„Mir war in 30 Jahren nie langweilig“
MAUERKIRCHEN. Von seinen 44 Lebensjahren hat Herbert Brandstetter knapp 30 seinem ehrenamtlichen Engagement gewidmet. Vor allem Heimatforschung und Feuerwehr sind dem Mauerkirchner eine Herzensangelegenheit, für die er fast seine gesamte Freizeit opfert.
Schon als 16-Jähriger verschwand Herbert Brandstetter wochenlang zu Forschungszwecken in Archiven. Die Ergebnisse veröffentlichte er in bisher 13 eigenen Publikationen, darunter „Mauerkirchen – die Chronik“, die aufgrund ihrer fundierten Aufbereitung neue Standards unter den Heimatbüchern setzte. Darüber hinaus verfasste er nahezu 50 Beiträge in heimatkundlichen Fachschriften und stellte sein Dokumentationsmaterial für unzählige Druckwerke in Oberösterreich und Bayern zur Verfügung.
Zudem ist der beruflich als Briefträger tätige Heimatforscher Initiator und Organisator vieler kultureller Projekte und Veranstaltungen. Im Vorjahr wurde beispielsweise der von ihm initiierte und geschichtlich aufbereitete „Maria Hafner-Park“ in Mauerkirchen eröffnet. 13 Jahre gehörte Brandstetter dem Vorstand des Innviertler Kulturkreises an.
Freude an der Arbeit
Ebenfalls im Alter von 16 Jahren begann Herbert Brandstetters zweite Leidenschaft, der Dienst bei der örtlichen Feuerwehr. Neben dem Übungs- und Einsatzdienst absolvierte er 16 Lehrgänge und erwarb 16 Leistungsabzeichen. 25 Jahre war er Mitglied der erfolgreichen Bewerbsgruppe und seit 23 Jahren ist er Schriftführer seiner Feuerwehr. Zehn Jahre war er zudem Pressereferent des Bezirkskommandos.
Seit 15 Jahren kann er die Feuerwehrbelange auch mit der Geschichtsforschung verknüpfen, denn so lange ist er schon Sachbearbeiter für Feuerwehrgeschichte im Landes-Feuerwehrverband, daneben auch seit 14 Jahren Gastvortragender an der Feuerwehrschule. Seit acht Jahren arbeitet er zudem in der Arbeitsgemeinschaft für Feuerwehrgeschichte auf europäischer Ebene.
Neben all seinen Ämtern und Forschungstätigkeiten fand der rührige Mauerkirchner auch noch Zeit, sich in der Politik zu engagieren. Von 1991 bis 1994 war er Vizebürgermeister der Marktgemeinde.
Für seine außergewöhnlichen Leistungen wurden Herbert Brandstetter insgesamt 30 Orden und Auszeichnungen, darunter im Jahr 2000 der Konsulententitel, verliehen.
Forscher mit 16 Jahren
Warum er so viel Zeit und Engagement in den Dienst der Allgemeinheit stellt? Im Interview mit der Warte erklärt er seine Beweggründe und warum es wichtig ist, auch einmal „Nein“ zu sagen:
Warte: So viel Lebenszeit in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen, ist nicht selbstverständlich. Wie kam es dazu?
Brandstetter: Mich hat schon als Kind Geschichte, besonders jene der unmittelbaren Umgebung, interessiert. Mit 16 Jahren hat mich das „Forschervirus“ infiziert und ich begann in Archiven zu forschen. Weil ich mir jedoch meine Fertigkeiten selbst aneignen musste, getraute ich mich erst zehn Jahre später meinen ersten Beitrag in einer Fachschrift zu veröffentlichen. Zur Feuerwehr kam ich durch acht Schulkameraden, von denen jedoch neben mir nur mehr einer aktiv dabei sind.
Warte: Woher nehmen Sie die Motivation dazu?
Brandstetter: Ich komme aus bescheidenen sozialen Verhältnissen und wollte beweisen, dass man mit Fleiß und Ausdauer auch mit dieser Abstammung etwas Positives für die Gesellschaft leisten kann. Meine Ehrenämter bereiten mir Freude und geben meinem Leben Sinn und Zufriedenheit. Es ist ein erhebendes Gefühl, wenn man als Feuerwehrmann helfen, oder als Heimatforscher eine Publikation veröffentlichen kann. Das Rezept für meinen Erfolg sind Freude an der Arbeit, Disziplin und Bescheidenheit.
Warte: Gab es nie ein negatives Erlebnis?
Brandstetter: Meine Tätigkeiten in der Feuerwehr und in der Kultur brachten mir so viele schöne Erlebnisse, die ich heute nicht missen möchte. Natürlich bringt die Zusammenarbeit in den Organisationen auch Disharmonien. In solchen Fällen ist Menschenkenntnis gefordert und die Bereitschaft, Probleme auszudiskutieren.
Warte: Hat ein Ehrenamt auch Grenzen?
Brandstetter: Man muss als Ehrenamtlicher jedoch aufpassen. Nicht umsonst heißt es: „Was nichts kostet ist nichts wert!“ Die Gefahr ist groß, dass die eigene Gutmütigkeit ausgenutzt wird. Hier muss man lernen, Grenzen zu ziehen und sich auch getrauen, manchmal 'Nein!' zu sagen.
Warte: War Ihnen schon einmal langweilig?
Brandstetter: Mir war seit 30 Jahren keinen einzigen Tag langweilig.
Warte: Ernten Sie für Ihren Erfolg auch die verdiente Anerkennung?
Brandstetter: Mit wachsendem Erfolg steigt auch die Anzahl der Neider. Solche Mitmenschen amüsieren mich. Ich habe für meinen Erfolg sehr hart arbeiten müssen. Konfuzius sagte einmal: „Die drei großen Geißeln der Menschheit sind Neid, Gier und Dummheit“. Ich freue mich, dass mir zumindest die ersten beiden Eigenschaften fremd sind.
Warte: Wie hält man dieses Arbeitspensum durch?
Brandstetter: Seit etwa sechs Jahren muss ich feststellen, dass ich mir in meinen vielen Funktionen zu viel zugemutet habe. Um mir die Freude am Ehrenamt zu erhalten, ziehe ich mich seither sukzessive aus verschiedenen Ämtern zurück. Zum Ausgleich – und um körperlich fit zu bleiben – gehe ich gerne (Berg-)Wandern und betreibe Radsport.