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Mit 2,8 Promille vor der Polizei den Hitlergruß gezeigt

Von Thomas Streif, 07. Mai 2022, 09:13 Uhr
Mit 2,8 Promille vor der Polizei den Hitlergruß gezeigt
Der Angeklagte musste sich im Schwurgerichtssaal in Ried verantworten. Bild: Streif

RIED. Der Angeklagte wollte einen Bekannten zu einer falschen Zeugenaussage überreden.

 "Der Angeklagte hat, wenn man so will, einen Klassiker nach dem Verbotsgesetz begangen. Er hat in der Öffentlichkeit den Hitlergruß gezeigt und so posiert, wie man es aus der Zeit des Nationalsozialismus kennt", sagt Staatsanwalt Alois Ebner beim Vortrag der Anklageschrift. Der Beschuldigte, 33 Jahre alt, ist für die Justiz kein unbeschriebenes Blatt. Acht Vorstrafen hat er auf dem Kerbholz, die vorläufig letzte aus dem Jahr 2015. "Ich habe jetzt wieder ein gutes Verhältnis zur Polizei, weil ich schon länger nichts mehr mit ihr zu tun gehabt habe", sagt der Angeklagte, der vom Andorfer Rechtsanwalt Harald Korp verteidigt wird.

Zugetragen hat sich der Vorfall auf dem Ausstellungsfreigelände der Rieder Herbst- und Landwirtschaftsmesse am 11. September 2021. Auf einem Messestand einer Innviertler Firma dürfte es an jenem Samstag hoch hergegangen sein, es floss reichlich Alkohol. Der Beschuldigte, der an jenem Tag als Messeausteller arbeitete, hatte um 16 Uhr am Nachmittag nicht weniger als rund 2,8 Promille Alkohol im Blut. Er dürfte nicht der Einzige gewesen sein – aufgrund des Lärms und mehrerer stark betrunkener Personen wurde die Polizei herbeigerufen, um die Situation etwas zu beruhigen.

Bei diesem Einsatz habe der Beschuldigte vor den Polizeibeamten die Hand zum Hitlergruß erhoben, so Staatsanwalt Ebner.

Einen Freund gegrüßt?

"Mein Mandant bekennt sich nicht schuldig, er sagt, er habe lediglich einen vorbeigehenden Freund mit den Worten ‚Servas, Hawedere‘ begrüßt", sagt Korp. Der Angeklagte habe sich mit der linken Hand beim Messestand abgestützt, mit der rechten habe er den Bekannten in der Menge begrüßt. "Mein Mandant hat keinerlei Bezug zur rechten Szene und ist auch nicht einschlägig verurteilt", sagt Korp.

"Um Gottes Willen, ich hab nix gegen Ausländer, meine Schwester war mit einem Türken zusammen und ich habe schon öfter einem Ausländer Geld geliehen", rechtfertigt sich der Beschuldigte zu Beginn seiner Befragung. Der 33-Jährige wiederholt die Ausführungen seines Verteidigers, wonach er lediglich einen Bekannten gegrüßt habe. Gegenüber der Polizei gab der Angeklagte bei der Einvernahme noch an, er wisse nicht einmal, wie ein Hitlergruß aussehe. Im Gerichtssaal klingt das etwas anders: "Ich habe so einen Hitlergruß einmal in einem Film im Kino gesehen und in der Schule haben wir auch etwas darüber gelernt."

Eine Kiste Bier intus

"Wann haben Sie an diesem Tag zu trinken begonnen?", will die vorsitzende Richterin des Geschworenensenats, Leonie Paischer, vom Beschuldigten wissen. "Um 8 Uhr in der Früh, eine Kiste wird es wohl schon gewesen sein um 16 Uhr." Die Hand habe er jedenfalls nicht zum Hitlergruß erhoben, wie er im Gerichtssaal zeigt. 

