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Österreich, Bayern und seine umstrittene Grenze

Von OÖN, 19. Juni 2019, 15:04 Uhr
Österreich, Bayern und seine umstrittene Grenze
Die Grenzen des Innviertels in einer historischen Ansicht - die Karte ist übrigens ein Geschenk von Landeshauptmann a.D. Josef Pühringer an die Innviertel-Redaktion Bild: burgstaller

Jubiläum: Vor 240 Jahren kam das Innviertel wieder zu Österreich zurück – die Grenze war immer ein Streitfall

INNVIERTEL. Seit 1779 – also seit 240 Jahren – ist das Innviertel wieder bei Österreich. Dieses Datum ist für die Innviertler seit jeher ein markantes, auch wenn zwischen 1809 und 1816 das Innviertel wieder einige Zeit bayerisch war. Die Grenze zwischen Österreich und Bayern hat eine bewegte Geschichte und war umstritten und umkämpft.

Der Waldzeller Johann Hermandinger hat sich intensiv damit befasst, in lokalen historischen Schriften und Archiven*) gestöbert und Interessantes zur oberösterreichisch-bayerischen Grenze herausgefunden. Den OÖNachrichten hat er seine Ergebnisse zur Verfügung gestellt.

Grenze schon immer ein Streitfall

"Der Grenzverlauf zwischen Bayern und Österreich gab im Gebiet zwischen Hausruck und Kobernaußerwald schon im Mittelalter immer wieder Anlass zu Streitigkeiten. Daher hat der Wald zwischen Schratteneck in der Gemeinde Waldzell und Erkaburgen in der Gemeinde Redleiten bis heute den namen ‘Streitforst’ und ein Weiler zwischen Waldzell und Schildorn heißt ‘Streit’", so Hermandinger.

Bayern und Österreich hatten unterschiedliche Gepflogenheiten, ihre Grenzseite zu kennzeichnen, wie der Waldzeller schreibt: "Die Grenze war auf österreichischer Seite durch Markzeichen erkennbar, auf bayerischer waren es nur geplätzte – angehackte – Bäume. An der heutigen Lichtenbergstraße heißt heute noch ein Platz ‘Am brennten Bam’ – das kommt von einem markierten Grenzbaum, der damals angezündet wurde", erklärt Hermandinger.

Schmugglerin "Schwärzer Lies"

Es kam an dieser Grenze im Hausruck- und Kobernaußerwald zu Zusammenstößen zwischen Landwehrsoldaten und Grenzgängern, und auch der Schmuggel spielte da eine Rolle, wie Hermandinger berichtet: "Über die Grenze im Wald wurde damals natürlich viel geschmuggelt. Die ‘Schwärzer Lies’ aus Pramet war die bekannteste von ihnen. Ihr wurde zwar eifrig nachgestellt, doch nie wurde sie beim Schmuggeln ertappt. Als dann das Innviertel zu Österreich kam, bedauerte sie, dass es nichts mehr zum Schmuggeln gab." Von den Räuberbanden im Grenzbereich seien der "Räuberhauptmann Wagner Aloise aus Höhnhart" und dessen Weggefährten "Pollhamer Benerl" und "Schinder Hannes aus Bockerbach" ein Begriff gewesen.

24 Grenzsteine noch zu sehen

Endgültig wurde der Grenzverlauf erst 1770 mit Grenzsteinen markiert, diese waren rund 140 Zentimeter lang und ragten etwa zur Hälfte aus der Erde. Endgültig Frieden im Innviertel war erst ab 1816, "von da an wurde die ehemalige Staatsgrenze zur innerösterreichischen Grenze zwischen dem Inn- und Hausruckviertel oder zwischen den Bezirken Ried und Vöcklabruck", wie es in Hermandingers Schrift heißt. Von den ursprünglich 40 gesetzten Steinen stehen heute noch 24, der bekannteste ist der "Grafenstein", dort wo heute die Gemeinden Fornach, Pöndorf und Waldzell zusammentreffen.

