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Frühe Sperrstunde lähmt Tourismus in Südböhmen

Von Thomas Fellhofer   25.September 2020

MÜHLVIERTEL. Um 22 Uhr bestellt der gestandene Südböhme mit Sicherheit noch ein Bier. Heimgehen ist um diese Zeit im Denkmuster des Tschechen einfach nicht vorgesehen. Der Tourist aus Bayern oder dem Mühlviertel ist dem Böhmen darin meist ein willfähriger Kumpane. Doch dieser Tage ist eben nichts normal. Um 22 Uhr ist auf Geheiß der Politik Ruhe in Südböhmens Bierstuben, Bars und Restaurants. Vorher dominiert "die Maske" das Tagesgeschehen.

Gute Sommersaison

Dabei lief die Tourismus-Saison gerade richtig gut: "Nach einem schlechten Frühling hatten wir eine super Sommersaison im Tourismus", erzählt Jiri Hulka, Bürgermeister von Adalbert Stifters Geburtsort Oberplan in Südböhmen. Vor allem die Tschechen selbst urlaubten im eigenen Land. Darin hat man natürlich immer noch Übung. Als begeisterter Camper und Naturgenießer vertreibt man sich die Zeit auch im eigenen Land famos. "Gäste aus Deutschland hatten wir wenig, und auch aus Österreich kamen nicht die Massen", sagt Hulka.

Aber jetzt rollt die zweite Welle an und der neue Gesundheitsminister Roman Prymula greift durch: "Unter dem Einfluss des Alkohols kommt es zu viel häufigeren Kontakten und zur Missachtung elementarer Regeln", sagte er am Mittwoch. Die Maßnahmen (siehe Kasten) seien zunächst auf zwei Wochen begrenzt. "Wir betrachten die nächsten Wochen gespannt und hoffen, dass die neuen Maßnahmen wirken", sagt Hulka. Man habe auch gar keine andere Alternative. "Die Situation muss sich wieder verbessern, denn sonst können wir die Herbstsaison abschreiben." Denn gerade jetzt begeben sich Wanderer, Radfahrer und Tagestouristen gerne ins Böhmische. Ein OÖN-Lokalaugenschein in St. Thoma am vergangenen Wochenende zeigte, dass Menschen von hüben und drüben den Böhmerwald genießen. Dort, wo die altehrwürdigen Gemäuer der Ruine Wittinghausen über den Lipno-See wachen, kehrt man gerne ein und stärkt den vom E-Biken geschundenen Körper mit "den besten Liwanzen" ganz Südböhmens oder einem Humpen böhmischen Bieres.

Gerade diese Tagesgäste würden oft ausbleiben. Mit Maske will man eben nicht einkehren. Die Südböhmen selbst dürfen zwar nach Österreich reisen, jedoch nicht in die Bundesrepublik Deutschland. "Erlaubt sind nur Pendler. Wir hoffen natürlich, dass zumindest diese weiterhin in Österreich und Deutschland einreisen dürfen", sagt Hulka.

Sehr gute Saison in Lipno

Edwin Sternad, Tourismusverantwortlicher für die Region Lipno in Südböhmen blickt ebenfalls auf eine gute Saison zurück: "Wir hatten sehr viele Gäste aus Deutschland und Österreich und sind sehr zufrieden". In Lipno läuft die Saison bis 31. Oktober und man ist guter Dinge, einen passablen Endspurt hinlegen zu können. Die vorverlegte Sperrstunde trifft die Region nicht so hart wie beispielsweise Tourismus-Destinationen wie Krumau oder Budweis: "Bei uns sperren die meisten auch ohne Corona um 22 Uhr zu", sagt Sternad. Aber: "Wir wollten eigentlich dahingehend mehr Angebote für junge Leute schaffen. Diese Pläne liegen momentan natürlich auf Eis."

Auch das angedachte Après-Ski wird es heuer noch nicht geben: "Wir haben natürlich schon großen Respekt vor dem Virus und möchten keinen Cluster riskieren. Deshalb achten wir auf Desinfektion und die Maskenregeln ganz genau." So muss sogar am Sessellift ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden.

 

"Grenzschließungen sollten wir, wenn irgendwie möglich, vermeiden"

Der Metallbaubetrieb, der Geländer in Tschechien fertigen lässt, der Maler, der auch öffentliche Aufträge im Nachbarland wahrnimmt, oder der Fleischverarbeiter, dessen Produktionshalle ohne Pendler aus Tschechien still stünde: Viele Unternehmen blicken seit gestern mit tiefen Sorgenfalten über die Grenze. Auch der Pflegebereich ist auf Fachkräfte aus Tschechien angewiesen.

"Oberösterreichs Wirtschaft ist eng mit jener in Tschechien verflochten. Für das Mühlviertel und Südböhmen gilt das umso mehr", sagt Florian Zeppetzauer, Leiter des Bereichs Außenwirtschaft der Wirtschaftskammer Oberösterreich. Bereits in den vergangenen Tagen habe es Anfragen besorgter Unternehmer zur Praxis beim Grenzübertritt gegeben. Angesichts der gestern ausgesprochenen Reisewarnung der Bundesregierung für Prag rechnet Zeppetzauer nun mit einem nochmaligen Anstieg: "Ein gewisses Maß an Unsicherheit ist jetzt natürlich gegeben. Die meisten unserer Mitgliedsbetriebe pflegen aber einen pragmatischen Zugang. Es ist ohnehin am besten, die Situation täglich neu zu bewerten", sagt der Außenhandelsexperte.

Trotz der gestiegenen Fallzahlen laufen die Bemühungen dahin, den Waren- und Dienstleistungsverkehr über die Grenze abzusichern. "Grenzschließungen sollten wir, wenn irgendwie möglich, vermeiden", sagt Zeppetzauer. Diese hätten heuer im April gravierende Auswirkungen auf die Wirtschaft gehabt – und zwar in Tschechien ebenso wie in Österreich. (lebe)

 

Welche Covid-19-Maßnahmen gelten in Tschechien?

Nach der Sommerpause gilt seit dem 10. September wieder die Mund-Nasen-Bedeckungspflicht für ganz Tschechien. Die Maske muss im öffentlichen (Nah-)Verkehr (Zug, Bus, U-Bahn, Taxi etc.) und in Innenräumen (Geschäften, Einkaufszentren etc.) getragen werden.

Seit 24. September müssen zudem Restaurants und Bars um 22 Uhr (bis 6 Uhr) schließen. Diese Maßnahme ist einmal für 14 Tage festgelegt (7. Oktober).

Ab 24. 9. gilt zudem: Anzahl der sitzenden Zuschauer bei Außen-Sport- & Kulturevents maximal 2000 Personen, im Innenraum 1000 Personen. Außenevents, wo die Gäste stehen, sind mit 50 Personen beschränkt, innen: zehn.

Wo muss der Nasen-Mund-Schutz getragen werden?

  • In allen Innenräumen (Restaurants, Geschäfte und am Arbeitsplatz), außer zu Hause oder in Beherbergungsbetrieben, wie z.B. am Hotelzimmer.
  • In öffentlichen Verkehrsmitteln, inkl. Reisebussen und Taxis.
  • Bei diversen Events in Innenräumen, egal wie viele Personen anwesend sind.
  • Bei Außenevents über 100 PersONEN 
  • In ausgewählten Regionen: Prag, Mittelböhmen, Bezirk Cheb / Zlin, Uherské Hradiste, Kromeriz.
  • Mehr Infos: koronavirus.mzcr.cz/en/


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