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"Justiz 4.0": Wenn künstliche Intelligenz künftig Akten überprüft

Von Robert Stammler   23.Mai 2019

Es war gestern um 10.29 Uhr, als im Seminarraum des Arcotels in Linz die Tür aufging und ein unerwarteter Gast mitten in den Vortrag des JKU-Rechtsprofessors Michael Mayrhofer "platzte". Der Experte für öffentliches Recht, er leitet das "Law Lab" des "Linz Institute of Technology" (LIT), referierte gerade vor 100 Richtern aus ganz Österreich im Rahmen der Richterwoche, die noch bis heute in Linz stattfindet. Der plötzlich auftauchende Gast war Justizminister Josef Moser (VP), der aufgrund der aktuellen Regierungskrise am Montag zum Auftakt der Richterwoche noch vermisst worden war. "Ich habe versprochen zu kommen, und ich halte mein Versprechen", sagte der Minister.

Nach der Angelobung der neuen Mitglieder der Übergangsregierung reiste Moser nach Linz, um die Richter über die weitere Marschroute zu informieren: Der neue Nationalrat werde voraussichtlich am 8. oder am 15. September gewählt, das Justizbudget solle Ende November, Anfang Dezember verhandelt werden.

"Wir werden das Ibiza-Video sehr schnell aufarbeiten, um erneut zu zeigen, dass die Justiz ihren Aufgaben nachkommt", sagte Moser. Die Rechtsprechung sei "Säule für Rechtsstaat und Demokratie". Der Applaus des Publikums war ihm gewiss. Moser bedankte sich bei der "Gastgeberin", Oberlandesgerichtspräsidentin Katharina Lehmayer, und den Organisatoren und betonte die Notwendigkeit der weiteren Digitalisierung der Justiz, um sich nach zehn Minuten wieder Richtung Wien zu verabschieden: zur Ministerratssitzung um 14 Uhr. "Digital Justice", das war das große Thema der Richterwoche, die größte Fortbildungsveranstaltung der Justiz.

Wenn Programme Akten prüfen

Dabei ging es nicht nur um neue Rechtsfragen, auf die die Richter künftig Antworten finden müssen, sondern auch um die Chancen einer verstärkten "digitalen Transformation des Rechtsstaates". Künstliche Intelligenz könne zum Beispiel künftig in der Lage sein, zeitsparende Aktenvorprüfungen durchzuführen, trug Mayrhofer vor. Die Digitalisierung könne auch eine "bessere Partizipation" der Parteien eines Verfahrens bewirken. Mündliche Verhandlungen hätten freilich auch eine "Befriedungsfunktion". Ob die Digitalisierung von Prozessen hier einen "Mehrwert" darstelle, sei fraglich, sagte Mayrhofer.

Software und Produkthaftung

Über die fortschreitende Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf das Zivilrecht sprach Stefan Perner, der an Wirtschaftsuniversität Wien lehrt. Der Forscher thematisierte u. a. Haftungsfragen nach Unfällen mit selbstfahrenden Autos. Was etwa, wenn ein Software-Fehler zu einer Kollision führt? "Ist die Software ein Produkt nach dem Produkthaftungsgesetz?" Vermutlich ja, aber der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) habe dazu noch keine Entscheidung getroffen. Verschuldens- oder Gefährdungshaftung? Leider gebe es kein europaweit einheitliches Haftungsrecht.

Zu Wort kamen bei der Richterwoche auch Techniker, wie der Linzer Informatiker Sepp Hochreiter von der Johannes Kepler Uni. Gestern Abend stand zudem noch ein Besuch im "deep space" des Ars Electronica Centers auf dem Programm.

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25. April 2024