"Wenn ein Festl vor vier Uhr zu Ende war, war's ein verlorener Nachmittag"
RIED. Der langjährige DJ Walter Horn vor dem "City"-Abrissfest über sein zweites Wohnzimmer.
Nicht nur für Walter Horn war die "neue City" so etwas wie ein zweites Wohnzimmer. Als DJ whsonic legte der Rieder Journalist jahrzehntelang in der einstigen Rieder Kult-Musikbar auf. In Kürze wird das legendäre Lokal an der Lughoferkreuzung abgerissen. Die "Abrissparty" im KiK am 10. April, bei der der DJ noch einmal im City-Stil auflegt, war binnen weniger Stunden ausverkauft. Im OÖN-Interview erinnert sich der Kollege (daher das kollegiale "Du") an vergangene Zeiten.
Die City wird abgerissen, du hast als DJ WHSONIC lange dort aufgelegt. Wie sehr blutet nun dein Herz?
Walter Horn: Mittlerweile nicht mehr so sehr, weil die City ja schon fast 10 Jahre geschlossen ist. Es geht jetzt nur noch ums Gebäude, und das ist mittlerweile schon sehr baufällig. Das eigentliche Problem ist, dass es in Ried mittlerweile kein Lokal mehr gibt, wo man gute Musik hören kann.
Wie lange hat es die "neue City" gegeben?
1970 wurde das Lokal an der Lughoferkreuzung aufgesperrt. Vorher hat es die alte City gegeben, neben dem ehemaligen Stern-Bräu.
Was war das Besondere an diesem Lokal? Welche Szene war vertreten?
Die Szene war breit gestreut, meistens Schüler und Studenten, aber eigentlich war ziemlich alles vertreten. Was markant war: Bei den City-Leuten hat es eine relativ große Zusammengehörigkeit gegeben. Wesentlich war die Musik, dort wurde nie das kommerzielle Zeug gespielt. Die Sachen von Woodstock zum Beispiel wurden in Ried Mitte der 70er, also noch vor meiner Zeit, erstmals in der City gespielt.
Wie lange hast du aufgelegt?
Fast 30 Jahre. Das erste Mal 1977, 1978. In den 80er-Jahren fast zwei Mal in der Woche, in den 90er-Jahren etwa ein Mal wöchentlich.
Was war dein Musikstil?
Das hat sich im Lauf der Zeit natürlich ein wenig geändert. Im weitesten Sinn Independent-Underground und New Wave, Americana und Brit-Pop. Aber nach zwei Uhr, wenn es dann ruhiger geworden ist, hat es auch Blues und Folk zu hören gegeben. Ich hab relativ viele neue Sachen aufgelegt, in den letzten Jahren ein bisschen in Richtung FM4, vielleicht ein wenig unkommerzieller. Hip-Hop hat sich nicht durchgesetzt … Die Basis bei mir war Musik mit Gitarren.
Gibt’s die Musik auch beim Abrissfest zu hören?
Ja, im Wesentlichen schon. Ich werde aber auch neue Sachen spielen, vielleicht krame ich "I’m going home" von Ten Years After aus – das war einer der ganz alten Kult-Songs in der City. Vielleicht lege ich auch die "Einstürzenden Neubauten" auf, das passt zum Thema. Viele der Songs, die ich erstmals hier in der City gespielt habe, sind dann erst viele Wochen danach im Radio zu hören gewesen.
Warst du sozusagen ein Pionier der Rieder Musikszene?
Ja, in mancher Hinsicht schon. Zum Beispiel "Die Toten Hosen", "New Order" wurden bei uns in der City zum ersten Mal gespielt.
Was sind die markantesten Erinnerungen an deine City-Zeit?
Da fallen mir als erstes die Festl ein. Die meist relativ lange gedauert haben. Wenn’s vor vier Uhr zu Ende war, war’s ein verlorener Nachmittag. Man hat viele Leute kennengelernt, es sind viele Freundschaften entstanden, die noch heute bestehen. Und wenn der City-Franz (der Wirt Franz Lang, Anm. d. Red.) zu später Stunde seine Gschichtln erzählt hat, das war dann auch ziemlich lustig.
Von außen betrachtet, war die City ja nicht gerade einladend, warum war das Lokal dennoch so beliebt?
Manche Leute sind vielleicht wirklich deshalb gekommen, weil man sich nicht – weiß Gott wie – vornehm benehmen musste ... Objektiv betrachtet, war’s ziemlich abgefuckt – aber wenn man lange drinnen war, dann war’s irgendwie gemütlich. Das Dunkle, Schummrige …
Die Abrissparty am 10. April war schneller ausverkauft als manches Konzert …
Laut Stefan Stürzer vom KiK war’s innerhalb von drei Stunden ausverkauft. Und das hat es angeblich in 25 Jahren KiK noch nie bei einer anderen Veranstaltung gegeben.
Das macht dich schon ein bissl stolz, oder?
Es ist schon eher der Name City, der zieht, mein Name ist nur ein Teil davon. Aber für Leute, die von Ried weggegangen sind oder anderswo studiert haben, für die war es schon etwas Besonderes, hier konnte man alte Freunde treffen. Es war immer jemand da, den man gekannt hat. Das war das Angenehme daran.
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