"Wir können nur den Betrieb am Laufen halten"
BEZIRK RIED. Reichersberg hat die beste, Geiersberg die schlechteste Bonität im Bezirk Ried – Die Bürgermeister im Gespräch.
Reich, reicher, Reichersberg!
Die beste Bonität im Bezirk Ried hat die Gemeinde Reichersberg, oberösterreichweit liegt sie auf dem beachtlichen dritten Platz. Bürgermeister Bernhard Öttl (VP) im Interview mit den OÖNachrichten.
Rieder Volkszeitung: Wie ist die gute Bonität von Reichersberg zu erklären?
Der Hauptgrund sind die vielen tollen Firmen. Die machen den Unterschied zu den anderen Gemeinden aus. Den ganz großen Unterschied macht FACC aus. So viele Arbeitsplätze in einer kleinen Gemeinde sind eigentlich nicht normal!
Was wäre, wenn FACC absiedeln würde?
Das erste Jahr wäre sicher kritisch. Dann würden wir halt mehr Förderungen bekommen. Die Bonität bescheinigt uns ja nur, dass wir, wenn wir uns Geld ausleihen würden, gut da stehen.
Was hat der Bürger davon, in der reichsten Gemeinde zu wohnen?
Wenn die Frage darauf abzielt, ob die Gebühren niedriger sind, muss ich Sie enttäuschen. Wir müssen uns an die Richtlinien des Landes halten. Bei den Kanal- und Wassergebühren orientieren wir uns an den Minimum-Gebühren, darunter dürfen wir nicht. Zumindest hat der Bürger die Gewähr, dass seine Gemeinde in Krisenzeiten nicht gleich blank ist. Die Vereinsförderungen sind marginal größer als in anderen Gemeinden. Aber wir schmeißen nicht mit Geld um uns.
Wie gehen Sie mit Neidern um?
Spaßhalber sage ich meistens, dass wir eigentlich die ärmste Gemeinde sind. Weil wir die wenigste Förderung bei Projekten bekommen. Wenn wir uns etwas leisten wollen, müssen wir schließlich selber 80 Prozent oder mehr bezahlen.
Gibt es einen Luxus, den sich Reichersberg leistet?
Uns wird nachgesagt, dass wir eine sehr schlanke Verwaltung haben, wir dürften mehr Personal einstellen. Der einzige Luxus ist, dass wir halt relativ unabhängig sind. Wenn wir vielleicht ein neues Gemeindeauto brauchen, weil das alte den Geist aufgegeben hat, brauchen wir nicht zehn Instanzen, um schnell ein neues Auto zu bekommen.
Momentan wird ein neues Gemeindeamt gebaut. Wie viel Geld gibt die Gemeinde hier aus?
Die Kosten belaufen sich auf zwei Millionen Euro. Das Gebäude bietet auch Platz für die Vereine und soll bis Sommer fertig sein.
2020 wird ein erfolgreiches Jahr, wenn...
Die Menschen in der Gemeinde glücklich sind und wir von tödlichen Unfällen verschont bleiben.
„Wir können nur den Betrieb am Laufen halten“
Seit 2015 ist Friedrich Hosner (SP) Bürgermeister von Geiersberg. Seine Gemeinde ist im Bonitäts-Ranking das Schlusslicht im Bezirk Ried.
Rieder Volkszeitung: Geiersberg ist die finanzschwächste Gemeinde des Bezirkes. Wie groß sind die Probleme?
Friedrich Hosner: Es ist sehr schwer für uns. Wir müssen jeden Euro zweimal umdrehen, bevor wir ihn ausgeben. Selbst kleine Reparaturen in der Größenordnung von 300 bis 400 Euro tun schon weh. Außergewöhnliche Ausgaben können wir nicht machen, wir halten eigentlich nur den Betrieb am laufen.
Was sollte trotz Finanznot demnächst realisiert werden?
Geiersberg wäre eigentlich lukrativ für Gewerbebetriebe. Die Lage ist gut und die Verkehrsanbindung ebenfalls. 2019 gab es viele Nachfragen. Aber eine so kleine Gemeinde tut sich irrsinnig schwer, eine lukrative Infrastruktur zu schaffen.
Geiersberg ist schon seit vielen Jahren eine Abgangsgemeinde. Oder hat sich da etwas geändert?
Ja, wir waren über viele Jahre eine Abgangsgemeinde. Die vergangenen zwei Jahre haben wir allerdings erstmals eine schwarze Null geschafft. Ob das auch weiterhin gelingen wird, da bin ich aber eher skeptisch.
Gemeindefinanzierung neu, hat das etwas für Geiersberg gebracht?
Die Aufteilung der Gelder bringt für kleine Gemeinden sicher Vorteile. Vor allem ist mehr Transparenz geschaffen worden. Man kann sich auch die vielen Bettelfahrten nach Linz ersparen. Es ist eine Evaluierung angedacht, aber mehr Geld wird es wohl trotzdem nicht geben.
Hat der Bürger einer finanzschwachen Gemeinde Nachteile?
Ja, zumindest bei den Gebühren. Eine reiche Gemeinde muss nicht auf das Maximum gehen, wir haben diese Vorgabe vom Land. Die Pflichtausgaben für den Bürger sind in einer finanzschwachen Gemeinde immer am höchsten.
Wenn Sie eine Million Euro zur Verfügung hätten. Wie würden Sie das Geld verwenden?
Ich würde lukrative Baugründe für Häuslbauer und kleine Gewerbebetriebe anbieten. Damit wir ein wenig wachsen. Davon hängen auch der Kindergarten und die Schule ab. Wenn ich keinen Zuzug habe, wird sich das Thema in den nächsten fünf Jahren erübrigen.
Wie sinnvoll wäre es, kleine Gemeinden zu einer großen zu „vereinen“?
Es hat sich eigentlich gezeigt, dass es kein großes Einsparungspotenzial gibt. Außerdem hat jede Gemeinde ihr eigenes „ICH“. Man verliert die Identität, und auch die Vereine sind davon betroffen.
Bonitätsranking
Der entscheidendste Faktor bei der Bonitäts-Bewertung durch die Direktion Inneres und Kommunales (IKD) ist die sogenannte "Quote der freien Budgetspitze". Sie gibt – vereinfacht gesagt – an, wie groß der finanzielle Handlungsspielraum einer Gemeinde im Verhältnis zu ihren Einnahmen ist. Ist dieser Wert größer als sechs Prozent, erhalten Kommunen in der Regel die Bestnote.
Reichersberg erhielt in der Bewertung die Note 1, auch Geiersberg hat sich von 5 C auf die Note 3 verbessert
Ich verstehe nicht warum man diese Kleinstruktur noch am Leben erhält. Für nur 502 Einwohner ein eigene Verwaltungseinheit! Gleich nebenan liegt St. Marienkirchen mit 870. Selbst die zwei Gemeinden zusammen sind eigentlich noch zu klein!
Ist zwar unpopulär in den betroffenen Gemeinden aber hier müsste im Sinne der Allgemeinheit zusammengelegt werden!