Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter sei ein tadelloser Soldat gewesen, hätte nicht weniger gehorcht und gekämpft als andere, sondern sogar mehr. Er lehnte es nur ab, Soldat für den Nationalsozialismus zu sein. Er sei ein Soldat Christi gewesen, sagte Bibelexperte Professor Otto Schwankl aus Passau beim 70. Todestag von Franz Jägerstätter vergangenen Freitag in Tarsdorf. „Die logische Basis ist das Jesuswort in der Bergpredigt: ‘Niemand kann zwei Herren dienen’. Die zwei Herren sind einerseits Christus und seine Kirche, andererseits Hitler und sein Nazi-Staat. Jägerstätter war bereit zum Soldatendienst für Christus und wollte dort seiner Pflicht nachkommen“, sagte Schwankl.
Seit vielen Jahren habe ihn – außer der Bibel – kein Buch so ergriffen, wie „Der Briefwechsel mit Franziska“ von Jägerstätter-Biografin Erna Putz. Das hänge wesentlich mit seiner Herkunft zusammen. Schwankls Vater und Franz Jägerstätter gehörten nicht nur derselben Generation an, sondern waren beide Landwirte, Familienväter und katholische Christen. Der Experte beschäftigte sich ausführlich mit der Beziehung Franz Jägerstätters zur Bibel. Jägerstätter sei tief in der Bibel beheimatet gewesen und habe sie in seiner Situation aktualisiert. In seinen Briefen und Aufzeichnungen sei sie sozusagen allgegenwärtig, sagte Schwankl.
Grundlage für seinen Vortrag waren Jägerstätters Schriftstücke, aus denen Schwankl immer wieder zitierte. Doch dieses Bild von Jägerstätter als Kämpfer und Soldat gefiel manchen Zuhörern ganz und gar nicht. Sie meinten, diese militärische Sprache von damals hätte übersetzt werden müssen. Statt „Ohne Kampf kein Sieg“ müsse es „Mit Engagement zum Frieden“ heißen, meinte ein Besucher aus Tirol.
Franz Jägerstätter, der vor 70 Jahren von den Nationalsozialisten hingerichtet wurde, weil er den Dienst mit der Waffe verweigerte, war ein eifriger Leser, las viele christliche Bücher und Zeitschriften. Er war ein logischer Denker und das Christsein neben der Landwirtschaft und der Familie sein höchster Beruf. „Was uns eventuell wie eine harmlose geistliche Betrachtung über das Beten erscheint, hatte für Jägerstätter eine gewaltige Sprengkraft. Der knappe doppelte Ausdruck ‘Hinein ins Gottesreich, heraus aus dem Reich der Sünde’ klingt wie ein Marschkommando. Er wird, wenn jemand logisch denkt, zu einem Wegweiser. Zu einem Ruf, der einer ‘Einberufung’ gleichkommt“, sagte Schwankl.
Franz Jägerstätter hat die Bibel gelesen und sich inspirieren lassen. Was ist, wenn Laien Bibel lesen? Welche Bibel ist empfehlenswert? Professor Otto Schwankl, Bibelexperte aus Passau, hat die Antwort.
Warte: Der Fall Jägerstätter macht deutlich, welche Sprengkraft in der Bibel steckt. Ist es ratsam, ohne Hintergrundinformation die Bibel zu lesen? Jägerstätter war kein Theologe, er hat die Bibel gelesen uns sich inspirieren lassen.
Schwankl: Wenn jemand grundsätzlich mit der Interpretationsgemeinschaft der Kirche vertraut ist, dann kann er gar nicht genug in der Bibel lesen. Der Laie wird auf vieles stoßen, was er nicht versteht, was ihn irritiert. Doch er wird sich dann von der großen Interpretationsgemeinschaft einen Kompass geben lassen, wie er die Bibel zu lesen hat.
Was ist, wenn ein Laie Bibel liest? Soll er sich mehr am Text orientieren bzw. ist es ratsam, die Bibel mit dem eigenen Leben zu verknüpfen?
Es heißt, die Bibel soll frei gelesen und diskutiert werden. Ein Problem kann es werden, wenn sich eine Gruppe zusammenfindet, die von vornherein eine von der Bibel unabhängige Zielsetzung hat. Und die dann in der Bibel jene Antworten findet, die in ihre Richtung gehen. Es gibt immer wieder eine gewisse Grauzone, auch bei uns Bibelexperten.
Es gibt viele Übersetzungen. Welche Bibel ist als Einstiegslektüre empfehlenswert?
Ich würde sagen, mit einer kirchenoffiziellen Übersetzung beginnen, auch wenn ich hier mit vielem nicht einverstanden bin. Und wenn man dann noch etwas sucht, empfehle ich möglichst wörtliche Übersetzungen. Zum Beispiel das Neue Testament von Friedolin Stier.