"Mir liegt das einfache Leben mit der Natur"

Von Martina Schratzberger   07.Oktober 2017

Der aufgedrehten Wiener Kunstszene wird sie so schnell müde, wie sie sich diese herbei gesehnt hat. Dann wünscht sich Ingrid Pröller wieder den Blick auf’s griechische Meer und die Hühner, die gefüttert werden wollen.

"Marketing muss sein, aber es ist nicht unbedingt meine Leidenschaft. Lieber ist mir die Arbeit im Atelier vor der Leinwand", sagt Ingrid Pröller. Die aus Schärding stammende Künstlerin lebt und arbeitet in Wien. Die Kunstszene dort sei mühsam, Künstler würden genauso um ihre Existenz kämpfen, wie die Galeristen. "Richtig gute Kunst findet man selten", sagt die Malerin. Hohe Qualität werde oft von Oberflächlichem und Konsumorientiertem abgedrängt.

Die Kraft der Oma

Umso mehr genießt es die Künstlerin, regelmäßig in einer anderen, entschleunigten Welt untertauchen zu können: Ingrid Pröller lebt auf Kreta inmitten einer Biofarm, mit Hühnern, Hunden, Katzen, Geißen. "Mir liegt das einfache Leben mit der Natur, da zählt das Hier und Jetzt, das Tun und Sein mit den Jahreszeiten", sagt sie. Pröller findet nicht nur Erholung und Inspiration auf der Insel, sie malt in ihrem Atelierhaus, auf einer Klippe direkt am Meer, "das letzte Paradies", wie sie es nennt.

Die Neigung zur Natur mag nicht von irgendwoher kommen. Ingrid Pröller ist von ihren bäuerlichen Vorfahren aus dem Sauwald geprägt. Schon als zwölfjähriges Mädchen wurde ihr bei einer Radtour zur Verwandtschaft nach St. Roman klar, wie stark diese Wurzeln und dieses Erbe sind. "Das war eine Erleuchtung damals. Jeder in dieser Großfamilie, meine Oma väterlicherseits hatte 16 Kinder geboren, hat tagein, tagaus geschuftet, gewerkt, geschaffen. Ich war von dieser Kraft und Ausdauer beeindruckt und wusste, dass diese Energie auch in mir steckt. Ich wollte unbedingt etwas daraus machen. In eine andere Dimension bringen."

Natürlich konnte vor gut 30 Jahren noch niemand wissen, dass es die Malerei sein würde, die Pröller so notwendig findet. "Doch meine Mutter hat mein Talent erkannt und gefördert, so wie das Mamas eben machen." Der Zeichentisch war das wichtigste Möbelstück im sonst fast noch leeren Wohnzimmer. Die kreativen Stunden in der Schule waren für Ingrid Pröller viel zu wenig. Dafür wurde umso mehr zu Hause gezeichnet und gemalt, wie zum Trotz und weil sie gar nicht anders konnte.

Mit 17 die erste Ausstellung

17-jährig stemmte Pröller ihre erste Ausstellung in Schärding. Dort wurde Josef Heindl – Geschäftsmann und Kunstliebhaber – auf sie aufmerksam, bot ihr einen Ferialjob an, um seine Sammlung zu inventarisieren und förderte sie als väterlicher Mentor. Das brennende Interesse für die bildende Kunst wuchs stetig und es war klar, dass das Studium in diese Richtung gehen sollte. "Anfangs wusste ich nicht einmal, dass man Malerei an sich auch studieren kann." Um in Vaters Fußstapfen zu treten, der am Gymnasium Schärding Geografie und Geschichte unterrichtete, nahm sie erst das Lehramtsstudium für Sport und Kunst auf. Ein Jahr später begann sie zusätzlich das Studium für freischaffende Malerei und Grafik. In den Ferien pilgerte sie per Interrail zu Museen und Kulturstätten in Europa.

Während der fünf Jahre, die sie als Professorin an einem Wiener Gymnasium arbeitete, wurde weiter gemalt: im stillen Kämmerlein am Abend, an den Wochenenden, in den Schulferien. Sie erstellte das Katalogbuch "Body & Soul" und wagte schließlich den Schritt in die Kunstszene. Schlagartig hingen die Bilder im Essl-Museum, es folgte eine Einladung in die Kunsthalle Wilhelmshaven. In der Folge kamen Galeristen und Kuratoren auf sie zu. Die Malerin zeigte ihre Werke im HangART7 in Salzburg und im Kubinhaus Zwickledt. Weiters wurde ein Filmporträt gedreht. "Das sind echte Sternstunden", sagt Pröller.

"Tier!" wartet auf Wände

Und die Visionen bleiben nicht aus, die Pinsel trocknen nicht ein. Derzeit zeigt sie 33 Gemälde mit dem Titel "Mensch !" am Kunstplatz der SVA in Wien. Eine großformatige, bislang noch nicht gezeigte Serie mit dem Titel "Tier!" wartet auf eine Präsentation. "Dafür braucht es schöne, große, weiße Wände und viel Platz", sagt Pröller. Nun packt sie ihre Koffer, um im Atelier auf Kreta bei Sonne und Meeresblick zu malen. Nach einigen Wochen Inseldasein freut sie sich dann auf die heimische Kunstszene und deren Kulturangebot. Auf die Frage, wo sie sich am wohlsten fühle, antwortet sie: "Es geht weder ohne Heimat noch ohne Kreta. Auch wenn der sportliche Spagat zwischen den zwei Kulturen und Welten, nicht immer einfach ist. Und irgendwann bleib i dann dort!"