"Ich drücke durch Musik aus, was nicht gesagt werden kann"

Von Reinhold Gruber   09.November 2018

Die von den OÖN präsentierte "Lange Nacht der Bühnen" am 10. November wird die Linzer Songwriterin Sandra E. Mae zu einer Premiere nutzen. "Yin & Yang" verbindet im Maestro Theater in Linz ein Live-Konzert mit einer Tanzshow. Was es damit auf sich hat, hat die Künstlerin im Interview verraten.

 

OÖN: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Musik und Tanz zu einer 40-minütigen Konzert-Show zu kombinieren?

Sandra E. Mae: Mich hat die Welt der Dualität immer fasziniert. Kann es Licht geben, wenn es die Dunkelheit nicht gäbe? Kann man Freude empfinden, ohne jemals Schmerz gespürt zu haben? Im Zen-Buddhismus heißt es: Alles ist Nichts – so wie wir Alles und Nichts sind. Für mich bedeutet das, dass Dinge, Menschen und Ereignisse immer die Bedeutung bekommen, die wir ihnen verleihen.

Yin und Yang darf man in deiner Definition dann als Gesang und Tanz verstehen?

Yin und Yang kann vieles bedeuten und symbolisieren. Im Falle des Konzertprojektes steht es natürlich einerseits für die Begegnung und Verschmelzung von Gesang und Tanz, andererseits auch für alle Arten der Gegensätze, die sich in unserer Außen- und Innenwelt widerspiegeln: Liebe und Hass, Vertrauen und Zweifel, Festhalten und Loslassen. Wer aufmerksam ist, wird anhand meiner Texte und innerhalb der Choreografien der Tanzcompagnie ATEM viele kleine Details zu diesem vielfältigen Thema entdecken.

Die Mystik hat in Ihrem künstlerischen Leben immer eine besondere Rolle gespielt. Woher kommt diese Begeisterung?

Die Mystik hat mich schon immer begeistert, ja, das ist richtig, obwohl es einen genauen Grund dafür aber nicht gibt. Fakt ist, wir alle fühlen uns zum Mystischen und Magischen hingezogen. Wollen wir nicht alle daran glauben, dass es irgendwo da draußen etwas gibt, das uns auffängt, wenn wir fallen, und uns wärmen wird, wenn uns irgendwann der Tod umarmt? Ich bin kein religiöser Mensch und lebe schon lange ohne Bekenntnis, aber ich glaube daran, dass es viele Dinge gibt, die wir mit unseren menschlichen Sinnen nicht greifen, nicht begreifen können.

Für mich sind Sie eher ein Lichtmensch. Wie macht sich die "dunkle Seite" in oder an Ihnen bemerkbar?

Dass ich nach außen hin wie ein "Lichtmensch" wirke, überrascht mich immer wieder. Nicht immer war und ist alles in mir Licht – ganz im Gegenteil, die Dunkelheit war für mich lange Zeit eine sehr intensive und schmerzhafte Begleiterin. Viele Menschen gelangen so wie ich früher oder später an einen Punkt in ihrem Leben, an dem es vermeintlich kein Zurück mehr aus der Dunkelheit gibt: Tod, Krankheit oder Missbrauch – die Liste ist lange. Die dunkle Seite nahm bei mir überhand, als ich diese Lasten nicht mehr tragen konnte. Wie es ist, durch eine lange Phase von Depression und Angststörung zu gehen, ist mit Worten nicht zu beschreiben. Tatsache ist: Ich habe sie überlebt – und dabei gelernt, dass ich der "dunklen Seite" selbst Macht verleihe – aber ihr diese Macht auch nehmen kann.

Wenn jemand überhaupt keine Ahnung hat, was Sie hier machen, wie würden Sie es ihm in einfachsten Worten erklären?

Ich schreibe. Ich singe. Ich drücke durch Musik aus, was nicht gesagt werden kann, aber auch nicht gesagt werden muss, weil es spürbar ist. Und wenn man etwas spüren kann, kann es etwas in einem bewegen – und wenn sich etwas in einem bewegt, ist das immer ein Hauch von Freiheit.

 

Wohin sonst bei der Langen Nacht der Bühnen?

Obwohl sie bereits zum achten Mal stattfindet, ist die Lange Nacht der Bühnen in Österreich nach wie vor einzigartig. Und es sind gleich 32 Bühnen, auf denen die Nacht lange wird. Insgesamt können Zuseher am Samstag, 10. November, 101 Veranstaltungen besuchen. Für die ganz Kleinen geht es bereits um 14 Uhr mit einem Kinderprogramm los.

Das Musiktheater am Volksgarten fungiert dabei heuer erstmals als zentrale Drehscheibe. Im Eingangsfoyer gibt es einen Info-Point, in den Spielstätten ein umfangreiches Programm. Erstmals wird auch das Brucknerhaus ein eigenes Programm zeigen, und das Central ist nach einer Pause mit einem Musikschwerpunkt wieder dabei.

Theatergruppen improvisieren

Neue Veranstaltungsorte sind der Cinematograph, der Klaviersalon Merta und der Mariendom mit den Domfrauen. Traditionellerweise findet im Lentos ein Tanzschwerpunkt statt. In der Arbeiterkammer Oberösterreich ist wie immer das Kabarett-Zentrum untergebracht.

Es wird aber auch viel improvisiert in der Langen Nacht der Bühnen, die bis Mitternacht dauert. Gleich vier Theatergruppen werden ihre Stücke ohne vorgeschriebene Handlung präsentieren. Und Neues zu zeigen, ist auch der Anspruch, den Geschäftsführer Rauch an seine Programmierung stellt: „Wir zeigen nur neue Produktionen, damit es für das Publikum spannend bleibt.“ Die Eintrittskarten, die zwölf Euro kosten, berechtigen auch für die kostenlose Benutzung der Linz AG Linien. Alle Informationen finden Sie im Internet unter: langenachtderbuehnen.at