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"Schnitzelessen" der "alten Garde" endete vor Geschworenen

Von Thomas Streif   09.April 2021

Wegen eines "Treffens der alten Garde", wie es die Angeklagten selber bezeichneten, mussten sich drei Innviertler in Ried vor einem Geschworenengericht verantworten.

Staatsanwalt Franz-Joseph Zimmer wirft den Beschuldigten die Verbrechen der Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinne vor. Im Wesentlichen dreht sich der Prozess um einen Wirtshausbesuch des Trios, das von Rechtsanwalt Harald Korp verteidigt wird, im Mai 2019. Damals traf man sich zu siebt oder acht zum "Schnitzelessen" in einem Wirtshaus im Bezirk Schärding.

Auf Fotos jenes Treffens sind zwei der Angeklagten mit kurzen T-Shirts zu sehen. Das Problem dabei ist, dass bei den vielen Tätowierungen auf den Armen auch eindeutige Symbole der NS-Zeit – etwa eine Schwarze Sonne und eine Triskele – dabei sind. Der dritte Beschuldigte machte Fotos und veröffentliche diese in sozialen Netzwerken.

Zwei der Angeklagten sind bereits einschlägig vorbestraft. Einer war früher führendes Mitglied beim "Objekt 21", einem Neonazi-Verein in der Gemeinde Desselbrunn, Bezirk Vöcklabruck. Mehrere ehemalige Mitglieder dieses Vereins, darunter der 40-Jährige, wurden wegen verschiedener Straftaten zu unbedingten Haftstrafen verurteilt. "Schauen Sie sich bitte die Fotos dieses Treffens genau an, ob sie da etwas erkennen können", sagt Verteidiger Korp in seinem Eingangsplädoyer. Die Beschuldigten bekennen sich grundsätzlich schuldig, bewusst hätten sie die Tätowierungen aber nicht zur Schau gestellt. Fotos werden im Schwurgerichtssaal auf einer digitalen Leinwand gezeigt. Darauf ist einer der Angeklagten auf dem "Schild und Schwert Festival", einem Treffen für Neonazis in Deutschland, zu sehen.

"Was wird dort gespielt? Kuschelrock, Linksrock, Mittelrock oder Rechtsrock", will der vorsitzende Richter des Geschworenensenats, Stefan Kiesl, vom Angeklagten wissen. "Es ist eine legale Veranstaltung", so die knappe Antwort des Mannes. Bei einer Hausdurchsuchung wurden mehrere CDs mit Namen wie "Kraftschlag Mordwind", "CD Obersalzberg" oder "Mordfront" sichergestellt. "Das ist von früher, da habe ich diese Gesinnung gutgeheißen. Dafür bin ich auch bestraft worden, das ist jetzt aber vorbei." Mittlerweile habe er sich einige einschlägige Tätowierungen bereits übertätowieren lassen.

Auf die Frage, wie es zu der geselligen Zusammenkunft im Wirtshaus gekommen sei, antwortet einer der Beschuldigten: "Es gab dort eine große Schnitzelplatte. Es war ein Treffen mit Freunden, die man schon lange kennt, aber schon lange nicht mehr gesehen hat." Einen politischen Hintergrund habe der Wirtshausbesuch aber keinesfalls gehabt.

Dann werden weitere Bilder gezeigt. Auf einem ist ein anderer Angeklagter zu sehen, der eine Muffin-Torte in Hakenkreuzform trägt. "Ich weiß nicht mehr, wo das war und wer Geburtstag hatte. Ich war wahrscheinlich betrunken", sagt er und lächelt. Immerhin räumt er ein, dass das wohl "unüberlegt und deppert" gewesen sei. Sicher sei, dass das Foto vor mehreren Jahren entstanden sein müsse. "Mich interessiert Politik nicht mehr, weil ich Familie habe." Die Schwarze Sonne habe er sich nach einer Hausdurchsuchung übertätowieren lassen.

Die beisitzende Richterin schüttelt den Kopf: "Sie wollen die Geschworenen für dumm verkaufen. Sie werden wohl wissen, wo das war, oder waren derartige Torten bei diesen Treffen Standard?" Es sei halt eine "Rauschgeschichte" gewesen, wiederholt sich der Beschuldigte. "Was glauben Sie, was sich ein Überlebender des Holocaust denkt, wenn er solche Fotos sieht", fragt Staatsanwalt Zimmer.

Zwei Jahre bedingte Haft

Die Geschworenen sprechen zwei der Angeklagten schuldig. Das Urteil: zwei Jahre bedingte Haft und ein Jahr bedingte Haft. Der "Fotograf" wird freigesprochen. Die Urteile sind rechtskräftig.

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19. April 2024