erlebt habe, und auch an das, was ich niemals wieder erleben will", sagt Fereshteh über ihr bewegtes Leben. Dazu zählt vor allem der 17. Mai 2015: Damals kam sie mit ihrer Mutter in Österreich an. "Ich weiß genau, was das für ein Tag war, denn er war für mich wichtig und traurig zugleich." Traurig, weil sie einen Tag und eine Nacht lang ins Gefängnis musste, obwohl sie damals erst 14 Jahre alt war. An diesem Tag dachte sie viel an ihren Bruder und ihr Großmutter, die mit ihr aus dem Iran aufgebrochen, aber in Bulgarien festgenommen und zurück in die Türkei geschickt worden waren.
Suche nach dem blauen Himmel
Fereshteh glaubt fest daran, dass es in nahezu jeder schwierigen Lebenssituation auch Gutes und Schönes gibt: "In unserer Familie sagt man: Dort, wo man hingeht, wird der Himmel immer wieder blau. Es gibt immer nette Menschen, die einander helfen. Hier in Österreich sowie auch im Iran." Dazu würden vor allem Menschen zählen, die verstehen, dass Asylsuchende nichts dafür können, wenn andere Menschen Fehler machen. "Menschen, die uns unterstützen, weil wir seit fünf Jahren in Österreich leben und noch immer nicht wissen, ob wir bleiben dürfen, oder ob wir wieder dort hinkommen, wo alles angefangen hat. Davor habe ich heute Angst."
Angst habe sie früher auch gehabt. Unter anderem deshalb, weil sie eine Frau ist. Es habe sie gestört, dass sie weniger Rechte hatte und vieles nicht durfte. "Ich wusste, als Junge bekommt man einen besseren Job und hat mehr Freiheiten – so wie meine Brüder." Seit sie im Bezirk Rohrbach lebt, habe sich das geändert: "Ich bin jetzt stolz darauf, eine Frau zu sein, und weiß, dass ich hier eine gute Ausbildung machen kann. Hier sind Mädchen und Jungs in der Schule nicht getrennt. Sie können normal miteinander reden, gemeinsam lernen und die gleichen Berufe ausüben." Am liebsten würde Fereshteh später einmal im Krankenhaus, genauer gesagt im OP-Saal, arbeiten.
Dafür will sie ihre Angst in Mut verwandeln und darüber sprechen, was sie bewegt. Die 20-Jährige möchte sich als muslimische Frau für die Frauenrechte von Muslimas einsetzen: "Ich möchte mich ehrenamtlich engagieren und anderen Menschen helfen. Und ich möchte noch besser Skifahren lernen, denn ich liebe den Schnee und die wunderschönen Berge." Aber über allen anderen Wünschen steht jener nach einem positiven Asylbescheid, um in Österreich bleiben zu können: "Denn ich weiß, dass ich dann die Möglichkeit habe, hier meine Ziele und Wünsche zu erreichen."
In der Porträtreihe "Meine Zukunft in Österreich" holt SOS Mitmensch junge Frauen, die nach Österreich flüchten mussten, vor den Vorhang. Damit sollen Perspektiven geflüchteter Mädchen und Frauen öffentlich gemacht werden. Alle Porträts sind im Internet auf www.sosmitmensch.at abrufbar.