Jahrelang Bettlägerigkeit vorgetäuscht: Mann zu Gefängnisstrafe verurteilt

Von Thomas Streif   07.November 2018

Wegen mehrerer Anklagepunkte musste sich ein 38-Jähriger Innviertler im Landesgericht Ried vor Richter Andreas Rumplmayr verantworten.

Vor allem der Vorwurf des schweren und gewerbsmäßigen Betruges hat es in sich, zwei Prozesstage und mehrere Gutachten waren nötig, um in diesem ungewöhnlichen Fall ein Urteil fällen zu können.

Laut Staatsanwalt Alois Ebner soll der bisher unbescholtene Angeklagte, für den die Unschuldsvermutung gilt, von 2012 bis 2016 immer wieder falsche Angaben bei Untersuchungen und Befragungen von Ärzten gemacht haben.

Der Mann gab an, seinen Lebensalltag wegen der rheumatischen Erkrankung Morbus Bechterew nicht ohne fremde Hilfe bewerkstelligen zu können. "Der Angeklagte hat zwar diese Erkrankung, aber er hat aus seiner Not heraus offenbar eine Tugend entwickelt, um so an Pflegegeld zu kommen", sagt Staatsanwalt Ebner. Bei den (angekündigten) Besuchen der Ärzte soll der Innviertler laut Anklage immer im Bett gelegen und über seine "furchtbaren Schmerzen" geklagt haben. Dass der Angeklagte aber permanent von Nachbarn bei diversen Tätigkeiten, wie Gartenarbeiten beobachtet wurde, passt da nicht wirklich gut ins Bild. Den Gerichtssaal betrat der Innviertler mit einem Mundschutz. Er habe vor kurzem eine Lungenentzündung gehabt, so seine Begründung. Auf den Genuss einer Zigarette während einer kurzen Prozessunterbrechnung wollte der Angeklagte hingegen nicht verzichten.

Er sei zwischen Pflegegeldstufe zwei und drei gependelt, heißt es in der Anklage. Insgesamt erhielt der Innviertler vom 1. 1. 2012 bis 31. Mai 2016 Pflegegeld in der Höhe von 22.086,10 Euro.

Vor Richter Rumplmayr zeigte sich der Beschuldigte nicht einsichtig. Die Justiz wolle ihm nur Böses antun, er sei schwer krank, so der 38-Jährige, der beim letzten Prozesstag angab, einen "schlechten Tag" zu haben. Das machte Staatsanwalt Ebner stutzig: "Sie haben einen schlechten Tag, können aber problemlos normal gehen und hier sitzen. Das ist nicht einleuchtend."

Gutachter, unter ihnen die renommierte Psychiaterin Heidi Kastner und ein Mediziner, gaben in der Verhandlung an, die Angaben des Angeklagten, dem noch weitere Anklagepunkte vorgeworfen wurden, nicht nachvollziehen zu können. Der Richter verurteilte den Angeklagten am zweiten Prozesstag zu 15 Monaten unbedingter Haft. Erschwerend: der lange Tatzeitraum und die Tatwiederholungen. Die Strafe sei auch aus generalpräventiver Sicht, um andere vor solchen Handlungen abzuschrecken, notwendig, so der Richter.

Der Verteidiger meldete Berufung wegen Nichtigkeit, Schuld und Strafe an. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.