KZ-Gedenkstätte hadert mit Ö-Norm: "Todesstiege" für Besucher zu gefährlich

Von Bernhard Leitner   10.August 2018

Am Mittwoch vor genau 80 Jahren kam der erste Transport von 304 Häftlingen aus dem KZ Dachau in Mauthausen an. Diese Menschen – der Großteil von ihnen österreichische Staatsbürger – mussten in schwerer Arbeit ihr eigenes Lager bauen.

Von Bauvorschriften und Sicherheitsnormen blieb die damalige Errichtung der Todesmaschinerie unbehelligt. Auch nach der Übernahme der Anlage und ihrer Erhaltung als Gedenkstätte durch die Republik im Jahr 1949 war beides kein Thema. 70 Jahre später jedoch führt die Frage, inwieweit die öffentlich zugänglichen Teile der Anlage aktuellen Ö-Normen entsprechen, dazu, dass die vom Steinbruch hinauf in das Lager führende sogenannte "Todesstiege" gesperrt wurde. Konkret wurde die seit Jahren praktizierte Wintersperre heuer auf unbefristete Zeit verlängert.

Nationale und internationale Opferverbände brachten bereits rund um die Befreiungsfeiern im Mai ihre Empörung über diese Maßnahmen zum Ausdruck. Eine Kritik, die bis heute anhält. So forderte erst diese Woche der Bundesvorsitzende des KZ-Verbands/VdA, Harald Grünn, die für den Erhalt zuständige Bundesanstalt "KZ-Gedenkstätte Mauthausen" dazu auf, die Todesstiege umgehend wieder öffentlich zugänglich zu machen. "Als wenn sich die Nazis an irgendwelche Normen gehalten hätten, als sie ihre Mordlager errichteten. Die historischen Zugänge müssen offen und erhalten bleiben. Dazu gehört inbesondere die Mauthausener Todesstiege", so Grünn.

Die baldige Öffnung der Stiege sei auch ein Ziel der KZ-Gedenkstätte, beteuert Geschäftsführer Jochen Wollner auf Anfrage der OÖNachrichten. Die Details dazu würden derzeit rechtlich abgeklärt. Mit der Gemeinde als Baubehörde habe man schon erfolgreich Gespräche führen können. Im September hofft Wollner, alle noch ausständigen Voraussetzungen für die "Verkehrssicherheit" der Stiege mit Innenministerium und Burghauptmannschaft fixieren zu können.

Das Problem sei, dass die Vorschriften zur Sicherheit öffentlicher Plätze und Gebäude keine klare Trennlinie zu historischer Bausubstanz ziehen. "Das betrifft die Treppe im Kunsthistorischen Museum genauso wie uns. Wir müssen uns dem Thema stellen."

Gelingt dies nicht, steht auch eine dauerhafte Sperre der Todesstiege im Raum – aus Sicherheits-, aber auch aus Pietätsgründen. So wie es bei der Umgestaltung des Ausstellungsbereichs etwa bei den Gaskammern der Fall war, die seither von den Besuchern einsehbar, aber nicht begehbar sind.

 

Hinweisschilder weisen den Weg zur KZ-Gedenkstätte
Barbara Glück, Karoline Edtstadler LPD NO / Oliver Greene

Barbara Glück, Karoline Edtstadler (LPD NO / Oliver Greene)

Hinweisschilder weisen den Weg zur KZ-Gedenkstätte

Seit vergangenem Freitag weisen neue Hinweisschilder bei der Autobahnabfahrt St. Valentin auf die KZ-Gedenkstätte Mauthausen hin. "Wir schließen damit ein Projekt ab, das mir schon lange ein Herzensanliegen ist. Im Gedenkjahr 2018 setzen wir so einen weiteren Schritt, um die KZ-Gedenkstätte Mauthausen in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken", sagt die zuständige Staatssekretärin im Innenministerium, Karoline Edtstadler (VP).

"Ein großer Teil der jährlich 250.000 Besucher kommt aus dem Ausland", sagt die Direktorin der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Barbara Glück. "Gerade diesen Gästen werden die neuen Schilder eine große Hilfe sein, zur Gedenkstätte zu gelangen."

Das Motiv der 2,5 x 2,5 m großen Schilder zeigt das Lagertor des ehemaligen Konzentrationslagers Mauthausen. Edtstadler: "Vielleicht kann das Tor, das heute noch ein Symbol für unendliches Leid ist, eines Tages zu einem Symbol für Aufklärung werden und für Sensibilisierung dafür, wohin Rassismus und Faschismus führen können."

Video: NR-Präsident Wolfgang Sobotka führt eine Schulklasse durch die Gedenkstätte

 

App für KZ-Außenlager

Am 80. Jahrestag der Errichtung des KZ Mauthausen stellte das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) eine "Mauthausen-Außenlager-App" vor. MKÖ-Geschäftsführerin Christa Bauer über die Bedeutung dieser digitalen Wissensvermittlung: "Nicht nur digitalaffine Jugendliche, sondern auch historisch Interessierte aller Altersgruppen haben nun die Möglichkeit, alle Orte der KZ-Außenlager virtuell zu besuchen. Das ist ein weiterer Schritt, an die Gräuel des NS-Regimes zu erinnern!"

Mit der neuen App ist es möglich, anhand von 23 interaktiven Touren zu jedem einzelnen der 49 Orte, an dem ein KZ-Außenlager bestand, Informationen abzurufen. Zusätzlich veranschaulichen historische und aktuelle Fotos, Luftaufnahmen der Orte sowie Kurzvideos und Interviews von Überlebenden die Geschichte der KZ-Außenlager.

Die App steht ab sofort für iPhones und Android in den jeweiligen Download-Portalen zur Verfügung.