Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

Zeuge: "Angeklagter rief vorm Hitlerhaus Nazi-Parolen"

Von Thomas Streif   24.März 2015

"Ich kann es mir zwar nicht erklären warum, aber er will mich verleumden", sagt der 33-jährige Angeklagte aus München, der sich gestern vor dem Landesgericht Ried verantworten musste. Ihm wird vorgeworfen, am 20. April 2014 "Heil Hitler" und "Heil dem Führer" gerufen zu haben. Außerdem soll er den rechten Arm zum Hitlergruß ausgestreckt haben. Und das ausgerechnet am Geburtstag des "Führers" vor dessen Geburtshaus in Braunau.

"Ich bin da sehr empfindlich!"

Zumindest will das ein Mann aus Obernberg beobachtet und gehört haben. "Ich war bei einem Fischerkollegen in Simbach auf Besuch. Anschließend bin ich noch in Braunau spazieren gegangen", schildert der Zeuge dem Vorsitzenden des Geschworenengerichts, Josef Lautner.

Mit einem Mal habe er eine Gruppe von rund 20 Personen vor dem Hitlerhaus stehen gesehen. Er sei sich sicher, dass der 33-Jährige "Heil Hitler" und "Heil dem Führer" gerufen habe, wiederholt der Innviertler. "Ich bin, was die NS-Zeit betrifft, aufgrund meiner familiären Vorgeschichte sehr empfindlich. Manche scheinen einfach nichts aus der Geschichte gelernt zu haben."

Der bislang unbescholtene Angeklagte schüttelt den Kopf. Ein Freund habe ihn in Freilassing mit dem Auto abgeholt. "Er hat gesagt, dass wir in der Nähe von Braunau etwas essen gehen und dort seinen Geburtstag feiern. Er hat zufällig am gleichen Tag wie Hitler Geburtstag."

"Hitlerhaus in die Luft jagen!"

Dass sein Bekannter mit ihm und einer Freundin nach Braunau gefahren sei, habe ihn überrascht. Noch verwunderter sei er gewesen, als sich auf dem Parkplatz in der Nähe des Hitlerhauses noch weitere Personen zu ihnen gesellt hätten. "Ich habe nicht gewusst, wo das Hitlerhaus steht. Wir haben uns dann auch nicht zu den anderen gestellt, sondern blieben etwas abseits. Wenn wir das vorher gewusst hätten, dann wären wir gleich wieder von Freilassing mit dem Zug zurück nach München gefahren", so der Angeklagte, der sich nicht erklären kann, weshalb das Hitlerhaus noch steht. "Ich dachte, das Haus sei längst abgerissen worden. Meiner Meinung wäre es am vernünftigsten, das Haus in die Luft zu jagen."

Mit der rechten Szene habe er überhaupt nichts am Hut. Ihm sei die Situation unangenehm und suspekt gewesen. Dass sein Freund eher dem rechten Lager zuzuordnen ist, bestätigt er. "Wir waren befreundet, man muss nicht in allem einer Meinung sein."

Der Bekannte des Beschuldigten ist als Zeuge geladen, er glänzt jedoch mit Abwesenheit. "Wissen Sie, warum er nicht bereit ist, auszusagen?", fragt der Richter. "Er hat paranoide Vorstellungen vom Gericht. Er hat Angst, dass er sofort verhaftet wird."

Der Zeuge, der den 33-Jährigen schwer belastet, gibt an, dass der Mann ein weißes Hemd getragen habe und seine weibliche Begleitung dunkelhaarig gewesen sei. Die Aussage eines Polizisten widerlegt diese Behauptung. "Der Beschuldigte hatte einen roten Pullover an und seine weibliche Begleitung war blond."

Der Vorsitzende kritisiert die Arbeit der Polizei: "Sind die Ermittlungen wie in diesem Fall Standard bei Vergehen nach dem Verbotsgesetz?", fragt er den Polizisten im Zeugenstand. Eine Antwort bleibt dieser jedoch schuldig.

Nach rund eineinhalbstündiger Beratung gibt das Geschworenengericht das einstimmige Urteil bekannt. Der Beschuldigte wird von den Vorwürfen freigesprochen. Staatsanwalt Alois Ebner gibt keine Erklärung ab, daher ist das Urteil noch nicht rechtskräftig.

„Braunau gegen Rechts“ ruft wieder zur Demo auf

Zwei Tage vor Hitlers Geburtstag ruft das Bündnis „braunau gegen rechts“ am Samstag, 18. April, unter dem Motto „Erinnern heißt Handeln – gegen Nazis, Rassismus und Sozialraub“ zur antifaschistischen Demonstration auf. Die Teilnehmer treffen sich um 15 Uhr am Bahnhof, von dort bewegt sich der Demonstrationszug dann ins Stadtgebiet und zur Abschlusskundgebung beim Mahnstein gegen Faschismus vor dem Geburtshaus Adolf Hitlers.

Heuer jährt sich zum 70. Mal die Befreiung vom NS-Faschismus. In den Augen der Organisatoren der Demonstration kann nicht oft genug an die grausamen und schrecklichen Verbrechen dieser Zeit erinnert werden – dennoch laufe einiges schief. „Nicht nur in Braunau, sondern in Österreich ganz im Allgemeinen, werden vielfach diejenigen als Dorn im Auge empfunden, die gegen Rechts auf die Straße gehen und nicht Neonazis, die immer wieder ihr Unwesen treiben“, kritisiert das Bündnis „braunau gegen rechts“ in einer Aussendung.

Im Vorjahr war, wie berichtet, das Mahnmal vor Hitlers Geburtshaus mit blauer Farbe übergossen worden, nahezu zeitgleich tauchten in ganz Braunau rechtsextreme Aufkleber auf.      (ho)

 

 

copyright  2024
25. April 2024