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Das Lebensmotto des Walter Ablinger: "I lass mir mei Kraft ned zerbrechen!"

Von Roman Kloibhofer   16.Februar 2019

Am Anfang stehen zwei Minuten Schweigen. Blicke ins Publikum – und Stille. Behindertensportler und Handbiker Walter Ablinger wählt einen ungewöhnlichen Einstieg, wenn er über sein Leben erzählt, von seinem Unfall und der Behinderung, die sein Leben verändert hat. Der Rainbacher (49) ist nicht nur als Sportler unermüdlich im Einsatz und trainiert für die Paralympics 2020 in Tokio und die WM 2019 in Holland – als Motivator gibt Walter Ablinger Einblick in sein Seelenleben und verdeutlicht seinen Weg zurück ins Leben.

"Das Leben ist ein Buch", sagt Ablinger, während im Hintergrund STS "i lass mir mei Kraft ned zerbrechen" singen. Aus diesem Buch werde er beim Vortrag erzählen. "Das was STS singen, ist zu meinem Lebensmotto geworden", erklärt der frühere Zimmerer, dessen Leben sich am 21. Juli 1999 um 8.34 Uhr auf einer Baustelle in Ruhstorf an der Rott völlig verändert hat.

Ich bin unverwundbar...

"Es war nass, die nächste Baustelle hat gewartet, ich hab nicht aufgepasst und bin dreieinhalb Meter tief kopfüber abgestürzt. Ich hab immer geglaubt, ich bin unverwundbar – aber dann habe ich sofort gemerkt, da passt was nicht mehr. Der zehnte und elfte Brustwirbel waren gebrochen, das Rückenmark zerfetzt." Trotz Operation, trotz Krankenhaus, trotz der Diagnose der Ärzte habe er nicht wahrhaben wollen, was passiert ist, erzählt Ablinger. "Nach zehn Tagen hat der Arzt zu mir gesagt: ‘Herr Ablinger, wir haben einen Rollstuhl für Sie!’ – erst da hat es mir gedämmert", erzählt Ablinger und seine Stimme versagt, er wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel.

Kein Fallschirmspringen mehr, kein Tauchen mehr, keine Abenteuer mehr – diese Gedanken gingen dem früheren UNO-Soldaten am Golan in Syrien und Zypern durch den Kopf. "Du liegst da, und das schwarze Loch an der Decke wird immer größer."

Vom Negativen ins Positive

Der Rückhalt durch seine Frau und seine drei Töchter war es, der ihm den notwendigen Anker gegeben hat. Und die Religion: "Jesus Christus ist mein Vorbild, er hat mich immer schon inspiriert", sagt der Innviertler. Als ihm seine Situation bewusst geworden war, habe er gewusst, er müsse bei null beginnen. "Da hab ich angefangen, die negativen Gedanken in positive zu wandeln", sagt Ablinger und wieder werden seine Augen glasig. "Wir müssen uns mehr mit uns selbst beschäftigen", das ist seine Botschaft an die Besucher des Vortrages und fügt hinzu: "Ich bin kein Arzt, ich bin kein Psychologe, ich bin der Walter Ablinger – und i bin froh, dass i bei eich wia a Innviertler redn kann!"

Stille Botschaften

Die Stille im Saal, wenn Walter Ablinger kurz innehält, schweigt, und Bilder oder Videos seiner sportlichen Erfolge zeigt, ist diesmal sein wertvollster Applaus. Die Achtsamkeit, die er den Menschen rät, ist ihm zur wichtigen Botschaft geworden. Und sie ist angekommen. "Was denke ich über mich selbst? Wie denke ich über andere? Was denke ich übers Leben? Wie ist mein Bezug zur Zeit? Liebe ich?", fragt er und richtet diese Fragen an seine Zuhörer.

"Wir haben, wir brauchen ein Ziel", sagt Walter Ablinger. Seine sportlichen WM- und Paralympics-Erfolge seien zwar schön, "aber das hilft mir heuer nicht zum WM-Titel". Mit zittriger Hand nimmt Walter Ablinger ein Blatt Papier und trägt mit ebenso zittriger Stimme seine ganz persönlichen Gedanken über das Leben und seine Familie vor. "Danke", sagt er, und klappt sein Buch "Ich lebe zwei Mal" zu. Ende des bislang letzten Kapitels.

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19. April 2024