"Wenig Leerstände und Investitionsschub in Braunau"
BRAUNAU. Digitalisierung und Einkaufszentren wirkten sich auf die Städte aus, gemessen an der Leerstandsquote stehe Braunau aber besser da als der Durchschnitt, sagt Braunaus Stadtchef Johannes Waidbacher
Über Chancen, Herausforderungen und die Zukunft des Stadtplatzes: Bürgermeister Johannes Waidbacher (VP) im Gespräch mit den OÖNachrichten.
Das Leben in der Stadt ändert sich, die Folgen werden vielerorts sichtbarer, etwa in Form von Leerständen. Auch in Braunau?
Die Welt ist im permanenten Wandel. Megatrends wie Digitalisierung und Mobilität wirken auf das Leben in unseren Städten. Dem kann man sich nicht entziehen. Durch Einkaufszentren und den Onlinehandel wandelt sich die Nutzungsstruktur der Stadtzentren. In Braunau haben wir eine sehr attraktive Innenstadt. Gemessen an der Leerstandsquote stehen wir besser da als der Durchschnitt. In Braunau spüren wir derzeit vielmehr einen Investitionsschub, mit umgesetzten, laufenden und geplanten Renovierungen von Gebäuden und Geschäftslokalen, z. B. von der Salzburger Vorstadt bis zum Ringstraßenbereich.
Was fehlt dem Braunauer Stadtplatz?
Eine Herausforderung in der Innenstadt ist es, größere zusammenhängende Geschäftsflächen zu bieten. Bedingt ist das durch die Gebäudestrukturen der historischen Altstadthäuser. Jedoch sind aktuell einige interessante Projekte in Umsetzung oder in Vorbereitung. Derzeit werden die Fragen des Verkehrs, der Parkplätze und der Erreichbarkeit diskutiert. Wobei hier die Interessen der verschiedenen Gruppen teils auseinanderweichen. Hier gilt es gute, ausgewogene Lösungen zu suchen, was wir zum Beispiel mit einem Mobilitätskonzept weiterverfolgen. Aus einem aktuellen Beteiligungsprozess nehmen wir die Vision des "Lebendigen Stadtplatzes" mit. Die Ziele sind, dass sich der Stadtplatz als "Begegnungszone für alle" präsentiert und die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt weiter gesteigert wird.
Was braucht ein florierendes Zentrum?
Handel und Gastronomie, Flanieren und Feiern, Arbeiten und Wohnen, historisches Ambiente und kulturelle Angebote: Allgemein sorgen die gute Mischung und Vielfalt für Frequenz. Unsere lebendige Innenstadt ist ein Gesamterlebnis. Eine stetige Herausforderung ist es, an einem gesunden Branchenmix zu arbeiten. Der ist bei uns grundsätzlich gut, in einigen Bereichen wären zusätzliche Geschäfte wünschenswert. Der tägliche Blick in die Innenstadt zeigt: Es sind viele Menschen unterwegs, die Frequenz ist erfreulich hoch.
In Braunau stehen – zwar weniger als andernorts – dennoch einige Lokale leer. Wie viele sind es?
Kleinstädte haben generell im Zentrum eine etwas höhere Leerstandsrate als Großstädte. Durchschnittlich liegt diese bei rund 15 Prozent. In Braunau stehen wir besser da, der Leerstand liegt unter diesem Wert. Von aktuell 21 Leerständen befinden sich zehn in der Linzer Straße, sieben am Stadtplatz und vier in der Salzburger Vorstadt. Darunter sind aber auch Flächen mitgezählt, die derzeit aus unterschiedlichen Gründen nicht zur Vermietung stehen. Und: Ein gewisses Maß an Wechsel und Leerstand ist durchaus natürlich.
Gibt es Konzepte, wie man dagegen vorgehen kann?
Der erste Ansatz ist, Leerstand zu vermeiden. Dazu bündeln wir die Kräfte und suchen den Schulterschluss der Stakeholder: Bewohner, Eigentümer, Geschäftsinhaber und -betreiber, Politik, Verwaltung, Kaufmannschaft, Gastronomen und mehr. Wir sind auf einem guten Weg. Einige Projekte sind bereits verwirklicht, in Umsetzung oder in Planung. Das beste Mittel gegen Leerstand ist ein attraktives Gesamtumfeld, hier können wir als Stadtgemeinde ansetzen. Wir arbeiten laufend an der weiteren Verbesserung der Standortfaktoren, wie mehr Aufenthaltsqualität und weniger Durchzugsverkehr. Bei Leerflächen sollen auch kurzfristige Maßnahmen umgesetzt werden, von Gestaltungsmaßnahmen bis zu Pop-up-Stores. Aber auch dafür braucht es die Zusammenarbeit mit den Hausbesitzern.
Welchen Einfluss hat die Krise auf die Innenstadt?
Die Folgen der wechselnden Covid-Vorschriften sind offensichtlich. Die langfristigen sind derzeit kaum absehbar. In Braunau ist die Grenzschließung zu spüren, da ein wesentlicher Teil der Kunden aus dem benachbarten Bayern stammt. Es fehlt quasi eine Stadthälfte. Dies kann nur zum Teil durch zusätzliche Kundschaft aus dem Bezirk kompensiert werden.
Wie wird sich der Stadtplatz in Zukunft ändern müssen?
Im Bereich der Aufenthaltsqualität und der Verkehrsberuhigung wollen wir uns weiter verbessern. Eine lebendige Innenstadt bietet mit ihren gebündelten Angeboten und kurzen Wegen gegenüber Alternativen wie Einkaufszentrum und Onlinehandel auch wesentliche Vorteile in Bezug auf Klimafreundlichkeit, Mobilitätsgerechtigkeit und soziale Kontaktmöglichkeiten – der Stadtplatz ist also auch ein Modell für die Zukunft!