Jetzt betritt der Bekannte, den der Angeklagte so euphorisch begrüßt haben will, den Schwurgerichtssaal. "Er hat mir gedeutet, weil wir uns kennen, ich bin dann aber weitergegangen, weil ich gesehen habe, dass dort ein Polizeieinsatz läuft", erzählt der 42-Jährige. "War viel los an diesem Messetag?", fragt Richterin Paischer den Zeugen, der sich nicht so genau erinnern kann. "Ich habe schon sehr viel getrunken gehabt an diesem Tag."

Ein falscher Zeuge

Paischer bohrt nach: "Sie müssen aufpassen wegen einer Falschaussage, das ist strafbar. Sind Sie sich sicher, dass Sie die Wahrheit sagen?" Man merkt, wie der Zeuge beginnt zu grübeln. Nach kurzer Wartezeit dann die Wende in diesem Prozess. "Sie haben recht, ich war gar nicht dabei." Der 42-Jährige entgeht damit nur knapp einer möglichen Anzeige wegen falscher Beweisaussage.

Die Karten für den Angeklagten, gegen den Staatsanwalt Ebner sofort den Strafantrag auf "versuchte Bestimmung einer falschen Zeugenaussage" ausdehnt, stehen schlecht. "Sie wollten sich ernsthaft einen Zeugen holen, der Ihnen mit einer falschen Aussage hilft? Was soll das?", fragt Paischer. Die Antwort des Beschuldigten: "Mir hätte ja sonst sowieso keiner geglaubt." Ebner muss schmunzeln: "Und jetzt glaubt man Ihnen also mehr oder wie?"

Der Angeklagte gibt auf Nachfrage seines durchaus überraschten Verteidigers zu, den vermeintlichen Zeugen angerufen und zu einer Aussage überredet zu haben.

Ein Polizist, der zum Messestand gerufen wurde, belastet den Beschuldigten bei seiner Zeugenaussage schwer. "Der Angeklagte hat uns beschimpft, dann ist eine andere Person dazugekommen, die angefangen hat, von 1945 zu erzählen. Genau habe ich das Gesagte nicht verstanden, ich glaube irgendwas mit Gestapo. Das hat der Beschuldigte mitgehört, sich in Habachtstellung positioniert und die Hand zum Hitlergruß erhoben. Das war ganz eindeutig", sagt der Polizist.

"Nach dem, was wir jetzt hier erlebt haben, tu ich mir leicht. Was soll man dazu sagen. Der Beschuldigte hat sich in diesem Tumult zu einem Hitlergruß hinreißen lassen. Dann sucht er sich sogar noch einen Zeugen, der etwas Falsches für ihn bestätigen soll. Ich glaube, Sie haben sich längst Ihre eigene Meinung gebildet", sagt Staatsanwalt Ebner in seinem Schlussplädoyer in Richtung der Geschworenen.

Im Zweifel für den Angeklagten?

"Ich dachte, es wird ein angenehmer Vormittag. In der Pause habe ich zu meinem Mandanten gesagt, dass er ein echter Spezialist ist. Das soll nicht polemisch klingen, aber im Innviertel bringt man es halt auf den Punkt. Aber trotzdem steht hier noch immer Aussage gegen Aussage. Und es gibt den Grundsatz: im Zweifel für den Angeklagten", versucht Verteidiger Korp die Geschworenen doch noch auf seine Seite zu bringen. Ein aussichtsloses Unterfangen. Das letzte Wort hat der Angeklagte: "Ich schließe mich den Ausführungen meines Verteidigers an und werde eine Alkohol-Therapie machen, damit ich nie wieder in so eine Situation komme."

18 Monate teilbedingte Haft

Sieben Geschworene stimmen für schuldig, einer für nicht schuldig. Der Angeklagte wird wegen Wiederbetätigung zu 18 Monaten Haft, ein halbes Jahr davon unbedingt, verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig. Für den 33-Jährigen geht es demnächst vor Gericht weiter. Dann wird ihm wegen versuchter Bestimmung zur falschen Beweisaussage ein weiterer Prozess gemacht.

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Autor
Thomas Streif
Redaktion Innviertel
Thomas Streif

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