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Pilgern liegt im Trend: Spurensuche auf der Via Nova

Von Astrid Eichinger, 29. August 2019, 17:04 Uhr
Pilgern liegt im Trend: Spurensuche auf der Via Nova
Die Anzahl der Pilger wächst stetig. Auch im Innviertel ist der Trend spürbar. Bild: Berta Altendorfer

INNVIERTEL. Gingen im Jahre 1970 nur 68 Personen die letzten 100 Kilometer des Jakobswegs nach Santiago de Compostela, waren es im Jahre 2018 unglaubliche 327.000. Auch im Innviertel gibt es Pilgerwege, einer davon ist die „Via Nova“.

Es lässt sich nicht übersehen, die Anzahl der Pilger wächst stetig. War der Anlass einer Pilgerreise früher meist eine von außen auferlegte Buße oder ein gegebenes Gelübde, liegt der Grund für diese – mehr oder weniger – spirituelle Reise heutzutage oft im Pilger selbst. "Menschen möchten sich vermehrt über etwas klar werden, Abstand gewinnen, etwas über sich selbst lernen, Zeit ohne Handy verbringen", sagt Gerald Hartl vom Tourismusverband s’Innviertel. Auch im Innviertel besteht die Möglichkeit zu pilgern: Am Marienweg vom Hausruck nach Altötting oder aber auch auf der Via Nova, dem "Neuen Weg" – einem länderübergreifenden Netz an Pilgerwegen durch Österreich, Niederbayern und Böhmen. Der Name kommt nicht von ungefähr: "Via Nova" wurden auch die ersten Christengemeinden in der Bibel genannt, die ebenso einen neuen Weg einschlugen.

 

Pilgern oder Wandern?

Für Martin Brait, Dekanatsassistent in Schärding, gibt es einen Unterschied zwischen bloßem "Wandern" und "Pilgern". Pilgern hat für ihn einen religiösen Hintergrund und bedeute eine Konzentration auf das Wesentliche im Leben. "Ich habe auch mittlerweile das Gefühl, dass jeder Wanderweg zu einem Pilgerweg gemacht wird, aber Pilgern hat eine eindeutig spirituelle Komponente zum Wandern dazu, das sollte man nicht vergessen."

Obwohl dem Tourismusverband s’Innviertel keine Zahlen bekannt sind, ist sich Gerald Hartl sicher: "Die Pilgerzahlen sind im Steigen. Das Bedürfnis Ruhe zu finden, zu sich zu finden, nimmt zu. Man sieht mittlerweile immer wieder Menschen mit einem Kreuz unterwegs – das gab es früher nicht."

Pilgern als Tourismusfaktor

Entlang der Via Nova gibt es verschiedenste Partnerbetriebe und Nächtigungsmöglichkeiten, die spezielle Angebote für Pilger anbieten. Gekennzeichnet werden sie als "Via Nova Pilgereinkehr – Partnerbetrieb", aber auch im Stift Reichersberg oder im Kloster Maria Schmolln gibt es Übernachtungsmöglichkeiten. Hartl hat selbst bereits in Maria Schmolln genächtigt und kann aus eigener Erfahrung berichten: "Es ist sehr geradlinig und einfach eingerichtet, aber es hat alles, was ein Pilger braucht. Außerdem ist es etwas besonderes, sich in einem Stift oder Kloster zur Ruhe zu begeben."

Doch die steigenden Zahlen an Pilgern können auch einen negativen Beigeschmack haben. "Overtourism, wir alle kennen das Beispiel Venedig, Hallstatt oder Zell am See, ist sicherlich grenzwertig – und steht im krassen Gegensatz zum sanften Tourismus in der Region Innviertel", so der Touristiker weiter. "Wir haben einige Hotspots, die Orte dazwischen sind aber oft recht ruhig." Von Pilgerströmen wie am berühmten letzten Teilstücks des Jakobsweges ist man im Innviertel ohnehin noch weit entfernt. Die Wachstumsraten der Pilgeranzahl betragen am Camino Francés, wie der Jakobsweg noch genannt wird, pro Jahr durchschnittlich neun Prozent. Im April und Mai dieses Jahres verzeichnete man laut Pilgerbüro Santiago de Compostela sogar ein Wachstum um 15 Prozent.

