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„Kunst im öffentlichen Raum ist wichtig als Statement für die Stadt“

Von Roman Kloibhofer   28.Februar 2021

„Achtung! Vorsicht auf den Kopf!“ Die Eingangstür zum Haus Nummer 9 in der Raaber Ortschaft Bründl ist ungewohnt niedrig und zeugt von Vergangenheit. Bildhauer Andreas Sagmeister und seine Partnerin, Künstlerin Anita Selinger, warnen die Besucher beim Eintritt in ihr geschichtsträchtiges und mit viel Kunst erfülltes Haus: „Sonst gibt’s Kopfweh!“, sagen sie lachend. Andreas Sagmeister ist jener Künstler, der die im Vorjahr viel diskutierte Skulptur „Der Stadtwächter“ im Inneren des Lughofer-Kreisverkehrs geschaffen hat.

Viel diskutiert wurde vor allem über die damals von der Rieder SPÖ ins Treffen geführten Kosten bis zu 70.000 Euro. Dass dabei die Diskussion über das Kunstwerk hintangestellt war, bedauert Andreas Sagmeister. „Die Kunst ist zu kurz gekommen, diese Diskussion war für mich nicht zufriedenstellend und sie wurde auf meinem Rücken ausgetragen“, sagt der Künstler.

„Es war kein Auftrag über 70.000 Euro, wie kolportiert worden ist!“ Vielmehr war der Künstler als Sieger eines von der Stadt Ried ausgeschriebenen Wettbewerbes hervorgegangen, an dem neun Kunstschaffende der Innviertler Künstlergilde teilgenommen hatten. Das Budget hatte 40.000 Euro betragen. „Ich habe der Stadt 38.800 Euro in Rechnung gestellt“, sagt Sagmeister. Davon musste er auch Material- und Fertigungskosten bezahlen. „Dass da nicht mehr so viel übrig bleibt, ist auch klar.“

Der "Stadtwächter" als Aufreger
Sagmeisters Skultpur "Stadtwächter"

Andreas Sagmeister weiß aber auch, dass die Diskussion über Kunst – zumal im öffentlichen Raum – Teil des künstlerischen Lebens ist. „Kunst im öffentlichen Raum ist wichtig als Statement für die Stadt, für ihren Stil und ihre Lebensqualität.“ Die Stadt Ried habe eine sehr offene Einstellung dazu. „Kunst am Bau wird akribisch verfolgt, für Ried passt das sehr gut“, so Sagmeister.

Es wurde doch ein Kreisverkehr

Dass sein Kunstwerk nun am als „Landshuter Platz“ wenig bekannten Lughofer-Kreisverkehr steht, hat für ihn eine besondere Bedeutung: „Die Pferdeskulptur an der Brücke stammt von meinem Großonkel Max Stockenhuber, und nun steht mein ‚Stadtwächter’ als eines der größten Kunstwerke in der Innenstadt auch dort.“

Andreas Sagmeister hat intensiv getüftelt an dieser letztlich sehr reduziert und linear gehaltenen Skulptur. Ein erster Entwurf für den „Stadtwächter“ war ihm zu kompliziert, bis er dann die zwei Säulen – sie symbolisieren die einander zugeneigten Partnerstädte Ried und Landshut – arrangiert hat. Der Titel sei übrigens eine Idee seiner Partnerin gewesen: „Wir sind ein Team und diskutieren viel“, sagt Sagmeister. Dass sein Kunstwerk nun im Inneren eines Kreisverkehrs steht, entlockt dem Künstler ein Lächeln: „Ich hab oft gesagt, für einen Kreisverkehr mache ich nichts – aber der ‚Stadtwächter’ ist irgendwie prädestiniert für einen Kreisverkehr. Denn beide Elemente ändern ihren Charakter zueinander, wenn man die Skulptur umkreist.“ Den Blick rund um die Skulptur kreisen lassen – das sollte der Beobachter am besten bedächtig bei einer Umrundung zu Fuß und nicht vom Auto aus machen.

"Künstler sind auch gewillt zu geben, ohne zu nehmen"
IKG-Vorsitzender Walter Holzinger

"Künstler sind auch gewillt zu geben, ohne zu nehmen"

Die Debatte über die Skulptur am "Lughofer-Kreisverkehr" war auch eine Diskussion über den Wert von Kunst im öffentlichen Raum. Wir haben dazu den Vorsitzenden der Innviertler Künstlergilde, Walter Holzinger, befragt. Der Rieder Bildhauer hat sich mit diesem Thema unter anderem auch in seiner Dissertation auseinandergesetzt.

Volkszeitung: Wird Kunst im öffentlichen Raum ausreichend gewürdigt und gefördert?

Walter Holzinger: Was die Stadt Ried betrifft: Die Bereitschaft, Kunst im öffentlichen Raum und Kunst am Bau zu fördern, ist außerordentlich hoch. Als Künstler macht man auch Kunst für den öffentlichen Raum, und dass darüber auch diskutiert wird, ist wichtig. Kunst und Kultur sind Teil unserer Nahrungskette, ohne sie fehlt etwas. Die Definition eines Platzes oder Orts wird durch Kunst wertvoller.

Schmerzt eine Diskussion, die sich nur um das Geld dreht?

Das eine sind Ausschreibungen der Stadt, wie eben dieser konkrete Fall. Da werden von der Kommune Entscheidungen getroffen. Künstler sind aber schon auch gewillt, Kunst für den öffentlichen Raum zu schaffen, ohne immer groß die Hand aufzuhalten – siehe die Skulpturen im Stadtpark oder vor dem Landesgericht, wo Künstler zum Großteil ohne großes Honorar ihre Werke zur Verfügung gestellt haben. Viele Künstler geben vielfach auch, ohne zu nehmen. Ich glaube auch nicht, dass die Diskussion um den ‘Stadtwächter’ personifiziert ist, sondern das ist eher Ausdruck allgemeiner Haltung.

Wird Ihrer Ansicht nach Kunst im öffentlichen Raum auch entsprechend wahrgenommen?

Den Begriff von Kunst im öffentlichen Raum gibt es übrigens schon seit dem 19. Jahrhundert, und er war seitdem immer wichtig. Der Kunstbegriff ist jedoch sehr umfassend. Kunst ist in einer Stadt vielfach vorhanden, sie zeigt sich etwa auch in Gebäuden, in Plätzen, in der Architektur. Entscheidend ist, dass man das gesamte ‘Konvolut Kunst’ begreift und erkennt, erst dadurch wird Kunst entsprechend geachtet und wertgeschätzt. Unsere Rolle als Künstler ist es beispielsweise auch, eine Art ‘Mittlerfunktion’ für und mit Schulen zu übernehmen. Wir müssen für junge Menschen auch als Vermittler von Kunst fungieren.

Das ist derzeit ein wenig schwierig, oder? Die Situation für Künstler ist nicht einfach.

Ja, derzeit ist die Lage für manche Künstler wirklich existenzbedrohend. Auch, wenn man bedenkt, dass nur rund drei Prozent der Menschen an Kunst interessiert sind. Es wäre daher gerade jetzt wichtig, einen kleinen Betrieb aufrechtzuerhalten, damit später Größeres wieder möglich wird. Die Innviertler Künstlergilde ist so ein Nest, das wärmt – nicht vorrangig materiell, sondern auch ideell.

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23. April 2024