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Die Wehren im Wandel

Von Lisa Penz   04.August 2021

Die Feuerwehr ist im Dauereinsatz. Unfälle, Unwetter, Brände: Der Aufwand wird immer mehr. Braunauer Bezirksfeuerwehrkommandant Josef Kaiser spricht mit den OÖN darüber, wie das noch zu bewältigen ist.

Die Einsatzkräfte waren die vergangenen Wochen im Dauereinsatz. Inwiefern kann man sich auf Katastrophen vorbereiten?

Das Üben jeglicher Einsatzszenarien gehört zu unserem Standardausbildungsprogramm. Alle Notrufe, die hereinkommen, werden priorisiert: An erster Stelle stehen Einsätze, bei denen Personen oder Tiere gerettet werden müssen, danach kommt das Freimachen von Verkehrswegen, dann das Auspumpen der Keller, ... Und auch hier wird gereiht: Wenn ich 20 Zentimeter Wasser im Keller habe, muss ich möglicherweise länger auf Hilfe warten, als wenn der ganze Keller unter Wasser steht. Jeder erwartet die Hilfe als erster. Wir tun unser Möglichstes, können aber auch nicht überall gleichzeitig sein. Wichtig ist: Es wird kein Notruf vergessen, nur gereiht.

Was braucht es, damit die Arbeit in Zukunft bewältigbar bleibt?

Wir werden die eine oder andere zusätzliche Ausstattung benötigen. Wichtig ist, dass es eine flächendeckende Notstromversorgung bei den Feuerwehrhäusern gibt. Wenn plötzlich durch eine Hochwassersituation der Strom ausfällt, sollte die Feuerwehr funktionstüchtig bleiben. Es braucht auch neue Rahmenbedingungen. In den vergangenen Jahren haben wir vieles aus unserer eigenen Kasse investiert, etwa für einen neuen Waldbrandstützpunkt. Der Kuchen wird aber immer kleiner, irgendwann können wir die Kosten nicht mehr stemmen. Es geht an die Substanz, wenn die Feuerwehren Veranstaltungen machen müssen, damit notwendige Finanzierungen getätigt werden können.

Die Einsätze nehmen zu, wie lässt sich das noch mit dem Beruf vereinbaren?

Die Einsatzkräfte müssen oft auf Knopfdruck Hilfe leisten. Wir geben den Unternehmen aber das Gefühl, dass wir unsere Männer und Frauen nur dann rufen, wenn wir sie unbedingt brauchen. Bei großen Menschenansammlungen, in Städten, aber auch auf Bundesstraßen gibt es laufend Einsätze. Irgendwann ist die Schmerzgrenze erreicht. Wir organisieren die Einsätze so, dass die wegkönnen, die zurück in die Arbeit müssen und die, die mehr Zeit haben, etwa auch die Nacharbeiten machen. KAT-Einsätze dauern oft Stunden bis Tage. Es ist sehr belastend, wenn ich den ganzen Tag Schlamm schaufeln oder bei Bränden höchste körperliche Anstrengungen erbringen muss.

Wie geht es den Einsatzkräften, die immer öfters im Einsatz stehen müssen?

Wenn man für einen Einsatz gerufen wird, ist der Adrenalinspiegel hoch, man ist belastungsfähig. Natürlich ist aber die Erschöpfung und Abgeschlagenheit in unterschiedlichen Zeitfenstern spürbar. Dann sind Einsatzleiter in der Verantwortung, um für Ablöse zu sorgen. Die Motivation ist aber groß. Unsere Leute entscheiden sich für die Feuerwehr, weil sie helfen wollen. Sie regenerieren sich nach schweren Einsätzen, gehen dann aber wieder gestärkt an die Arbeit. Irgendwann wird der Akku leer sein, ist klar. Aber so wie es jetzt ist, wenn alle paar Tage jemand gebraucht wird, kann man sich wieder hochfahren.

Wie ist der Bezirk aufgestellt? Gibt es genug Ehrenamtliche?

Wir haben knapp 7000 freiwillige Aktive, davon können wir 1500 bis 2000 Leute auf die erste Minute losschicken. Die zusätzlichen Leute machen die Ablöse aus. Wir sind mannschaftsstark, motiviert und gut ausgebildet.

Früher hat das Feuer die Wehren am meisten gefordert. Wie haben sich die Aufgaben geändert?

Schon lange stehen die technischen Einsätze im Vordergrund. Dazu zählen Verkehrsunfälle, Aufräumarbeiten, aber auch Taucheinsätze. Das macht etwa 60 Prozent aus. 20 bis 25 Prozent sind Brand-, der Rest Katastropheneinsätze, die in Zukunft noch massiv zunehmen werden. Der Gesamtaufwand wird mehr, diesen zu bewältigen eine Herausforderung, die wir nur mitsamt unserer Gesetzgebung, dem Land und dem Bund, meistern können. Es braucht Regelungen, damit die Einsatzkräfte mehr Freiräume bekommen und nicht etwa der ganze Urlaub für die Feuerwehr draufgeht. Eine Feuerwehrfrau, ein Feuerwehrmann erbringt eine Leistung an der Gesellschaft und darf aufgrund dessen beruflich nicht schlechter gestellt werden. Dabei ist die Gesetzgebung ein wichtiger Teil, um diese Freiräume abzusichern.

Auch die Gefahren verändern sich, z.B. in Hinblick auf E-Autos.

Bisher sind wir immer vor Tatsachen gestellt worden. Etwas ist auf den Markt gekommen und wir müssen sehen, wie wir damit zurechtkommen. Wir sind intensiv bestrebt, in solche Entwicklungen künftig einbezogen zu werden, damit wir rechtzeitig Ausbildungen etablieren können. Nicht nur in der Mobilität, sondern auch im Privatsektor und der Wohnungswirtschaft, etwa beim Umstellen der Heizung auf Wasserstoff.

Wie kann man sich als Privatperson auf Unwetter vorbereiten?

Wenn ich in einem hochwassergefährdeten Gebiet wohne, sollte ich präventiv Sandsäcke oder Barrieren zuhause haben sowie Fenster und Türen absichern. Jeder sollte die eigene Situation abschätzen: Wie verhält sich die Lage durch nahegelegene Gewässer oder landwirtschaftlich genutzte Flächen? Zudem sollte man alle Teile, die fliegen können, Trampolins, Gartenmöbel, Zelte, Pavillons, verstauen oder verankern.

Wie lange kann das noch gut gehen, wenn die Einsätze weiter zunehmen?

So lange Freiwilligkeit einen Spielraum, aber auch Akzeptanz und Ansehen hat, sehe ich in Zukunft nicht schwarz. Wenn aber die Einschränkungen für die Helfer und die Selbstverständlichkeit der erbrachten Leistungen zunehmen, würde es kritisch werden. Grundsätzlich blicke ich aber positiv und motiviert in die Zukunft. Die Rahmenbedingungen sind das Entscheidende dazu.

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