Das Pilgern auf der Via Nova ist sowohl alleine, als auch in geführten Gruppen möglich. Dazu gibt es speziell ausgebildete Begleiter, die die Pilger auf dem 2005 eröffneten Pilgerwegenetz begleiten. Als Ausrüstung braucht man nicht viel, denn genau darum geht es: sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und nicht zu viel mitzunehmen. "Je mehr Gäste den Weg gehen, desto leichter kann man es den Pilgern natürlich machen und ihnen das Gepäck nachbringen – für ein, zwei Personen ist das bestimmt zu teuer. Es ist aber die Frage, ob es das dann noch ist, was man damit erreichen will", gibt Gerald Hartl aus eigener Erfahrung zu bedenken. Er ist selbst schon einmal im Innviertel gepilgert und plant demnächst eine weitere Pilgerreise. So wie viele andere Menschen auch. Alleine wird er dabei also sicher nicht sein.

Pilgerwege

Der Jakobsweg ist ein Netzwerk vieler Pilgerrouten durch ganz Europa, deren gemeinsames Ziel Santiago de Compostela in Spanien ist. Im Innviertel verlaufen die Wege des Pilgerwegs „Via Nova“ großteils entlang der Stecke eines Nebenweges des Jakobswegs von Passau nach Eugendorf, wo er in den österreichischen Hauptweg einmündet. Dieser verläuft von Ost nach West: von Wolfsthal in Niederösterreich nach Feldkirch in Vorarlberg. Die Route, auf der auch der Weg „Via Nova“ verläuft, geht auf alte Römerstraßen und mittelalterliche Pilgerwege zurück. Im Gesamten ist die Via Nova ein Netz aus zirka 1200 Wegkilometern in Böhmen, Bayern und Oberösterreich. Insgesamt führen durch Oberösterreich rund 700 Kilometer religiöse Pilger- und spirituelle Wanderwege.

OÖN lädt zur Pilgertour

Diesen Samstag, 31. August, ab 10 Uhr, laden die OÖNachrichten und ihre Partner zum Pilgern im Mühlviertel ein. Die Route der Wanderung ist reizvoll: Von der Hirschalm geht es zur Kammerl-Kapelle, zum Gipfelkreuz und zur Labstation Johannesweg-Hütte. Danach geht es wieder zurück auf die Hirschalm. Die Wanderung erfordert keine besonderen konditionellen Voraussetzungen. Für die Wanderung ist eine Anmeldung auf nachrichten.at/Johannesweg nötig. Jeder Pilger bekommt einen Gutschein per E-Mail zugesandt für ein Essen und ein Getränk.

Die Mühlviertler machen’s vor: Granitpilgern als Tourismusmagnet
Das "Granitpilgern"-Kernteam (v.l.n.r.): Peter Haudum, Klaus Falkinger, Johannes Artmayr und Wolfgang Schirz. Bild: Granitland

Die Mühlviertler machen’s vor: Granitpilgern als Tourismusmagnet

Zehn Gemeinden haben sich zum Granitpilgerweg zusammengeschlossen und versuchen so, sanften Tourismus, die Schönheit der Landschaft und eine innere Einkehr miteinander zu verknüpfen. In nur einem Jahr habe man das Leader-Projekt aus dem Boden gestampft. Die Eröffnung des 90 Kilometer langen Rundweges fand im März dieses Jahres statt. Und schon jetzt sei man begeistert. „Dass es so gut funktioniert, hätte ich mir nicht gedacht“, sagt Peter Haudum vom Kernteam Granitpilgern und Gastwirt in Helfenberg.

Bereits jetzt sei in gewissen Übernachtungsbetrieben die Auslastung um 100 Prozent gestiegen. Man bekomme auch ausschließlich positive Rückmeldungen von den Gemeinden und Pilgern. „Alle profitieren davon“, sagt Haudum.
Das Projektteam rechnet langfristig mit 20.000 Pilgern pro Jahr, die vor allem die mystische Landschaft im Granitland schätzen. „Wir sind auf einem guten Weg. Von den 21.000 Pilgerwegkarten, die wir gedruckt haben, sind nur mehr 3.000 Stück da“, sagt Projektkoordinator Patrick Fürthner. Angst vor Massenpilgerströmen habe man im Granitland aber trotzdem keine. „Wir sind zehn Gemeinden entlang des Granitpilgerweges. Da es ein Rundweg ist, teilt sich das gut auf. Auch Marketingkosten werden natürlich aufgeteilt“, sagt der Projektkoordinator.

