Stefan Gaugusch im OÖN-Interview: Ein Kasperl für alle Fälle

Von Gerald Winterleitner   17.Februar 2012

OÖN: Kleinkinder wissen, wie man Smartphones bedient, schon Volksschüler tummeln sich auf Facebook – ist da der Kasperl nicht mega-out bis peinlich?

Stefan Gaugusch: In Anbetracht unserer ständig ausverkauften Vorstellungen ist der Kasperl mega-in. Gute Geschichten, auch wenn sie in einem antiquierten Milieu spielen, faszinieren. Das beste Beispiel ist Harry Potter. Im Übrigen ist der Kasperl im Fernsehen die weltweit am längsten laufende und quotenstärkste Kindersendung.

OÖN: Wie war Ihr erster Kontakt mit dem Kasperl?

Gaugusch: Mein erster Kontakt mit Puppentheater war in meiner Volksschulzeit in Linz. In einem Kaufhaus wurde der Kasperl vom Teufel in einem Sarg gefangen. Ein Kind wollte ihm helfen, rannte zur Bühne und öffnete den Sarg. Erbost über die Störung kam der alte Puppenspieler vor den Vorhang und ohrfeigte den Buben. Ich fand das sehr aufregend und war tief beeindruckt (lacht). Monate später lag mein erstes Kasperltheater unterm Christbaum.

OÖN: Bis zu welchem Alter sind Sie ins Kasperltheater gegangen?

Gaugusch: Bis vergangene Woche. Bei „Kasperl & Pezi“ wollte ich sehen, was die Konkurrenz so treibt.

OÖN: Seit wann spielen Sie selbst Kasperl?

Gaugusch: Mit ungefähr 14, als alle anderen an Motorrädern herumschraubten, habe ich mit Freunden unser erstes Kasperltheater zusammengenagelt. Kurz darauf hatten wir unsere erste Vorstellung im Kellersaal der Pfarre Christkönig in Urfahr. Als Deko haben wir den roten Samtvorhang des Pfarrers „geliehen“ ... Der fand das nicht lustig.

OÖN: Es hat Sie dann nach Wien verschlagen.

Gaugusch: Während meiner Gymnasialzeit habe ich mich beim Wiener Urania-Puppentheater, beim alten Prof. Kraus (Großvater Petz) beworben. Meine Mutter fiel aus allen Wolken. Nach der Matura ging’s direkt hinter die Bühne und von dort aus zum ORF.

OÖN: Sogar die Figuren für die TV-Produktionen stammen aus Ihrer Hand.

Gaugusch: Die Produzenten vom ORF sind auf mich zugekommen. In der Folge erblickten „Viecher“ wie Confetti, Rolf Rüdiger oder Quaxi das Licht der Welt in meiner kleinen Werkstätte.

OÖN: Haben Sie eine Lieblingspuppe?

Gaugusch: Beim Kasperl-Ensemble ist es die Großmutti, weil sie in jeder Hinsicht meiner Großmutti, die ich sehr liebte, nachempfunden ist. Darüberhinaus hänge ich an der Ratte Rolf Rüdiger. Und da meine Hand in ihm steckt, er an mir.

OÖN: Zurück zum Kasperl: Was macht die Faszination dieser Figur aus?

Gaugusch: Vermutlich der Kampf zwischen Gut und Böse mit dem tröstlichen Effekt, dass immer das Gute, also der Kasperl, gewinnt. Der Kasperl darf all das machen, was Kinder selber gerne machen würden, wie sie gerne sein würden – mutig, witzig, listig, lustig, respektlos –, ohne dass dieses Verhalten negative Konsequenzen nach sich zieht. Der Kasperl hat ja keine Mutter über sich und wird daher nicht gemaßregelt.

OÖN: Wie schwer sind Kinder zufriedenzustellen?

Gaugusch: Sie sind ein sehr kritisches Publikum! Die zeigen dir sehr direkt, was sie von deinem Stück halten. Ich finde das spannend. Es macht jede Vorstellung zum Abenteuer.

OÖN: Will der Kasperl auch Werte transportieren?

Gaugusch: Den moralischen Zeigefinger gibt’s bei uns nicht. Was wir vermitteln wollen ist, ist Spannung, Humor und Abenteuer. Und manchmal sagen wir schiache Wörter wie „Lulu-Gacksi“...

OÖN: In New York erhielten Sie für zwei Ihrer Produktionen Awards. Wie wichtig waren diese Auszeichnungen für Sie?

Gaugusch: Wir haben uns wahnsinnig darüber gefreut, schließlich waren wir in direkter Konkurrenz mit einem Film von Jim Henson (Muppets). Die beiden Auszeichnungen haben einen besonderen Platz bekommen. Sie hängen am Klo, dort sehen wir sie am häufigsten.

OÖN: Ist Ihr „Heimspiel“ noch immer ein besonderes Erlebnis für Sie?

Gaugusch: Ja klar! Auf unser Heimspiel, das seit mehr als 15 Jahren im Kuddelmuddel über die Bühne geht und mehr als 20.000 Besucher angelockt hat, freuen wir uns das ganze Jahr über. Da werden Erinnerungen wach!