Spatenstich für Donaubrücke: Eine Stunde, die nicht alles vergessen lässt

Von Anneliese Edlinger und Reinhold Gruber   04.Juli 2018

14 leere Spaten, ein breiter Sandhügel und im Hintergrund das Plakat mit jener Brücke, die in Linz in knapp zweieinhalb Jahren gebaut und eröffnet sein soll: Die Symbolsprache war gestern Vormittag klar: Jetzt geht es los mit dem Bau der neuen Linzer Donaubrücke. Wirklich? Die Skepsis ist in großen Teilen der Bevölkerung nach wie vor groß.

Vor zwei Jahren ist die alte Eisenbahnbrücke abgerissen worden. Seither warten die Bürger – Einheimische wie Pendler – auf ein sichtbares Zeichen, dass sie in absehbarer Zeit mit einer neuen Brücke rechnen dürfen.
Während an der Voestbrücke in unmittelbarer Nachbarschaft die Errichtung der Bypässe seit Monaten Fahrt aufnimmt, waren die beiden Pfeiler der Eisenbahnbrücke in der Donau stumme Zeugen der Vergangenheit, inmitten einer beschaulichen Ruhezone.

Damit soll es nun vorbei sein. Mit der gestrigen Spatenstichfeier wurde kurz vor Schulschluss der Startschuss für die Bauarbeiten gegeben. Von einem „traumhaften Tag für Linz“ war da die Rede. Und von einem „tollen Tag für den öffentlichen Verkehr“.

 

Geduld ist noch gefragt

Die knapp eine Stunde dauernden Feierlichkeiten schafften bei aller Freude und Begeisterung der Beteiligten aber eines nicht: das vergessen zu lassen, was in den vergangenen Monaten war. Oder besser gesagt, eben nicht war.

Bis die neue, knapp 400 Meter lange, bis zu 33,7 Meter breite und rund 60 Millionen Euro teure Brücke zur Verfügung stehen wird, werden noch weitere zwei Jahre ins Land ziehen. Im Herbst 2020 soll das Bauwerk nach den Plänen des Pariser Architekten Marc Mimram eröffnet werden. Umgesetzt wird der Bau von einer Arbeitsgemeinschaft der Firmen MCE, Porr und Strabag.

„Wir schaffen mit der neuen Donaubrücke beste Voraussetzungen, um das Einpendeln wieder zu erleichtern“, sagte Bürgermeister Klaus Luger (SP). Landeshauptmann Thomas Stelzer (VP) zeigte sich erleichtert, dass nun mit dem Brückenbau begonnen werde, war aber auch realistisch: „Zeitlichen Spielraum haben wir keinen mehr.“ Der knappe Zeitplan war auch in den Reden der Vertreter der Baufirmen immer wieder ein Thema. Aber auch die Gewissheit, dass „wir das schaffen“.

„Fast Lichtgeschwindigkeit“

Dass das Projekt in zweieinhalb Jahren baureif gemacht werden konnte, ließ den Linzer Infrastruktur-Stadtrat Markus Hein (FP) zu einem gewagten Vergleich hinreißen: „Das ist fast schon Lichtgeschwindigkeit.“ Eine Reaktion der betroffenen Bürger auf diese Einschätzung musste er nicht fürchten. Sie waren nicht geladen.
Infrastruktur-Landesrat Günther Steinkellner (FP) sprach von einem „tollen Tag für den öffentlichen Verkehr“. Schließlich sollen über die Donaubrücke neben der Straßenbahn auch die Regiotram und die Mühlkreisbahn fahren. „Das wird ein gewaltiger Ausbau für den öffentlichen Verkehr“, so Steinkellner.

Für die Linz AG, die die Eisenbahnbrücke von den ÖBB übernommen hatte und durch die Entscheidung der Linzer Bevölkerung für einen Neubau zu einer „verkehrspolitischen Vision“ für Linz „gezwungen“ wurde, geht es jetzt darum, aus der schweren Geburt eines der schönsten Kinder zu machen, wie es Generaldirektor Erich Haider formulierte. „Die Brücke ist eine Perle für Linz, und sie ist eine Brücke für die Menschen.“

Termingerecht flatterte eine Postwurfsendung der Stadt in die Haushalte. „Neue Donaubrücke: Jetzt geht’s richtig los!“, stand darauf zu lesen. Manch einer dachte sich: Wenn es jetzt richtig losgeht, dann hätte da seit zweieinhalb Jahren schon was los sein müssen...

 

Das lange Warten auf die neue Brücke

Wer in Linz auf das Thema Eisenbahnbrücke zu sprechen kommt, muss mit Gefühlsausbrüchen rechnen: „Wenn ich daran denke, wie da herumgemurkst wurde, kommt mir heute noch der Zorn hoch“, sagt ein Unternehmer, der in Urfahr daheim ist und mehrmals täglich die Donau quert.

Er spricht das Polit-Theater an, das die Stadtparteien um Erhalt und letztlich vorzeitigen Abriss der Eisenbahnbrücke geliefert haben.

Volksbefragung: Am 27. September 2015 kam es zu der von ÖVP und anderen Brückenrettern erzwungenen Volksbefragung. Und die Linzer trafen eine überraschend klare Entscheidung: 68 Prozent votierten für den Abriss des historischen Bauwerks. Da ging man aber noch davon aus, dass die neue Brücke neben der alten gebaut und die Eisenbahnbrücke weiterhin benützt werden könne.

Sperre: Drei Monate nach der Befragung kam jenes Gutachten, mit dem Bürgermeister Luger bis heute bei Diskussionen den Abriss argumentiert. Laut Gutachter war das Bauwerk durchgerostet. Luger: „Ich hätte nicht verantworten können, wenn Teile heruntergefallen wären und Menschen verletzt hätten.“

Abriss: Als die Linzer dann am 26. Februar 2016 „ihre“ Eisenbahnbrücke zum letzten Mal queren konnten, war das für manche ein emotionaler Abschied. Im Sommer 2016 wurde mit dem Abriss der Brücke begonnen, die 116 Jahre mit dem Stadtbild verbunden war.

So fehlt die dritte Brücke zur Donauquerung seit zweieinhalb Jahren. Weitere zwei Jahre wird der Neubau dauern. Bei der für Herbst 2020 angepeilten Eröffnung wird sich – nach in Summe 4,5 Jahren Wartezeit – vielleicht auch der Zorn mancher Linzer gelegt haben.