Die Soldaten plünderten, soffen und überfielen die Wildenauer Gräfin

Von Sebastian Mitterbauer   19.Jänner 2012

Inhaber der Schlosses und der Herrschaft Wildenau war damals Maximilian Joseph Graf von Aham. Einen Tag, bevor die kaiserlichen Truppen am 28. Mai 1705 in Wildenau einfielen, floh der Graf mit seiner Gemahlin und dem fünfjährigen Sohn Eucharius von Wildenau in die befestigte Stadt Braunau. Die gesamte Dienerschaft des Schlosses flüchtete ebenfalls bzw. versteckte sich im Heu, wie das Ahamische Stammbuch erzählt, das diesem Artikel als Grundlage dient.

Die einfallenden Truppen brachen alle versperrten Truhen und Kästen auf, in der Hoffnung, Geld zu finden. In der Folge zerschlugen sie mit ihren Säbeln die versperrten Zimmertüren des Schlosses bzw. sprengten sie auf. Sämtliche Gegenstände, welche sie gebrauchen konnten, nahmen sie mit. So wurde aus dem Schlafzimmer der Gräfin der Altar gestohlen, die Apotheke geplündert und aus dem Tafelzimmer verschwand eine aus Kristall gearbeitete Trinkgarnitur. Was die Plünderer nicht brauchten, wurde am Boden ausgestreut.

Kapelle blieb verschont

Lediglich die Schlosskapelle mit der heute noch vorhandenen Ausstattung sowie die Sakristei mit den Messgewändern blieben verschont. Hier stellten die Soldaten auch die kurz zuvor in der Pfarrkirche Rossbach gestohlene vergoldete Monstranz ab, die nach dem Überfall vom Kaplan wieder nach Rossbach zurückgebracht wurde. Nach der Plünderung des Schlosses kamen die Wirtschaftsgebäude und Stallungen an die Reihe. Das Vieh wurde herausgetrieben, landwirtschaftliche Geräte nahmen sie mit. Alles, was sie aufgrund der Größe nicht an sich bringen konnten, wurde zerschlagen.

Bier für die Pferde

Das Stammbuch berichtet weiters, dass sich in dieser Nacht 3000 bis 4000 Soldaten teils zu Pferd, teils zu Fuß in Wildenau niederließen. Ihr Lager schlugen sie auf dem Hoffeld auf. Das Märzenbier wurde in Fässern aus dem Keller herausgebracht und von den Plünderern getrunken. Auch den Pferden gaben sie Bier, bis sie nicht mehr wiehern konnten, so berichtet das Stammbuch der Ahamer.

Untertanen nicht verschont

Die in der Umgebung lebenden Untertanen blieben vom Überfall ebenfalls nicht verschont. Hausrat, Kleidung, Sensen und Sicheln wurden gestohlen. Beim Abzug der kaiserlichen Truppen ritten die Soldaten mit ihren Pferden durch die Kornfelder, dass dabei die angebauten Früchte durch die Pferde zertreten wurden, und somit die gesamte Ernte verdorben war.

Ernte wurde zertreten

Schon eine Zeit vor dem Überfall wurde die Frau Gräfin von Aham, als sie vor dem Aspacher Pfarrhof aus der Kutsche absteigen wollte, von sechs feindlichen Husaren überfallen. Dabei setzten sie der Gräfin das Gewehr an den Hals. Die Gräfin rief den Pfarrer zu Hilfe, der die Hilferufe hörte und sich einsetzte. Dank seines Einsatzes gaben die Husaren der Gräfin das gestohlene Geld sowie die vom Hals heruntergerissene Perlenhalskette wieder zurück.

Als die Husaren um Mitternacht nach Wildenau kamen, schlugen sie ihr Lager am Platz vor dem Bader auf. Im Anschluss wurden Branntwein, Bier und Brot konsumiert. Im Haus des Schlossverwalters betranken sie sich mit Wein, bis sie nicht mehr reiten konnten.

