Jahrhundertflut war eine Zeitenwende für das Machland
BEZIRK PERG. Das Hochwasser 2002 hat viele Strukturen in den Donaugemeinden nachhaltig verändert
Mit Überflutungen hatten die Menschen im Machland seit Generationen zu leben gelernt. Viele Siedlungen zwischen Naarn und Saxen bestanden seit Jahrhunderten. Oder noch deutlich länger, wie die Ausgrabungen rund um das Keltendorf in Mitterkirchen belegen.
Dennoch brachte das Hochwasser des Jahres 2002 eine Zeitenwende, wie der damalige Bürgermeister von Baumgartenberg und Obmann des Hochwasserschutzverbands Machland, Erwin Kastner, gegenüber den OÖNachrichten resümiert: "Der Schaden war so über jeder Vorstellungskraft, dass es keinen anderen Ausweg gab, als den Bau des Machlanddamms mit aller Kraft voranzutreiben und zugleich jene mehr als 250 Häuser abzusiedeln, für die kein Schutz gewährleistet werden konnte."
An die Ereignisse vom August 2002 kann sich Kastner, der diese Zeit auch in seinen vor zwei Jahren erschienenen Memoiren in Buchform festgehalten hat, bestens erinnern: "Es war in jeder Hinsicht ein Jahrhundertereignis. Zwei Hochwasserwellen haben sich überlagert. Dazu kam, dass der Boden von der ersten Welle noch so vollgesogen war mit Wasser, dass er nichts mehr speichen konnte." Er selbst habe die Tage der Flut "wie im Bunker" erlebt, sagt Kastner: "Es war ein Schock. Was passiert hier?" E r habe die Meldungen der Einsatzorganisationen verfolgt, stündlich auch den Pegel der Donau: "Ich habe inständig gehofft, dass das Wasser endlich zu sinken beginnt."
Auf Erleichterung folgte Schock
Dieser Moment kam erst am dritten Tag der Flut – am 14. August. Kastner: "Ab da konnten wir Hoffnung schöpfen. Sobald es möglich war, bin ich eine Runde gefahren, um mir ein Bild vom Ausmaß des Schadens zu machen. Wie sich gezeigt hat, war es die Katastrophe pur. Es war nicht einfach, den Menschen Mut zuzusprechen." Sehe er heute Bilder zerstörter Häuser, etwa in der Ukraine, erinnere ihn das an die Lage vom August 2002 in seiner Heimatgemeinde.
Mindestens so präsent wie die Bilder von der Zerstörung sind für viele Menschen im Machland aber auch die Erinnerungen an die Hilfsbereitschaft, die danach einsetzte. In Baumgartenberg waren es vor allem Feuerwehrleute aus dem Zillertal, die beim Aufräumen geholfen haben. Doch nicht nur das: 30 Kinder aus Baumgartenberg wurden eingeladen, eine Woche Ferien im Zillertal zu verbringen. Dabei entstanden Freundschaften, die bis heute Bestand haben. Auch bei Erwin Kastner, der den Jahrestag zum Anlass genommen hat, dem Zillertal wieder einmal einen Besuch abzustatten: "Ein schönes Erlebnis, ausgelöst durch ein tragisches Jahrhunderthochwasser."
Der ehemalige Bürgermeister bezweifelt, dass ein derartiges Zusammenstehen wie in den Tagen nach der Flut heute noch möglich wäre: "Corona hat so einen Riss in unsere Gesellschaft getrieben. Die ganzen Hasskommentare, das gab es damals nicht. Da stand vielmehr die Hilfe an erster Stelle."
Totalschaden für Gasthäuser an der Donau, flexible „Stadtbahn“
Wie ein Flaschenhals sammelte sich das Wasser der Donau beim Eingang des Strudengaus. Entsprechend dramatisch spitzte sich die Lage im August 2002 in Grein zu. Hier war es vor allem die zweite Welle, die das Wasser weit über die Ufer hinaus ansteigen ließ. Sportplatz, Campingplatz und das Freibad-Areal wurden schwer in Mitleidenschaft gezogen.
Vor allem aber standen die Häuser an der Donaupromenade zwischen Kreuznerbach und Greinerbach mehr als zwei Meter unter Wasser, darunter zahlreiche Gast- und Kaffeehäuser. So wie das Gasthaus Schinakl, an der Schiffsanlegestelle direkt an der Donau, das beinahe bis zum Dach im Wasser stand. Oder die für ihre Eisspezialitäten bekannte Konditorei Schörgi: Sieben Mal war das Haus bereits unter Wasser gestanden, 2002 wurde auch der erste Stock überflutet. Da er seinen Standort an der Donau nicht aufgeben wollte, riss Besitzer Helmut Schörgi das Gebäude nach der Flut ab und baute es hochwassersicher wieder neu auf, um es im Jahr darauf zu Pfingsten neu eröffnen zu können.
Eine wichtige Funktion im Alltag übernahm in besagten Tagen die Donauuferbahn. Zwar war auch diese flussaufwärts von Grein schwer beschädigt, doch zwischen den beiden Haltestellen in Grein war ein stadtinterner Betrieb möglich. Dieser verband dann auch die durch das Wasser getrennten Stadtteile im Osten mit jenen im Westen. „Die Leute sind in Grein-Stadt eingestiegen, um zum Bahnhof Grein-Bad Kreuzen zu kommen. Wir haben damit unsere Klienten vom Wohnhaus in unsere Tagesheimstätte gebracht“, erinnert sich der langjährige Leiter der Lebenshilfe in Grein, Walter Edtbauer. Mittlerweile verfügt Grein über einen mobilen Hochwasserschutz.
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