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Handy-SIM-Karte für Drahtzieher von Objekt 21 ins Gefängnis geschmuggelt?

08.Juni 2020

Zu fünf Jahren Haft wegen Wiederbetätigung wurde Anfang Februar der ehemalige Drahtzieher des Neonazi-Netzwerks "Objekt 21" verurteilt, die OÖN haben berichtet. Das Urteil gegen den 35-Jährigen, der bereits in der Vergangenheit mehrfach im Gefängnis saß, wurde vergangene Woche vom Oberlandesgericht Linz nach Einspruch der Staatsanwaltschaft Ried auf sieben Jahre erhöht.

Vor dem Ausbruch der Corona-Krise musste sich das Landesgericht Ried erneut mit dem Häftling beschäftigen, diesmal allerdings nur indirekt.

Angeklagt war eine 28-jährige Frau aus dem Bezirk Wels. Von der Staatsanwaltschaft Ried wurde der bisher unbescholtenen Angeklagten das Vergehen der Begünstigung vorgeworfen. Sie soll am 28. August 2019 eine Handy-SIM-Karte in den Besucherraum der Justizanstalt Ried geschmuggelt und diese dem 35-Jährigen, der damals in Untersuchungshaft saß, übergeben haben. Rund eine Stunde nach diesem besagten Besuch wurde vom Inhaftierten eine Nachricht mit dem Inhalt "meine neue Nummer" versandt. Die SIM-Karte war auf den Namen der Angeklagten angemeldet.

Angeklagte streitet ab

Sie habe damit allerdings nichts zu tun, beteuerte die Welserin vor Richter Stefan Kiesl. "Wie die Karte reingekommen ist, da müssen Sie den Inhaftieren fragen, das weiß ich nicht", sagte die 28-Jährige. Dass sie den Objekt-21-Drahtzieher mehrfach besuchte, bestritt sie nicht. "Ich war zu dieser Zeit arbeitslos. Mit der rechten Szene habe ich aber nichts zu tun", sagte sie. "Wenn Sie nichts mit der rechten Szene zu tun haben, warum besuchen Sie dann ausgerechnet diesen Mann?", fragte Richter Kiesl.

Die lapidare Antwort der Angeklagten: "Na ja, das ist halt seine Einstellung." Über das Ausmaß der kriminellen Karriere ihres "Bekannten" habe sie aber nicht Bescheid gewusst. "Ich habe gehört, dass er wegen eines Fotos auf Facebook im Gefängnis sitzt, mehr wusste ich nicht."

Offensichtlich ist, dass der 35-Jährige auch während seiner Haftzeiten in Ried und Suben durchaus gut vernetzt gewesen sein dürfte. Die SIM-Karte, die bereits am 19. Juli 2019, also mehr als fünf Wochen vor der Übergabe, gekauft wurde, habe sie besorgt, das gab die Angeklagte zu. "Ich bin von einem mir unbekannten Mann kontaktiert worden. Er hat mich in ein Geschäft gebracht, wo ich dann die SIM-Karte gekauft habe. Die Registrierung erfolgte auf meinen Namen, das habe ich auch unterschrieben. Ich habe mir dabei nichts gedacht", schilderte die Angeklagte. Davon, dass diese SIM-Karte für den Häftling bestimmt war, habe sie nichts gewusst.

"Ich war sehr deppert und naiv und habe mir keine Gedanken gemacht", wiederholte die Frau, die vom Andorfer Rechtsanwalt Harald Korp verteidigt wurde, mehrfach. "Wie hat dieser Mann ausgesehen?", wollte Richter Kiesl wissen. "Normal halt, durchschnittlich", so die wenig aussagekräftige Antwort der Beschuldigten. Sie jedenfalls habe mit der Übergabe der SIM-Karte in der Justizanstalt nichts zu tun.

Verteidiger Korp stellte zwei Beweisanträge. Er forderte den ehemaligen Objekt-21-Drahtzieher als Zeugen und die Aufzeichnungen, die der Inhaftierte in der Justizanstalt während der Untersuchungshaft erhielt. Richter Kiesl lehnte ab. "Der Tatbestand der Begünstigung ist nicht erfüllt. Dass meine Mandantin eine Aussage bei der Polizei verweigerte, mag unglücklich sein. Es kann ein Zufall sein, dass sie ihn an diesem Tag besucht hat, ein kausaler Verlauf ist nicht nachzuweisen", so Verteidiger Korp im Schlussplädoyer.

"Märchengeschichte"

Kiesl sprach die Angeklagte frei. "Ich muss mir über diese Märchengeschichte, die Sie mir hier erzählt haben, eigentlich keine Gedanken machen, denn es spielt rechtlich keine Rolle. Fakt ist, dass man Ihnen überhaupt nicht nachweisen kann, dass Sie das Ziel gehabt hätten, dem Häftling bei einer Flucht zu helfen. Es gibt überhaupt keine Beweisergebnisse in diese Richtung", sagte der Richter. Der Freispruch ist rechtskräftig. (tst)

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