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"Lokalbahnen brauchen Kämpfer mit langem Atem"

Von Friedrich M. Müller, 08. April 2019, 06:27 Uhr
"Lokalbahnen brauchen Kämpfer mit langem Atem"
Noch fahren auf der 60 Kilometer langen Strecke von Meran nach Mals Dieseltriebwägen, die Elektrifizierung der Vinschger Bahn hat aber bereits begonnen und soll 2021 abgeschlossen sein. Bild: privat

Walter Weiss gilt als Botschafter für den Erhalt von Regionalbahnen, wie die Mühlkreisbahn eine ist. Am 10. April schildert er bei einem Vortrag in Linz, wie es gelang, die Vintschger Bahn zu beleben.

LINZ. Walter Weiss, Pädagoge und ehemaliger Bürgermeister der 5200-Seelen-Gemeinde Mals in Südtirol, hat es mit Mitstreitern geschafft, eine bereits eingestellte Bahnlinie zu einem Erfolg zu machen. Die Vintschger Bahn fährt jetzt nicht nur, sie zählt aktuell zwei Millionen Fahrgäste und hat eine Zukunft. Wie das gelungen ist, erzählt Weiss im OÖN-Interview und diese Woche bei einem Vortrag im Architekturforum in Linz.

 

OÖNachrichten: Was ist die Basisarbeit, damit eine Regionalbahn überleben kann?

Walter Weiss: Es ist wichtig, Menschen aus der Region zu überzeugen, dass die Bahnlinie wichtig ist: Das ist eine ständige Arbeit. Wir haben 2000 den Verein "Freunde der Eisenbahn" gegründet, arbeiten alle ehrenamtlich, organisierten Runde Tische und haben nun mehr als 1000 Mitglieder: Davon sind drei Viertel Politiker – von Bürgermeistern über Mitglieder der Landesregierung bis zum ehemaligen Landeshauptmann Luis Durnwalder – er ist Ehrenmitglied.

Die Vinschger Bahn war 15 Jahre lang außer Betrieb: Wie schwer war es, Mitstreiter zu finden, um sie wieder mit Leben zu erfüllen?

Von 16 Bürgermeistern an der Bahnstrecke waren anfangs 13 dagegen. Sie sind nie mit dem Zug gefahren und sagten, die Bahn bringe nichts, da sie in Erinnerung hatten, dass seinerzeit die Bahn oft Verspätung hatte: Lokführer machten Kaffeepause, es wurde vergessen, Schranken wieder zu öffnen.

Wie gelang der Umschwung?

Umweltschützer forderten vor der Landtagswahl 1993 die Betriebsaufnahme – Motto: keine Bahn, keine Stimmen. Es gab ein Versprechen, das nicht umgesetzt wurde. Bei der Wahl 1998 wurde alles verschriftlicht – ohne Erfolg. Dann gründeten wir den Verein, und drei Bürgermeister und der Präsident unserer Bezirksgemeinschaft gaben bei Schweizer Experten eine Machbarkeitsstudie in Auftrag. Das Ziel: Einen von Stau unabhängigen Verkehrskorridor in die Landeshauptstadt zu schaffen. Bozen als Ziel ist die Grundstruktur des Bahnsystems in Südtirol. Wichtig war, dass wir im Jahr 2000 Landeshauptmann Durnwalder überzeugen konnten. Wir hatten anfangs mit 500.000 Fahrgästen pro Jahr gerechnet, jetzt sind es zwei Millionen. Freitag ist Markttag in Bozen: Da kann es schon vorkommen, dass niemand mehr im Zug Platz hat. Außerdem locken wir von Mai bis Oktober zum Besuch eines "Erlebnis-Bahnhofes". Besucher können beispielsweise mit einer Draisine fahren.

Wurden bei der Attraktivierung der Bahn auch Fehler gemacht?

Wir sind nach der Überzeugungsarbeit am Beginn und nach den ersten erfolgreichen Betriebsjahren nun in der dritten Phase angelangt. Denn jetzt wird die Bahnstrecke elektrifiziert. Der nächste Schritt ist: Wir wollen Schnellzüge anbieten, die nicht mehr an allen 16 Stationen halten. Dann braucht man durch unser Tal von Mals nach Meran nur noch 30 statt derzeit 85 Minuten.

Wie unterscheidet sich das Bahnsystem Südtirols vom österreichischen?

Österreich hat viele Flächenbahnen, die nicht immer große Zentren anpeilen, wie das bei uns Bozen ist. Bahnen verpassten oft, mit der Zeit zu gehen. Die Leute müssen merken, dass sie mit dem Zug nicht nur bequemer, sondern auch schneller als mit dem Auto unterwegs sind. Wichtig ist auch, dass die Wirtschaft ins Boot geholt wird, denn gegen sinnvolle Argumente ist kein Kraut gewachsen. Und es zählt die gute Tat, die realisiert wird, und nicht die Ankündigung.

Wie wichtig ist die Preisgestaltung für den Erfolg der Bahn?

In Europa ist in Ungarn Bahnfahren am billigsten, bei uns kostet eine Senioren-Jahreskarte 20 Euro. Die Hälfte aller Bewohner Südtirols haben einen sogenannten Südtirol-Pass. Je mehr sie fahren, desto billiger wird die Benützung der Bahn. Ab 20.000 Bahnkilometern fahren sie gratis. Die Nordtiroler sagen, dass sie sich das nicht leisten könnten. Das stimmt nicht, es braucht die richtige Einstellung. Bei uns ist die ganze Landesregierung, der Landtag auf Eisenbahn-Mobilität eingestellt.

Wie viele der zwei Millionen Fahrgäste sind Urlauber?

