Manager jagt mit wenig Geld, aber viel Instinkt und Feinsinn
RIED. Auf seinem Facebook-Portal hat SVR-Manager Stefan Reiter seinen Geburtstagseintrag gelöscht. Der Fünfziger ist ihm wurscht, wie jedes andere Alter. Dennoch: Ehre, wem Ehre gebührt.
Er geht, Ried steigt ab. Er kehrt zurück und die GrünSchwarzen spielen in der höchsten Liga. Und wenn sie gerade mal nicht die Erstplatzierten ärgern, übernehmen sie selbst die Führung der Tabelle. So in etwa stellt sich das Stefan-Reiter-Symptom dar. Obwohl der frisch gebackene Fünfziger alles andere als ein Handwerker ist, sich selbst sogar als patschert bezeichnet, beweist der Langzeitmanager immer wieder das richtige Händchen. Vor allem, wenn es darum geht, für die SV Josko Ried auf Schnäppchentour zu gehen.
Freilich kann er budgetmäßig lange nicht mit den Managern der anderen Bundesligavereine mithalten. Doch offenbar ist Geld nicht das einzige, was man auf der Jagd nach leistbaren Profikickern braucht: Instinkt, den richtigen Riecher, das nötige Fingerspitzengefühl.
Das hat Reiter wohl auch bewiesen, als er Paul Gludovatz ins Boot holte. Während sich in anderen Bundesligavereinen eine Art Trainer-Rondo eingespielt hatte, fischte Reiter in anderen Gewässern. Als ganz normaler Typ zählt er zur Spezies jener Top-Manager, die heutzutage eher selten anzutreffen sind.
Jeans, Hemd, Kaffeetasse ohne Untersetzer am Tisch, Zigaretten griffbereit, in der Lade mehrere Ersatzpackerl. Geburtstage sind ihm wurscht, die eigenen. Um weniger Wirbel zu haben, wird schon im Vorfeld der Geburtstagseintrag auf Facebook gelöscht. Gefeiert wurde der 50er im kleinen Rahmen, bei einem Mittagessen im Kreise der Kollegen. „Den Abend will ich zu Hause verbringen“, nahm er sich vor.
Seine Handschlagsqualität ist als solche zu verstehen, schließlich wird in Ried trotz internationalem Flair eine Sprache gesprochen: Klartext. Reiter lässt sich ungern einen Maulkorb umhängen: „Die SV Josko ist Ried einfach passiert“, sagte er einmal in einem OÖNachrichten-Interview.
Was er sich wünschen würde, wäre das allgemeine Bekenntnis zum Sport und dieselbe Wertschätzung, wie sie die Kultur hat. „Kultur ist absolut wichtig und gut. In erster Linie sollte es aber nicht um das Land und seine Traditionen gehen, sondern um die Menschen, die in diesem Land leben.“
Wäre Reiter Spitzenpolitiker würde er in jeder Oberösterreichischen Gemeinde Sportlehrer für Jung und Alt einsetzen und sofort die Stundenpläne in den Schulen ändern. „Schon in den Kindergärten müsste man viel mehr Bewegung machen, damit sie sich in den Köpfen verankert.“
Dass es allerhöchste Zeit für ein Umdenken ist, habe ihm ein Vorfall bestätigt: „Eine Schulklasse kam in das Leichtathletikstadion, nur vier oder fünf Schüler hatten Sportkleidung an. Als ich wenig später wieder vorbei kam, sah ich einen Rettungswagen stehen. Wenn junge Menschen einem zusammenbrechen, weil sie eine halbe Runde laufen, zieht es mir die Zehennägel auf.“
Wie wird die nahe Zukunft der SV Josko Ried aussehen? „Es wird nicht möglich sein, dass wir immer um den ersten Platz spielen, die Tabellenführung wird keine Dauereinrichtung sein. Wir werden uns auch wieder auf andere Situationen einstellen müssen. Die nächste Runde beginnt wieder bei null.“