Weltladen unterstützt Roma-Familien: "Gegen Armut ist ein Kraut gewachsen"

24.Juli 2014

"Gib der Armut das Gurkerl" und "Gegen Armut ist ein Kraut gewachsen" steht auf den Etiketten der Gurken- und Krautgläser, die man im Weltladen gegen eine Spende von 2,60 Euro erwerben kann. Eingelegt wurde das Essiggemüse von Roma-Familien in der Südost-Slowakei.

Dieses Hilfe-zur-Selbsthilfe-Projekt wurde vom Wiener Verein "Direkthilfe:Roma" 2008 initiiert. Durch einen Fernsehbericht über das slowakische Dorf Hostice wurde das Ehepaar Kumpf auf die Armut in den Roma-Siedlungen aufmerksam. In Hostice leben derzeit rund 1.000 Einwohner, davon mehr als 60 Prozent ungarische Roma. Die Arbeitslosenrate beträgt 95 Prozent. Erste Hilfstransporte mit Sachspenden wurden nach Hostice und in die umliegenden Dörfer gebracht. Außerdem unterstützt der Verein Roma-Familien dabei, ihre Stromrechnungen zu bezahlen, Holz zum Heizen zu beschaffen und Reparaturen an ihren Unterkünften durchzuführen.

"Gurkerlbotschafter" in Österreich

Den Schwerpunkt möchte er allerdings auf die Entwicklung von Möglichkeiten legen, durch die die Roma mit eigener Arbeit einen Teil ihres Lebensunterhaltes selbst verdienen können. Das Projekt "Gib der Armut das Gurkerl" wurde vor sechs Jahren mit einem Gurkenfeld erfolgreich gestartet. Einige Familien bauten Gurken an und verarbeiteten sie nach traditionellen regionalen Rezepten. In nur drei Monaten wurden 2.500 Gläser Essiggurkerl in Österreich gegen Spenden abgegeben. Mit diesem Geld konnte das Projekt weiter finanziert und ausgebaut werden. Heute wird auf drei Feldern Gemüse angebaut. 2011 wurden bereits 12.000 Gläser Gurken und 1.000 Gläser Kraut produziert. Für sieben Romafamilien, das sind rund 30 Personen, ist somit das Überleben gesichert. So können sich zum Beispiel Roman Gruylo, seine Frau und die sechs Kinder die Stromversorgung für ihr kleines abbruchreifes Haus leisten. Die Verteilung des Essiggemüses übernehmen sogenannte "Gurkerlbotschafter" in ganz Österreich, für Oberösterreich organisiert das eine Frau aus St. Florian bei Linz. Von dort bezieht auch der Weltladen Schärding die Gurkerl und das Kraut. Diese Initiative passt sehr gut zum Anliegen des Vereines "Fair leben und handeln", Projekte zu unterstützen, die bessere und gerechteres Lebens- und Arbeitsbedingungen ermöglichen.

Nie wirklich angekommen

Die Roma leben seit rund 800 Jahren in Europa – sind hier aber nie wirklich angekommen. Ursprünglich stammen sie aus Nordwestindien und gehörten in diesem vom Hinduismus geprägten Land zur Gruppe der Dalits, der "Unberührbaren" (oder Parias). Das waren und sind aus der Gesellschaft Ausgestoßene, die praktisch rechtlos sind. In Europa hatten die Romas in diesen 800 Jahren eine ähnliche Stellung. Die Gründe für ihr Weggehen aus Indien sind unklar. So gibt es zum Beispiel Hinweise auf Hungersnöte, Naturkatastrophen und Verschleppungen.

Auch ihr weiterer Zug bis nach Europa war kein freiwilliges Nomadisieren, sondern das Ergebnis von Vertreibung, Verschleppung, Auswandern wegen Diskriminierung und Unterdrückung. Das oft sehr romantisch dargestellte Bild von den "freien Zigeunern", die im Pferdewagen ein ungebundenes Leben führen, ist falsch.

Die Roma mussten immer um ihr Überleben kämpfen. Kaum eine ihrer Wanderungen war freiwillig und sie waren immer vom Wohlwollen der Mehrheitsgesellschaft abhängig. Aufgrund der schwierigen Lebensumstände fehlen Perspektiven, positive Vorbilder, Erfolgserlebnisse und das Vertrauen darauf, die eigene Situation zum Guten verändern zu können. Der Verein "Direkthilfe:Roma" sieht seine Hauptaufgabe in der Motivation und der Wiederherstellung dieser Grundlagen. (koller)

 

Projekt und Kontakt

Das Hilfsprojekt „Direkthilfe:Roma“ wurde 2007 von Heinz und Martina Kumpf aus Hinterbrühl ins Leben gerufen, 2008 wurde der Verein gegründet. Zweck ist die humanitäre Hilfe für die Roma-Volksgruppe in der Slowakei. Die Gurkerl-Aktion gibt es seit sechs Jahren. Der Grazer Pfarrer Wolfgang Pucher gründete in Hostice ein Second-Hand-Shop, wo Frauen einen Arbeitsplatz finden. Nähere Informationen unter: www.direkthilferoma.at