Ein weiterer Stein sei bei der "Flucht" an der Redleitner Bezirksstraße zu finden (mit einem Hinweisschild direkt an der Straße). "Dass nur 24 Grenzsteine übriggeblieben sind, lässt darauf schließen, dass die anderen Steine im Laufe des 19. Jahrhunderts irgendwo als Ecksteine für Häuser oder dergleichen zweckentfremdet wurden", glaubt Hans Hermandinger.

An eine wichtige Grenz- und Handelsstelle – die "Schranne" – erinnert eine Tafel am Leitensteig. Dazu schreibt Hans Hermandinger: "Hier waren auch Zehentstadel für die Abgaben der unfreien Bauern an ihre Herrschaften. Um diese jederzeit zu erreichen, wurde der Bruckweg von Wirmling in der Gemeinde Waldzell über den Hamberg und Leitensteig mit viereinhalb Kilometern Länge angelegt. Die vielen nassen Stellen auf dem Bergrücken wurden mittels Tannenrundlingen, die quer verlegt wurden, befahrbar gemacht."

 

*) Quellen: Max Schlickinger, "Die Geschichte des Kobernaußerwaldes"; Aufzeichnungen des Schulmeisters Rudolf Moser / Manuskripte Heimatbuch Waldzell.

 

Kuriositäten

Kopfings Geschichtsforscher Johann Klaffenböck verfügt im Zusammenhang mit den 240 Jahren Innviertel bei Österreich über eine einmalige Gedenkmünze, die ihn „viel Geld“ gekostet hat. Die Münze zeigt Kaiser Joseph II. von Österreich und ihm gegenüber Friedrich II. von Bayern. Erschienen ist die Münze, die sicher nicht als Zahlungsmittel in Umlauf gekommen ist, 1789, also zu einem Datum, als das Innviertel gerade mal zehn Jahre bei Österreich war. „Die Obrigkeit wusste damals schon zu feiern“, sagt Klaffenböck. Die Münze wurde wahrscheinlich an verdiente Personen verschenkt oder bei besonderen Anlässen verliehen.

In einem Taufbuch der Pfarre Kopfing hält der damalige Pfarrer Ignaz Ruß den zwischen Österreich und „Baiern“ abgeschlossenen „Staats Vertrag“ schriftlich (Bild) fest. Darin ist u. a. zu lesen: „... wurde das durch den Wiener Frieden i. J. 1809 an Baiern abgetretene Innviertel und ein Theil des Haußruckviertels wieder an Se. Majestät den Kayser von Oesterreich Franz I zurückgegeben...“

 

"In die Stadt gehen" hieß für Simbacher früher nach Braunau zu gehen
Förster Walter Feistritzer kümmerte sich um den Braunauer Wald in Simbach. (gei.) Bild: Walter Geiring

„In die Stadt gehen“ hieß für Simbacher früher nach Braunau zu gehen

Die Grenzziehung am Inn im Jahr 1779 wurde nicht vom Volke, sondern von oben her festgelegt. Das wurde nicht überall freudig aufgenommen, da es doch die Lebensverhältnisse stark beeinflusste und selbst von den Behörden lange ignoriert wurde. Nicht anders war es in der Bevölkerung, die lange ihre Verbundenheit mit der Stadt Braunau demonstrierte. So war bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts in Simbach und im Hinterland der Spruch „In die Stadt gehen“ geläufig, was so viel wie „nach Braunau gehen“ bedeutete. Laut den Aufzeichnungen des Simbacher Heimatchronisten Rudolf Vierlinger sprach man damals auch von der Poststraße nach Braunau und selbst in amtlichen Schreiben wurde gerne als geografische Orientierung ein Schreiben mit dem Hinweis versehen „Simbach bei Braunau.“ Auch auf Braunauer Seite blieben enge Verbindungen mit dem abgetrennten Simbach bestehen. So gibt es viele Braunauer, die bis heute in Simbach über Wald- und Grundbesitz verfügen. Ein Beispiel ist der Schellenberg. Einige Waldgrundstücke gingen durch eine Schenkung in den Besitz der Stadt Braunau über und überdauerten die Abspaltung. 1979 wurden die Braunauer Besitzungen an den Grafen von Lösch verkauft, später an die Bayerischen Staatsforsten. Walter Feistritzer aus Braunau kann sich an diese Zeit noch gut erinnern, er war damals Förster der Stadtgemeinde Braunau und für das Waldgebiet auf dem Schellenberg bis zum Verkauf im Jahr 1979 zuständig. „In den Jahren zuvor war es ja noch sehr schwierig nach Simbach zu gelangen, da die Brücke nach dem Krieg erst wieder aufgebaut werden musste“, sagt er. Nachdem in den Vorjahren die Waldpflege von Braunauer Seite nicht sichergestellt werden konnte, wurde Georg Kronthaler aus Stubenberg als Hilfsförster angestellt. Neben den rund 95 Hektar am Schellenberg hatte der Braunauer auch noch die Waldgebiete um Rottenbuch (85 Hektar) und den Lachforst (250 Hektar) zu betreuen. 2006 ging Feistritzer in den Ruhestand.

