Er übt drei Berufe in einer Gemeinde aus

Eines der Highlights in der Amtsstube von Wolfgang Gerner ist eine unübersehbar mitten auf dem Schreibtisch platzierte Plastikdose. Diese lässt besonders Kinderherzen höher schlagen. Warum? Weil sie mit kleinen Säckchen voll Gummibären gefüllt ist. "Die Kleinen, die im Erdgeschoss den Kindergarten besuchen, haben schon bemerkt, dass es hier bei mir was Süßes gibt und kommen immer gerne auf Besuch." Das etwa 18 Quadratmeter große Büro samt Einrichtung im ersten Stock des Gemeindeamts hat Gerner zum Großteil von seiner Vorgängerin übernommen. Lediglich das auffällige Gemälde, das eine Gemeindebedienstete malte, brachte nach dem politischen Tapetenwechsel auch frische Farbakzente ins Zimmer. Ansonsten spielt Kunst eine untergeordnete Rolle in der Amtsstube.

Weitaus lieber führt der junge Ortschef den wuchtigen Safe aus dem Jahr 1849, der nach wie vor in Betrieb ist, vor. Der Wert der darin gelagerten Schätze, sei nicht groß. Doch das Konstrukt der Wiener Firma Wertheim, ein Andenken vom alten Gemeindeamt, ist an sich wertvoll. Kostbar ist auch die Mappe mit Bildern, die auf der Ablage hinter dem Schreibtisch liegt. Die Aufnahmen zeigen Pfaffstätter Häuser von einst und jetzt. "Unsere Bäuerinnen haben die Chronik in mühevoller, jahrelanger Arbeit zusammengetragen", erzählt der VP-Politiker, der vor wenigen Wochen getraut wurde.

Bürgermeisterei geht nebenbei

Hinter dem ordentlich aufgeräumten Schreibtisch, an dem Gerner zumeist an den Abendstunden anzutreffen ist, hängt eine besondere Fotografie. Diese zeigt das Firmenareal seines Arbeitgebers aus der Vogelperspektive. Vom Foto auf dem Schreibtisch lächelt nicht – wie vermutet – seine Ehefrau, sondern Mitarbeiterinnen von Hubers Landhendl. Ein Andenken der Damen zur Amtseinführung, erklärt der Politiker.

"Meine Kernaufgabe ist die Firma Huber. Die Bürgermeisterei ist eine Nebenbeschäftigung und die Landwirtschaft ist mein Hobby", erklärt der Agrarökonom. Den Ackerbaubetrieb am eigenen Hof führt er gemeinsam mit seinem Vater, der selbst das Bürgermeisteramt 29 Jahre lang zusätzlich zu seinem Beruf ausübte. Obwohl Gerner durch seine Ausbildung und Herkunft einen Hang zur Natur hat, überträgt er die Verantwortung über die Pflanzen in der Amtsstube dennoch lieber den Angestellten.

Als Wolfgang Gerner mit 38 Jahren am 28. Oktober 2009 das Amt übernahm, war er der jüngste Bürgermeister im Bezirk, sogar einer der jüngsten im Land. Trotzdem fährt der 43-Jährige seinen Kurs. "Ich tausche mich mit meinem Vater ab und zu über die Arbeit im Amt aus, aber er führt keine Entscheidungen für mich durch. Ich finde auch nicht, dass ich massiv anders arbeite als er, da ich natürlich politisch von ihm geprägt wurde. Aber natürlich gibt es zu vielem modernere Ansichten", erklärt der Prokurist, der auch zur nächsten Wahl im kommenden Jahr antreten will.

Prägende Weltreise

Von seinen Berufen abschalten oder Entschleunigung sind für den Neo-Ehemann Fremdwörter. "Mir machen alle drei Berufe Spaß. Ich stehe oft in der Öffentlichkeit und pflege den Kontakt zu vielen Leuten", erzählt der Hobby-Läufer. In seiner Jugend tourte der Bürgermeister der 1110-Einwohner-Gemeinde mit einem Freund durch die Welt. "Wir haben uns viel angeschaut, viele Kilometer heruntergespult, viel erlebt. Wenn sich jemand im politischen Umfeld wegen Kleinigkeiten aufregt, dann denke ich an die Zeit zurück und wie viele Leute es gibt, denen es viel schlechter geht als uns."

Serie: Der Arbeitsplatz des Bürgermeisters

Pfaffstätt

Einwohner: 1110 Haupt- und 116 Nebenwohnsitze
Das Gemeindeamt wurde 2000 neu errichtet. Zuvor war die Zentrale der Kommune in der alten Volksschule untergebracht. Die Gemeindebediensteten teilen sich das Gebäude mit dem Kindergarten, der im Erdgeschoss untergebracht ist. Die Gemeindeverwaltung und der Sitzungssaal sind im 1. Stock untergebracht. Das Archiv ist im Keller.
Wolfgang Gerner absolvierte in Rotthalmünster ein Agrarstudium. Obwohl der 42-Jährige als Kind von einer eigenen Landwirtschaft träumte, wurde er Prokurist.