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Facebook-Hetzer: "Unser Land ist eine Schande!"

Von Thomas Streif   04.Juli 2016

Adrett gekleidet in Anzug und Krawatte betritt der Angeklagte aus Wien den Saal 18 des Landesgerichts Ried. In Begleitung eines Verteidigers ist der 61-Jährige nicht. Er muss sich wegen des Vergehens der Verhetzung verantworten. Im September 2014 soll er laut Staatsanwältin Ernestine Heger auf der mittlerweile gelöschten Facebook-Seite "Ja zu Österreich ohne Minarette" unter anderem "Weg mit dem Muslimdreckgesindel, man sollte diese Dreckschweine gleich abschieben" geschrieben haben.

"Ich bekenne mich nicht schuldig", sagt der Angeklagte mit lauter Stimme. Er habe die ihm vorgeworfenen Textpassagen zwar verfasst, aber er habe das auf radikale IS-Terroristen bezogen. Er habe ein Foto kommentiert, auf dem österreichische IS-Terroristen zu sehen waren. "Ich habe noch nie in meinem Leben einen Moslem persönlich angegriffen. Ich habe selbst 30 Jahre in Australien gelebt", so der 61-Jährige.

Richterin Claudia Hubauer ist mit dieser Erklärung nicht ganz einverstanden. "Der Unterschied zwischen IS-Kämpfern und der Religion ist ihnen aber schon bewusst?".

Jetzt wird der Angeklagte immer emotionaler und lauter. "Sicher ist mir das bewusst. Ich zelebriere sogar den Ramadan mit und bin ein weltoffener Mensch, der lange in Australien gelebt hat", schreit er. Er sei sich nicht bewusst gewesen, dass seine Äußerungen auf der Facebook-Seite, der mehr als 17.000 Personen folgten, strafrechtlich relevant sein könnten. "Da hat doch jeder was geschrieben, ich habe mich mitreißen lassen."

Die Befragung durch die Richterin bringt den Beschuldigten immer mehr in Rage. "Dass ich von Wien nach Ried fahren muss wegen so einem Blödsinn." Die Replik der Richterin, die völlig ruhig bleibt, lässt nichts an Deutlichkeit fehlen: "Das ist überhaupt kein Blödsinn."

Daraufhin kündigt der 61-Jährige an, nie wieder etwas auf Facebook zu schreiben. "In Österreich kann man ja nicht einmal mehr noch seine eigene Meinung sagen, ohne dass man diskriminiert wird. In Australien ist das nicht verboten. Dort kann man seine Meinung frei äußern."

Die Richterin ist davon nicht sehr beeindruckt, räumt aber ein: "Ich kenne die australische Gesetzeslage nicht so genau." Das letzte Wort vor der Urteilsverkündung hat der arbeitslose Wiener. "Ich möchte einen Freispruch, weil ich keine bösen Gedanken hatte."

Dem Wunsch kommt Hubauer nicht nach, sie verurteilt den Angeklagten zu drei Monaten bedingter Haft. "Sie müssen sich damit abfinden, dass Sie nicht in den sozialen Netzwerken hetzen dürfen", so die Richterin.

Im Ausland ist alles besser

Der Beschuldigte ist empört und wettert: "Ich fahre sowieso wieder weg aus Österreich, unser Land ist eine Schande." Er meldet Berufung an und legt noch einmal nach: "Wer ersetzt mir meine Fahrtkosten von Wien nach Ried und wieder retour?". Für Angeklagte gibt es allerdings keinen Fahrtkostenersatz. "Ich hoffe, sie bekommen hier auch richtige Verbrecher in den Saal herein", ätzt der Wiener.

Ehe er den Gerichtssaal verlässt, will der Beschuldigte noch wissen, was denn der Verfasser dieses Artikels überhaupt im Gerichtssaal verloren habe. "Wer sind sie überhaupt und warum schreiben sie mit. Haben sie auch meinen Namen notiert? "

Die Beantwortung übernimmt die Richterin selbst: "Das ist ein öffentlicher Prozess und der Herr ist von der Presse." Staatsanwältin Ernestine Heger gibt keine Erklärung ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Seit August 2015 standen bereits sieben Personen wegen hetzerischer Internet-Einträge auf jener Seite, die von einem Moosbacher betrieben wurde, in Ried vor dem Kadi, die OÖN haben berichtet.

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20. April 2024