"Ich wollte ein Werk drehen, das die Filmindustrie so nie gestattet hätte"
LINZ. Künstler Peter Kubelka zeigt heute im Linzer Lentos sein revolutionäres Afrika-Werk
Stellen Sie sich vor, Sie laden einen Freund ein, auf eine Afrikareise mitzukommen. Er ist gut mit der Kamera und soll ein Homevideo als Andenken von Ihrer mehrwöchigen Safari durch den Südsudan drehen. Und was kommt heraus? Ein Werk, das das komplette Gegenteil ist. Dafür aber ein Stück internationale Filmgeschichte.
So erging es Freunden des renommierten Künstlers Peter Kubelka. Heute zeigt der Mitgründer des Österreichischen Filmmuseums in Wien, der aus Taufkirchen an der Pram stammt, das Werk "Unsere Afrikareise" (1966) im Lentos, wo es Teil der Schau "Wer war 1968?" ist (mehr in der Box).
Fünf Jahre für 12,5 Minuten
"Ich wollte damals ein Werk drehen, das die Filmindustrie so nie gestattet hätte", sagt Kubelka. Das würde sie auch heute nie im Leben. Denn für den 84-Jährigen ist Film nichts, was man sich einverleibt, "nur weil einem gerade fad ist".
"Ich sehe und ich sah im Film die Möglichkeiten, wie sie Malerei, Dichtung und Skulptur haben. Grundlage dafür ist, dass der Filmemacher frei sein muss. Und das geschieht erst in der Arbeit", sagt der Wahlwiener, der ohne fixe Idee für eine mögliche Aussage im Sudan filmte. Heim kam er mit gut eineinhalb Stunden Bild- und 14 Stunden Tonmaterial. Verdichtet hat er es fünf Jahre lang.
"Dafür habe ich mir wie ein Dichter selbst mein Vokabular verschafft." Die einzelnen Bilder hat er auf Karteikarten übertragen, die Töne transkribiert. "Das habe ich dann auswendig gelernt."
Dann hat er Bilder und Töne arrangiert – am Ende steht bis heute ein Kurzfilm von 12,5 Minuten Länge. Dass man Film in zwei Teilen bearbeiten kann, separat in Bild- und Tonstreifen, hat Kubelka in Linz erkannt, als er hier sein Werk "Mosaik im Vertrauen" (1955) drehte. Klar wurde ihm auch, wie raffiniert sich mit beiden Elementen spielen lässt, wenn man etwa den Zuseher etwas hören lässt, was gar nicht aus dem Gezeigten stammt und dazu passt. Das reizt. "Denn wir Menschen sind darauf geprägt, Bild und Ton stets als zusammengehörig wahrzunehmen", sagt Kubelka. So hört man bei "Unsere Afrikareise" einen Schuss, zu sehen ist aber Afrikas pralle Schönheit. "Oder man sieht einen tödlichen Schuss und hört nur das Wort ,so’ – das ist pure Langeweile."
Dank dieser innovativen Filmsprache ist sein Werk weltweit bekannt und ständiger Unterrichtsstoff an US-Filminstituten. "Dieser Film war ein Wendepunkt in meinem Künstlerleben und hat mir auch zu Lehrstellen verholfen."
An der Universität in San Francisco wurde er 1967 auch hautnah Zeuge jener Studentenaufstände, die die 68er-Epoche prägten. "Am Campus hat es immer wieder gebrannt, ich habe drinnen unterrichtet." Seine Studenten waren es auch, die für ihn ausverhandelten, dass er länger als das zunächst veranschlagte Halbjahr bleiben konnte.
Person und Info
Peter Kubelka: Aufgewachsen in Taufkirchen a. d. Pram , wo ihn seine Tante, eine Lehrerin, prägte. Wiener Sängerknabe, Juniorenmeister (Diskuswerfen, Judoka), Künstler, Regisseur, Lehrender, Mitbegründer des Filmmuseums in Wien.
„Unsere Afrikareise“: Heute, 19 Uhr, Lentos, Eintritt: 4 Euro, alle Infos: www.lentos.at
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