"Archäologie ist ein bisschen wie Lego spielen"

Von Christopher Buzas   27.Mai 2016

Türkei, Ägypten und Italien – Länder, in denen andere ihren Urlaub verbringen, bereist Ursula Quatember beruflich. Als Archäologin ist die 40-jährige Traunerin, die mittlerweile in Wien lebt, regelmäßig mehrere Monate am Stück im Ausland. Mit den OÖNachrichten sprach sie über ihren Job, die Zerstörung von Palmyra durch den IS und einen möglichen Wiederaufbau mit Hilfe von 3D-Druckern.

 

OÖNachrichten: Wie sehr leiden Sie als Archäologin unter der Zerstörung von Kulturdenkmälern wie jenem in Palmyra?

Ursula Quatember: Bei einem Bürgerkrieg stehen natürlich die Menschen im Vordergrund. In erster Linie leide ich also mit den Betroffenen mit. Natürlich werden auch wichtige Denkmäler zerstört, die für die syrische Bevölkerung einen Teil ihrer Identität ausmacht.

Experten überlegen, Palmyra mit Hilfe von 3D-Druckern wieder aufzubauen. Sie sind gegen diese Überlegungen. Warum?

Meine größte Sorge ist, dass durch die Nachbauten mit 3D-Druckern ein archäologisches Disneyland entsteht. Die durch diese Technik produzierten Materialien sind aus Plastik. Grundsätzlich muss man sich gut überlegen, welche Methode man anwendet, um so ein Kulturdenkmal wieder aufzubauen.

Würde es Sie reizen, beim Wiederaufbau mitzuhelfen?

Es wäre natürlich eine Verpflichtung, die Kräfte zu bündeln und im Rahmen der eigenen Kompetenz mitzuhelfen. Wichtig wäre, mit Experten zu diskutieren, auf welche Weise der Wiederaufbau gelingen soll.

Sie haben in Ihrem Job schon verschiedene Ländern kennengelernt. Hatten Sie bei den Auslandseinsätzen nie Heimweh?

Nein, ich bin ja immer nur zwei, höchstens drei Monate durchgehend im Ausland. In der heutigen Zeit ist es dank Mobiltelefon und Internet jederzeit möglich, mit der Familie oder Freunden Kontakt aufzunehmen. Noch dazu ist mein Mann ebenfalls Archäologe, da sind wir auch gemeinsam bei Projekten unterwegs. Generell braucht man in diesem Beruf aber eine gewisse Lust am Reisen. Und es ist auch wichtig, sich gerne auf andere Kulturen einzulassen.

Als Laie glaubt man, dass Archäologen mit einem Schauferl ein bisschen in der Erde graben. Wie sieht die Wirklichkeit aus?

Graben ist nur ein kleiner Teil des Jobs. Ich bin sehr viel mit Architektur beschäftigt. Dabei geht es vor allem darum, Dinge, die schon ausgegraben wurden, zu rekonstruieren und zu überlegen, wo die Funde hingehört haben könnten. Ich vergleiche das immer ein bisschen mit Lego spielen. Da gibt es beim Lego-Haus auch viele einzelne Teile, bei denen man überlegen muss, wo sie hingehören.

Wann haben Sie Ihre Leidenschaft für den Beruf entdeckt?

Ich habe mich schon früh dafür interessiert und auch immer für Geschichte begeistert. Das Schöne ist, dass ich als Archäologin auch Objekte ausgraben kann.

Derzeit sind Sie an der Universität Graz beschäftigt. Wie schwierig ist es als Archäologin, eine Stelle zu bekommen?

Es werden in Österreich meistens nur Zeitverträge angeboten. Es ist derzeit nicht leicht, Geld für die Forschung zu bekommen.

Gibt es Ausgrabungsstätten, an denen Sie schon immer einmal tätig sein wollten?

Das hängt immer vom Angebot ab. Es gibt so viele spannende Plätze, dass ich gar keine konkreten nennen kann. Meine erste Ausgrabung war in Teurnia. Das kennen die wenigsten und liegt in Kärnten bei Spittal an der Drau.