Da fehlt uns eine Statistik, Faktum ist, dass vor allem Einheimische die Bahn benützen. Zum Thema Tourismus: Im riesigen Skigebiet Kronplatz im Pustertal können die Gäste vom Zug direkt in die Gondel umsteigen. Diesen Service schätzen vor allem Schweizer Gäste.

Wie viel Geld wurde in die Vinschger Bahn seit dem Start im Jahr 2000 investiert?

Das kann ich nicht sagen: Der Landeshauptmann kündigte an, die Gemeinden mit fünf Prozent an den Verlusten zu beteiligen. Wir haben mit zehn Millionen Euro kalkuliert, dieses Defizit haben wir aufgrund der großen Akzeptanz allerdings nie erreicht.

Was muss in Oberösterreich passieren, damit Strecken wie die Mühlkreis- oder die Almtalbahn erhalten bleiben?

Nicht die Masse der Menschen entscheidet. Der Schlüssel zum Erfolg liegt bei den Entscheidungsträgern, bei ihnen muss man vorstellig werden. Die Politik versteht auch die Zeichen der Zeit, es braucht aber andererseits Kämpfer mit einem langen Atem. Die Menschen dürfen nicht resignieren, sondern müssen durchhalten und überzeugen.

 

Vortrag: Ein Erfolgsmodell als Vorbild für Oberösterreichs Regionalbahnen

Die Vinschger Bahn in Südtirol verbindet Meran mit dem 60 Kilometer entfernten Ort Mals. Die Strecke entlang der Etsch wurde 1990 von den italienischen Staatsbahnen aufgelassen, stattdessen wurden Busse eingesetzt. Drei Jahre später begannen Umweltschützer Druck zu machen, die Bahn wieder in Betrieb zu nehmen – zumal auch die Verkehrsbelastung im Tal immer größer wurde. Ein mühsamer politischer Prozess begann (siehe Interview), der Erfolg hatte: Statt der 2005 prognostizierten jährlich 500.000 Fahrgäste sind es jetzt zwei Millionen. Nun wird die Bahn elektrifiziert. Dann gibt es 15-Minuten-Takt und Direktzüge nach Innsbruck und Lienz.

Walter Weiss referiert über die Erfolgsgeschichte der Regionalbahn: In Wels, Dienstag, 9. April, 18.30 Uhr, Freiraum, Altstadt 8; in Linz, Mittwoch, 10. April, 18.30 Uhr, Architekturforum Oberösterreich (Lederergasse 17).

 

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5  Kommentare
5  Kommentare
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analysis (3.546 Kommentare)
am 08.04.2019 17:58

Fakten statt schwarz-blauer ÖBB-Hetze !
Gütertransport durch Ö muss auf Schiene, die ÖBB liegen weit vor den Deutschen!
1)Die ersten blau-schwarzen Regierung hat, kurz nach der Machtübernahme, den erfolgreichen ÖBB-Generaldirektor Draxler abservieren.
2)Unter Beifall der LKW-Lobby, hat ÖVP-Staatssekretär Kukacka die ÖBB filetiert, "privatwirtschaftlich" ausgerichtet und täglich "fahren" z.B.: Fenstercontainer via LKW vom Mühlviertel nach Traun
3)Die CH belegt, dass mit Investitionen von jährlich 351 €/Einwohner (A 210; D 30 €), hoher flächendeckender LkW-Maut, Nachtfahrverbot,… der Schienenanteil auf aktuell 41% (A 30; D 17%) zu steigern ist.
4)EU-weit wird die Zerstörung der Bahn-Infrastruktur unter dem Deckmantel der Liberalisierung und mit tatkräftigem Ignorieren des Ausflaggungsunwesens (sklaven-ähnliche Arbeitsbedingungen) auch im Interesse der "auslagernden" Industrie, der LKW-Erzeuger, und ... betrieben.
5)Die Bahn in A funktioniert bedeutend besser als in D !

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hasta (2.848 Kommentare)
am 08.04.2019 16:47

Wenn es gelingt bei den ÖBB den gewerkschaftlichen Einfluss auf ein vernünftiges Maß einzuschränken, habe ich Hoffnung dass wirtschaftliches Denken bei den ÖBB einkehrt.
Grundsätzlich sollen die von den ÖBB vernachlässigten Strecken vom Verkehrsministerium für private Bahnbetreiber ausgeschrieben werden.

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Rufi (4.739 Kommentare)
am 08.04.2019 08:18

Das Problem ist das man den Vertrag mit der ÖBB verlängert hat

ist das wirklich passiert? Herbst 18? Schande.

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NeuPaschinger (1.025 Kommentare)
am 08.04.2019 09:11

kurzum ja, 10 Jahre bis Ende 2029, passieren üblicherweise immer ein Jahr vorher die Verhandlungen, deswegen Herbst 18
.
in dem Kontext ist uns Deutschland einfach etwas voraus, da verhandelt man nicht mit der DB sondern schreibt so eine Strecke öffentlich aus, wer das beste Angebot auf den Tisch legt der bekommt den Zuschlag
.
(das beste Angebot kann auch mehr Züge sein bei gleichem Geldforderungen)

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NeuPaschinger (1.025 Kommentare)
am 08.04.2019 07:59

Das Problem ist das man den Vertrag mit der ÖBB verlängert hat
.
S&H wäre die bessere Lösung gewesen, ein kleineres Privatunternehmen das auf Effizienz getrimmt ist, mit den modernen Anspruch ist so eine Nebenbahn nichts für die große träge ÖBB
.
bei der Almtalbahn bleibt es dabei man müsste Geld in die Hand nehmen und die angesprochene 65min Fahrzeit auf ca 55-57min zu drücken, dann wäre der Betrieb auch billiger

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