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"Der Geist von Tauber weht noch durch das Haus"

Von Reinhold Gruber, 18. März 2019, 07:03 Uhr
"Der Geist von Tauber weht noch durch das Haus"
"Schwarzer Bär"-Chef Michael Nell hat etwas übrig für die Geschichte des Hauses wie der Gastronomie. Bild: Volker Weihbold

LINZ. Michael Nell, Chef des "Schwarzen Bären" in Linz, über die Geschichte des Hauses und die Freude am Wirt-Sein.

Der Einband passt zum Titel: "Das Goldene Buch der Gastronomie". Es stammt aus dem Jahr 1908, und Michael Nell hat es in einem Antiquariat erstanden. Weil es einen Blick auf seinen Beruf, der Berufung ist, wirft, wie man ihn sich heute nicht mehr vorstellen könnte. Denn da wird dem Leser sehr anschaulich erklärt, was der Lehrling im Gastgewerbe in seiner Freizeit zu tun hat. Servietten falten zum Beispiel.

Der Eigentümer des Hotels "Schwarzer Bär" in der Linzer Herrenstraße hat ein Faible für Geschichte. Auch, weil er auf geschichtsträchtigem Boden sitzt. Wo heute das Hotel mit 54 Zimmern, "Bärenstub’n" und zwei Bars steht, befand sich schon im 15. Jahrhundert eine Gaststätte. Seine Familie führt das Haus seit 1977.

Vor knapp 15 Jahren fiel der Familie Nell durch Zufall eine Speisekarte vom 24. Jänner 1902 in die Hände. Das Zeitdokument ist in der neuen Ausstellung "Prost, Mahlzeit" im Nordico zu sehen. Nell hat die "Speise-Karte aus der Altdeutschen Weinstube im Gasthofe ‘zum schwarzen Bären’ in Linz" dafür leihweise zur Verfügung gestellt.

 

Wie sind Sie zu der historischen Speisekarte gekommen?

Michael Nell: Ein Stammtisch-Gast hat sie uns gebracht. Er hatte die Speisekarte in einem alten Karton entdeckt.

Wenn man so ein Zeitdokument in Händen hält, das auch mit einem persönlich zu tun hat, ist das etwas noch Spezielleres?

Auf alle Fälle. Das gibt einem schon ein inniges Gefühl, und man weiß, dass man auf traditionellem Boden sitzt. Man hat auch großen Respekt davor, was hier alles passiert ist.

Die Geschichte des Hauses reicht ja weit zurück?

Ja, bis ins 15. Jahrhundert reichen Aufzeichnungen zurück. Früher waren wir außerhalb der Stadt, was auf Linz in alten Ansichten erkennbar ist. Es gibt Mutmaßungen, dass hier die Händler über Nacht gewartet haben, bis die Stadttore wieder geöffnet wurden. So gesehen ist das Haus sehr geschichtsträchtig. Auch dadurch, dass Tenor Richard Tauber hier geboren wurde.

Ihr Großvater hat das Haus 1977 gekauft. Wie kam er dazu?

Mein Opa lebte in Steyr, hatte einen Hörfehler und wurde deshalb nicht in den Krieg eingezogen. Tagsüber hat er in den Steyr-Werken gearbeitet, meine Oma war Magd. Gemeinsam haben sie nach dem Krieg ein Wirtshaus aufgemacht, aus dem später die Disco "Flower Pot" geworden ist. Die Schwester meines Großvaters hat einen Immobilienhändler in Linz geheiratet. Sie sind damals auf das Haus in der Herrenstraße gestoßen und haben meinem Opa nahegelegt, es zu kaufen, was er auch tat. Es wurde vor etwa 120 Jahren abgerissen und neu aufgebaut. Die alten Säle, die auf alten Fotos zu sehen sind, sind leider nicht mehr da.

Was ist mit dem Zimmer, in dem Tauber geboren worden ist?

Danach fragen immer noch Gäste, aber es gibt das Zimmer auch nicht mehr. Dafür weht der Geist von Tauber noch durch das Haus.

Kann man mit der Geschichte des Hauses heute noch punkten?

Die Touristen werden darauf aufmerksam gemacht. Jede Stadtführung bleibt vor dem Schwarzen Bären stehen. Es wird die Geschichte erzählt und ein Lied von ihm gespielt. Zudem gibt es immer wieder Amerikaner, die nach ihm fragen.