Zum Abschluss berichtet das Ahamer Stammbuch, dass dieses Geschehen zum Andenken für die Nachkommenschaft niedergeschrieben worden sei. So haben wir es heute einem glücklichen Umstand zu verdanken, dass diese Geschehnisse auf Papier erhalten blieben. Man darf diese Aufzeichnungen gewiss zu den historisch wertvollsten Überlieferungen aus dem Spanischen Erbfolgekrieg in unserer Region zählen.

 

Der Graf von Aham

• Maximilian Joseph Graf von Aham wurde am 4. Juli 1660 als Sohn des Johann Ignaz Graf von Aham und seiner Gemahlin Maria Elisabeth, geborene Freiin von Aham auf Ottenhofen, geboren. Wie sein Vater war auch er Freiherr zu Wildenau und Weiffendorf und kurfürstlicher Kammerherr.

• 1693 vermählte er sich mit Maria Johanna Veronica Gräfin Schenk von Castell. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor, von denen allerdings vier im Kindesalter starben und nur der Nachfolger, Johann Eucharius, überlebte. Er wurde 1698 geboren und musste somit im frühen Alter von fünf Jahren den Überfall auf das Schloss erleben.

• Nach dem Tod seines Vaters übernahm Maximilian Joseph die Herrschaften Wildenau und Weiffendorf, die kurfürstliche Pflege zu Uttendorf überließ er aber seinem Bruder Max Emanuel Anton Graf von Aham.

• Der Graf starb 1711, seine Gemahlin 1729. Beide wurden in der Familiengruft im Stift Reichersberg beigesetzt. Nach dem Tod seines Vaters erbte Johann Eucharius Graf von Aham, Freiherr zu Wildenau auf Weiffendorf, Erb- und Silberkämmerer des Hochstiftes Passau und kurfürstlicher Kammerherr, mit nur 13 Jahren die Herrschaften Wildenau und Weiffendorf.

 

Hintergrund: So entstand der Spanische Erbfolgekrieg

• Als 1700 die spanische Habsburgerlinie mit König Karl von Spanien ausstarb, beanspruchten die österreichischen Habsburger mit Kaiser Leopold die spanische Krone. Da König Karl II. den französischen Prinzen Philipp von Anjou mittels Testament zum Universalerben der gesamten spanischen Monarchie einsetzte, wurde dieser zum spanischen König ausgerufen. Unter dem Oberbefehl des Prinzen Eugen von Savoyen begann Österreich 1701 in der Folge den Krieg gegen Frankreich.

• Als sich 1702 der Kurfürst Max Emanuel von Bayern und sein Bruder Joseph Klemens, Bischof von Köln, für Frankreich erklärten, richtete sich das Kriegsgeschehen auch gegen Bayern. Jeder zehnte Mann musste einrücken, der Sammelplatz für das Innviertel war Ried. In Weng war für die zum Gerichte Mauerkirchen gehörigen Leute ein gemeinsamer Exerzierplatz, auf welchem an Sonn- und Feiertagen die Mannschaft von einem Korporal in den Waffen geübt wurde. In Altheim lag eine bairische Reiterkompanie in Stellung.

• Der Sieg von Höchstädt am 13. August 1704 brachte die entscheidende bairische Niederlage. Die Kaiserlichen hielten das Land bis auf weiteres stark unterdrückt. Am 5. August 1705 ging in Burghausen die Huldigung der Stände, Städte und Märkte vor sich.

• Die allzu strenge österreichische Militärherrschaft mit unerfüllbaren Abgabevorschreibungen und weitreichenden Rekruteneinhebungen brachten den lang verhaltenen Ingrimm im Herbst 1705 zum offenen Ausbruch und es kam zur Bauernrebellion. Als Anführer taten sich der gebürtige Wenger Johann Georg Meindl und der Wirt von Schweigetsreith bei Maria Schmolln besonders hervor.