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"Ein Corona-Fall würde mich nicht aufregen!"

Von Roman Kloibhofer   27.Februar 2020

Das Corona-Virus beherrscht derzeit die Nachrichten. Die Situation ändert sich beinahe stündlich. Von einer "Infodemie" – also einer Überfütterung mit Informationen – ist bereits die Rede. Wie geht man am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern damit um? Dazu nimmt der Mikrobiologe und klinische Pathologe Milo Halabi aus Ried Stellung. Er warnt vor übertriebenen Reaktionen und vor Panikmache. Die Grippe sei wesentlich gefährlicher.

Volkszeitung: Von einer Corona-Panik sind wir nicht mehr weit entfernt – sehen Sie das auch so?

Milo Halabi: Ja, Sie sagen es, es ist Panik erkennbar. Faktum ist, dass wir von einer Infektionskrankheit, die durch Tröpfcheninfektion übertragen wird, heimgesucht werden – übrigens genauso wie die Grippe. Und diese Krankheit trifft auf eine ungeschützte Bevölkerung. Die Sterblichkeitsrate bei Menschen über 60, die häufig auch andere Erkrankungen haben, steigt. Das ist bei der Grippe das Gleiche – und die Grippeepidemie ist derzeit auch noch nicht vorüber. Dabei gäbe es die Möglichkeit, sich gegen Grippe impfen zu lassen, aber das tun nur wenige. Die Bevölkerung lässt sich leider auch durch Medienberichte beunruhigen. Wenn ich von Hamsterkäufen höre, dann muss ich sagen: Das ist ein Wahnsinn!

Corona bestimmt derzeit die Nachrichten. Man spricht von einer "Infodemie", also einer Überfütterung mit Information. Wird zu viel darüber geredet?

Ja. Jedes Medium will Exklusives bringen, alle wollen das Besondere, Explosive. Und mittendrin geben dann selbsternannte Experten Auskunft. Das macht eine neutrale, sachliche Information nicht einfacher. Aus der Sicht der Medien ist das nachvollziehbar, aus der Sicht eines Mediziners nicht. Man müsste die Menschen wieder schulen, wie man mit Infektionskrankheiten umgeht. Der Blick auf das Wesentliche geht durch diesen Hype verloren, es wäre notwendig, mit Hausverstand zu handeln. Manche Reaktionen sind absurd...

Welche meinen Sie?

Etwa, wenn ich von Leuten gefragt werde, wieviel Wasser oder Vorräte sie einlagern sollen, so, als bedrohe uns eine schwere Katastrophe. Das ist übertrieben. Auch manche Maßnahmen scheinen mir überzogen. Was den Mundschutz betrifft: Ein gesunder Mensch braucht keinen, dieser hilft nur, wenn jemand erkrankt ist, die Infektion nicht so leicht weiterzuverbreiten.

Werden Sie derzeit mit Anfragen besorgter Menschen konfrontiert?

Ja, es gibt bei mir persönlich schon Anfragen, aber vorwiegend aus der medizinischen Kollegenschaft, zum Beispiel von niedergelassenen Ärzten. Der Öffentlichkeit kann ich an dieser Stelle das Gesundheitstelefon unter 1450 empfehlen. Dort erhält man die richtige Auskunft, wie man sich verhalten soll, wenn man glaubt, erkrankt zu sein.

Die Frage der Stunde lautet nicht nur: Wie konnte so etwas passieren? sondern auch: Was ist nun zu tun?

Wir sollten uns wieder auf unseren Hausverstand besinnen und uns nicht in eine Hysterie hineinsteigern und allgemeine Hygieneregeln befolgen: Jeder Schnupfen, jeder Husten wird meist durch Viren hervorgerufen – ein Teil der Viren, die bei uns zirkulieren sind sogar Coronaviren, natürlich andere als der aktuelle Virusstamm. Was ist daher zu tun? In den Oberarm und nicht in die Hände niesen, Hände schütteln vermeiden, die Hände oft waschen und wenn man sich krank fühlt, dann sollte man zu Hause bleiben.

Werden Patienten mit grippeähnlichen Symptomen derzeit automatisch auf CoVid19 getestet?

Nein. Es gibt eine klare Fall-Definition der Gesundheitsbehörde, dass nur Rückkehrer oder Reisende aus Infektionsgebieten oder Menschen, die mit solchen Personen Kontakt gehabt haben, getestet werden.

Bisher hieß es, die Grippe sei viel gefährlicher als die Erkrankung durch das Corona-Virus. Teilen Sie diese Meinung?

Ja. Ich bleibe dabei: Die Grippe ist weitaus gefährlicher, daran sterben in Europa jährlich 40.000 bis 50.000 Menschen. Da ist leider eine Diskrepanz in der öffentlichen Wahrnehmung erkennbar.

Die Frage liegt auf der Hand: Wie geht ein Virologe mit der Situation um?

Ganz normal, ich pflege eine normale Hygiene, vor allem der Hände, und ich handle mit offenen Augen und mit Hausverstand. Wichtig ist mir, zu vermitteln, dass man nicht übertrieben reagiert.

Gibt es im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried so etwas wie einen Corona-Notfallplan?

Wir sind gerüstet für den Fall, dass Infizierte zu uns kommen. Wir sind so organisiert, dass alle Anforderungen erfüllt werden, und wir stehen ständig in Kontakt mit der Amtsärztin sowie mit dem Roten Kreuz. Ein Coronafall würde mich jetzt nicht besonders aufregen. Wichtig sind in dieser Situation Besonnenheit und Professionalität in der Reaktion.

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19. April 2024