Zusammenarbeit sei auch in der Projektphase des Granitpilgerwegs das zentrale Thema gewesen. Sowohl zwischen den Gemeinden und dem Tourismusverband als auch innerhalb des Kernteams. In den Partnergemeinden habe man sich stark auf die Pilger eingestellt. Es gäbe jetzt Übernachtungsmöglichkeiten für Selbstversorger und auch Geräte zur Pflege der Ausrüstung seien vorhanden. „Ein paar Dinge müssen wir uns aber noch anschauen. Die einzelnen Sperrtage der Einkehrmöglichkeiten gehören sicher noch harmonisiert“, sagt Haudum.

"Die Zeit sollte man nutzen, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren"
Dekanatsassistent Martin Brait (re.) begleitet seit Jahren Pilgertouren. Bild: Brait

„Die Zeit sollte man nutzen, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren“

Pilgern, das ist Konzentration auf das Wesentliche im Leben“, fasst Martin Brait, Dekanatsassistent in Schärding, zusammen. „Für mich hat es aber auch oder gerade deshalb ganz klar einen religiösen Aspekt“, so der Innviertler, der seit Jahren Pilgertouren begleitet.

Die Motive der Menschen, die sich auf eine Pilgerwanderung begeben, seien laut dem Schärdinger Dekanatsassistenten unterschiedlich. „In früheren Zeiten pilgerte der Großteil, um ein Opfer zu bringen oder um Buße zu tun. Ein Motiv, das heute nur noch bei der Hälfte der Pilger das Hauptmotiv für eine spirituelle Wanderung sein dürfte. Pilgern ist etwas Meditatives und dabei ganzheitlicher“, sagt Brait weiter, denn es ermögliche „in einer Zeit, in der es nicht selbstverständlich ist, einen Zugang zur Religion zu entdecken, weil es eine unverfängliche Art ist, sich auf eine religiöse Suche einzulassen.“

Dekanat lädt zur Pilgerreise

Martin Brait organisiert und begleitet seit vier Jahren jährlich eine Pilgerreise seines Dekanates. Dieses Jahr geht es Ende August entlang der Via Nova von Schärding nach Mattighofen oder wahlweise auch weiter bis nach St.Wolfgang.
„Das lange Gehen macht wacher, schärft die Sinne und macht uns fähiger einander zu begegnen.“ Etwas, das nicht nur religiös motivierte Pilger erfahren. Die Teilnehmer kommen runter, zu sich selbst und bekommen Abstand zum Alltag. Das Pilgern sei also für jeden was, der sich darauf einlasse, erklärt Brait.

Formen des Pilgerns

„Die Zeit ist so hektisch wie noch nie. Man glaubt, man muss alles noch schneller machen und das zu sich finden, ist immer mehr gefragt“, sagt Tourismusexperte Gerald Hartl. Jeder müsse für sich die richtige Form des Pilgerns finden, sei es alleine oder in der Gruppe, mit einer Freundin oder dem Partner. „Es kommt darauf an, in welcher Lebenssituation man sich befindet und welche Steine man aus dem Weg zu räumen hat“, sagt Hartl. Deswegen gäbe es auch nicht den typischen Pilger. „Und auch bei unserer Dekanatspilgerreise gehen Menschen mit, die mit der Kirche nichts zu tun haben“, sagt Brait.

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Autor
Astrid Eichinger
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2  Kommentare
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mitreden (28.669 Kommentare)
am 29.08.2019 19:40

man soll nicht vergessen, dass 50 Jahre dazwischenliegen....

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hoizlois (223 Kommentare)
am 29.08.2019 18:44

Der Ausdruck vom Haudum „aus dem Boden gestampft“ stimmt leider, weil was man so hört, sind viele Grundstückseigentümer, Gemeinden usw. „überrascht“ worden. Man fragt sich auch, wieso das Stift Schlägl nicht eingebunden wurde. Grundsätzlich egal, weil das Mühlviertel eine wirklich erholsame Gegend ist zum Wandern/Pilgern oder wie auch immer es genannt wird.

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