"Je mehr du arbeitest, umso weniger verdienst du"

Von Herbert Schorn   12.Juli 2018

Seit fünf Jahren führt Dieter Mojzischek eine Ordination als praktischer Arzt im Linzer Süden. Die Arbeit macht ihm Spaß. In der Diskussion um den drohenden Ärztemängel kritisiert er aber das Honorierungssystem der Krankenkasse und die vielen zusätzlichen Dienste, etwa an den Wochenenden oder Feiertagen. Beides mache die Arbeit immer unattraktiver, sagt der 42-Jährige.

 

OÖN: Sie sind seit fünf Jahren Hausarzt. Macht’s Spaß?

Mojzischek: Ja, es macht Spaß. Die Allgemeinmedizin ist sehr abwechslungsreich. Man weiß nie, mit welchen Anforderungen man konfrontiert wird. Das macht diesen Beruf so spannend.

Was sind die Herausforderungen als praktischer Arzt?

Besonders herausfordernd ist die große Bandbreite. Man muss sich in sämtlichen Fachbereichen auskennen. Daher ist es wichtig, dass man sich intensiv fortbildet, um ständig auf dem Laufenden zu bleiben.

Was gefällt Ihnen weniger an der Arbeit?

Die Auflagen werden immer mehr, von der Ordinationsevaluierung bis zur Datenschutzgrundverordnung. Der Verwaltungsaufwand wird immer größer.

Es gibt immer weniger Hausärzte. Sogar in Linz bleiben Stellen unbesetzt. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Zum einen an der Honorierung. Wir verlieren viel Geld durch Limitierungen. Je mehr du arbeitest, umso weniger verdienst du, umso geringer wird die Honorierung. Das hält viele Junge davon ab, diesen Beruf zu ergreifen. So ist zum Beispiel die Zahl der EKG (Elektorkardiagramm, Anmerkung), die ich durchführen darf, limitiert. Alles, was über einer gewissen Grenze liegt, wird nicht mehr bezahlt. Ähnlich ist es bei gewissen Gesprächen oder anderen Leistungen. Der Frust darüber ist in der Kollegenschaft sehr groß. Der zweite Punkt sind die vielen Verpflichtungen, etwa die Nachmittagsbereitschaften oder Sonntags- und Feiertagsdienste. Das ist gerade für ältere Kollegen ein Problem. Sie haben während der Woche eine extreme Arbeitsbelastung und wollen keine Zusatzbelastung am Wochenende.

Was müsste sich Ihrer Ansicht nach ändern, um mehr junge Menschen für den Beruf zu begeistern?

Die Limitierungsgrenzen müssten schnellst möglich wegfallen. Der Ärztemangel ist ein europäisches Problem. Oberösterreich steht nicht nur mit Österreich, sind mit ganz Europa in Konkurrenz.

Was droht, wenn sich nichts ändert?

Es droht ein Kahlschlag der allgemeinen medizinischen Versorgung. Die Spirale dreht sich immer schneller: Viele ältere Kollegen stehen kurz vor der Pension, immer weniger junge kommen nach. Wenn Stellen nicht besetzt werden können, steigt die Arbeitsbelastung bei den Ärzten in der Umgebung noch mehr.

Wenn Sie ihren Beruf noch einmal wählen könnten: Würden Sie wieder Arzt werden?

Ganz klar: ja. Das ist mein Traumjob.

Werden Sie bis zu Ihrer Pensionierung praktischer Arzt in Linz bleiben?

Das kann ich derzeit nicht sagen. Das hängt von vielen Faktoren ab. Aber unter den derzeitigen Bedingungen würde ich sagen: Ich wage es zu bezweifeln, dass ich bis zur Pension Allgemein-Mediziner mit Kassenvertrag bleibe.