Bierbrauen nur in Simbach

Auch aus einem ganz anderen Grund war Simbach für die Braunauer interessant. Der Rat der Stadt wies die Besitzer der zahlreichen Brauereien auf, wegen der drohenden Feuersgefahr ihre Braustadl an das gegenüberliegende Innufer von Simbach zu verlegen. Innerhalb von Braunau durfte kein Bier mehr gebraut werden. So wurde nun in Simbach gebraut. Acht österreichische Braustadel hatte es zum Zeitpunkt der Abtretung des Innviertels an Österreich auf Simbacher Boden gegeben.

 

Warum es mit dem Jahr 1779 für das Innviertel einen Haken hat
Hans Klaffenböck und Hans Schmidbauer bei ihrer Lieblingsbeschäftigung Bild: (reibu)

Warum es mit dem Jahr 1779 für das Innviertel einen Haken hat

Seit Jahrzehnten wird das Jahr 1779 als jenes Datum gefeiert, seitdem das Innviertel zu Österreich gehört. Tatsächlich haben sich die Bayern das Innviertel von 1809 bis 1816 für einige Jahre „zurückgeholt“.
Um „für die napoleonischen Feldzüge, an denen sich die Bayern fleißig beteiligt hatten, mit Soldaten aus unserer Region zu verstärken“, wissen die Kopfinger Geschichtsforscher Hans Klaffenböck und Hans Schmidbauer. Beide stört aber nicht, dass seit Jahrzehnten 1779 als „Gedenkjahr“ gefeiert wird. „Es ist, wie es ist“, sagt Klaffenböck, der auf eine letzte „Grenzdiskussion“ von 1943 verweist.

In der sogenannten „Moskauer Deklaration“ wird von russischer Seite die Einverleibung Passaus an Österreich verlangt: „Das Land habe einen Anspruch auf Passau“, zitiert der Kopfinger Experte aus einem seiner vielen Geschichtsbücher.

Originalschriften aus 1879

Hans Klaffenböck verfügt über zwei Original-Festschriften, die anlässlich „100 Jahre Innviertel bei Österreich“ 1879 erschienen sind. In einem der beiden wird die Bevölkerung zum Mitfeiern dieses geschichtsträchtigen Ereignisses aufgefordert beziehungsweise eingeladen. Darin heißt es u. a.: „1. Festtag am 12. Mai 1879: eingeleitet durch Böllerschießen und Glockengeläute. Beflaggung und Decorirung der Stadt. Empfang der Festgäste. Zapfenstreich. 2. Festtag: Morgenruf der Musikkapelle, kirchliche Feier, Vorstellung der Reputationen der Gemeinden und Corporationen des Innviertels. Festtafel. Gartenfest. Abends Fackelzug. 3. Festtag: Pferdebemusterung mit Prämienverteilung, historischer Festzug, Gartenfest mit Musikkapelle, Volksbelustigung. Feuerwerk. Speisung und Betheiligung der Armen der Stadt.“ Kommentar von Hans Klaffenböck nach Lesen des Festprogrammes: „Größere Festlichkeiten verlaufen im Innviertel noch heute sehr ähnlich.“ Bis auf die Versorgung der Armen.

Die beiden waren übrigens beim Bewerb „Die schlauste Gemeinde“ im Kopfinger Voting-Team.

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