In der Ausstellung im Nordico wird an die große Wirtshauskultur erinnert. Kann man diese Kultur wiederbeleben?

Ich glaube schon. Im Service zu arbeiten, mit den Gästen zu reden, in Kontakt zu treten, ist etwas sehr Schönes. Die Gäste wissen das auch zu schätzen. Wenn ich heute auf einem Stammtisch bin, dann sitze ich mit allen beieinander. Bei Facebook bin ich in meiner Gruppe unter Gleichgesinnten. Im Wirtshaus kommt immer einer dazu, der eine andere Meinung hat. So kommt es zum Austausch von Ansichten, weil das Publikum verschieden ist. Das ist der Charakter eines Wirtshauses, den die Systemgastronomie nicht hat.

Hat es für Sie beruflich irgendwann etwas anderes gegeben?

Nein, ich bin hier aufgewachsen und damit in das Wirtshaus und später in das Hotel hineingewachsen. Ich brenne dafür.

 

OÖN berichteten über die Speisekarte vom 24. Jänner 1902

Im Oktober 2002 war den OÖN die alte Speisekarte eine Geschichte wert. Das „kaiserlich-königliche Schmankerl-Druckwerk“ hatte viel Interessantes und aus heutiger Sicht Kurioses zu bieten, schrieben die OÖN. Das „Rindfleisch mit Hindernissen“ hieß deshalb so, weil es mit vielerlei Saucen und Gemüsen garniert war. Auf dem Speiseplan fanden sich „Hirn gebacken mit Spinat“, Lamm, Rumpsteak à la maire oder ein „Schnöpsenschlögel mit Kohl“. „Bären“-Chef war 1902 Franz Kassberger, der als gediegener Wirt eines der besten Lokale der Landeshauptstadt führte. Die Gerichte von 1902 wurden 2002 nachgekocht.

 

Die "Bären-Speisekarte" anno 1902 Bild: OÖN

Die Ausstellung zur Wirtshauskultur

Im Stadtmuseum Nordico ist seit Ende vergangener Woche die Ausstellung „Prost, Mahlzeit – Wirtshauskultur in Linz“ zu sehen. Die OÖNachrichten präsentieren die Schau, die sich mit der reichhaltigen Geschichte der Gastronomie beschäftigt, anhand vieler Dokumente und alter Fotos breitenwirksam Erinnerungen hervorruft und gleichzeitig aber auch dem wissenschaftlichen Anspruch gerecht wird.

400 Ausstellungsstücke umfasst die Zeitreise, wobei vom Zünderautomaten bis zum nachgebauten Fremdenzimmer so manches Relikt aus vergangenen Zeiten im Nordico zu bestaunen ist.
Die Ausstellung ist bis 1. September jeweils Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, donnerstags sogar bis 21 Uhr geöffnet. OÖNcard-Besitzer erhalten ermäßigten Eintritt.

 

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Autor
Reinhold Gruber
Lokalredakteur Linz
Reinhold Gruber

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5  Kommentare
5  Kommentare
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amha (11.322 Kommentare)
am 18.03.2019 15:14

Die Location "Rooftop 7" am Dach wäre ja sehr gelungen, wenn dort nicht geraucht würde. So muss man um den Bären einen großen Bogen machen.

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ibrahim (276 Kommentare)
am 18.03.2019 15:05

Hat die Bärenstube wieder regulär für alle offen, oder immer noch nur auf Vorreservierung für 20+ Personen?
Die Schickimickilokale am Dach bzw. in der Auslage an der Herrenstraße interessieren mich eher weniger.

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decordoba (3.803 Kommentare)
am 18.03.2019 14:52

Dieser Aufsatz hat mich veranlasst, auf wiki über Richard Tauber nachzulesen. Es ist wirklich interessant aufbereitet.
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Er war das außereheliche/uneheliche? Kind einer Soubrette und ist im Hotel geboren - oder habe ich oberflächlich recherchiert zwinkern

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aviationpassionate (280 Kommentare)
am 18.03.2019 11:21

Das Lokal ist super, das Essen immer ein Gedicht.

Aber die Fotos im Beitrag sind katastrophal.

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Hutsch89 (16 Kommentare)
am 18.03.2019 07:38

Der Schwarze Bär ist eine große Bereicherung der Herrenstraße das Personal ist immer freundlich und das Essen schmeckt. Ich freue mich das es noch solche Wirte gibt und nicht nur Jammerwirte.

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