"Wir klauben lokales Wissen aus Schubläden und machen es sichtbar"

Von Marina Mayrböck   11.Februar 2019

"Am 5. September um 10 Uhr vormittags wurde ich verwundet von einer italienischen Granate wobei ich die rechte Hand verlor". Franz Steiner, der Schmied aus Hochburg-Ach, war 1917 im Ersten Weltkrieg in Südtirol. Er schrieb Tagebuch, Heinz Hübner hat ein paar Seiten leserlich abgeschrieben. Nachzuschlagen ist das alles in der Topothek Hochburg-Ach, dem Online-Geschichtsbuch, an dem der ganze Ort mitschreibt.

Seit sechs Jahren wird auf dieser Plattform lokale Geschichte gesichert. Von Interesse ist jenes Wissen, das bislang in keinem Archiv oder Chronik gespeichert ist. "Wir klauben Sachen aus Schubladen heraus und versuchen, Wissen aufzuheben", beschreibt Jakob Mersch den Arbeitsvorgang für das Hochburg-Acher Nachschlagewerk. In einer Topothek wird lokalhistorisch relevantes Material und Wissen, das sich in privaten Händen befindet, sichtbar gemacht. Wichtig sind vor allem Zeitzeugen.

Einzige Topothek im Innviertel

Aktuell ist die Hochburg-Acher-Topothek mit knapp 5800 Einträgen bestückt: Videos, alte Bilder, Texte, Dokumente. Das älteste Foto ist ein Sterbebild von Adalbert Sützl aus dem Jahr 1865. Alte Zeitungsausschnitte, etwa vom ersten Feuerwehreinsatz in Hochburg-Ach oder ein Berechtigungsschein von 1944 für 40 Gramm Pfeffer gibt es ebenfalls zu entdecken. "Manche sagen, die Topothek ist ein richtiger Zeitdieb, man kann nicht mehr aufhören zu schmökern", sagt Mersch.

Es gibt in Österreich 170 Topotheken, viele im "Ursprungsbundesland" Niederösterreich, 38 in Oberösterreich, eine einzige im Innviertel: in Hochburg-Ach. Jakob Mersch ist Obmann des Dorferneuerungsvereins "Hochburg-Acher Zukunft". Im Zuge dessen ist er auf diese Onlineeinrichtung, die Alexander Schatek aus St. Pölten entworfen hat, gestoßen. Mersch würde sich freuen, wenn mehrere Innviertler Gemeinden auf diese Art und Weise Geschichte schreiben würden. Die Topothek sei einfach handzuhaben, jeder kann ohne großen Aufwand etwas beitragen. Mersch fungiert als Administrator, der alles sichtet, bevor etwas online gestellt wird. Wichtig vor allem in Bezug auf Kriegsgeschehnisse: "Wir werten und urteilen nicht", sagt der 70-Jährige, der viele Gespräche mit Personen im Ort führt und Fingerspitzengefühl beweist, denn ihm kommt "allerhand unter". Manchmal ist es besser, die Vergangenheit ruhen zu lassen. "Es sind schöne Erlebnisse, die schlechten vergisst man wieder", sagt der gelernte Schweißer. Sein Appell: Fotos in Alben immer gut beschriften! Und zwar so, "dass sich eine fremde Person zurechtfindet und die Schätze nicht weggeworfen werden".

Infos: https://hochburg-ach.topothek.at. Kontakt: 0677/61862939, jakob.mersch@aon.at