Hans Rauscher und seine Reise zu seiner "indischen Tochter"

Von Reinhard Burgstaller   10.März 2018

Der einst beinharte Unternehmer hat Tränen in den Augen. Hans Rauscher erzählt von seiner mit vielen Eindrücken gespickten Reise nach Indien. Zu Kalsang Dolma, die am 15. März 20 Jahre alt wird und seit 16 Jahren Rauschers dritte Tochter ist.

Und das kam so: Viele Tibeter sind nach Indien geflüchtet, nachdem sie unter ihren chinesischen Besetzern besonders zu leiden und oft nicht einmal das Nötigste zu essen hatten. Das war in der Familie der damals vierjährigen Kalsang Dolma – was übersetzt "die glückliche Göttin" – heißt, nicht anders. Als dann auch noch der Vater und eine Schwester gestorben waren, schickte die Mutter ihre Jüngste mit Schleppern in eine tibetische Enklave in Indien. Dorthin, wohin zuvor schon der Dalai Lama – das Oberhaupt der tibetischen Regierung und Friedensnobelpreisträger – und tausende Tibeter geflohen sind. Kalsang Doma blickt heute mit Verständnis und Wehmut auf diese Entscheidung ihrer nach wie vor geliebten Mutter zurück. Nur, um nicht verhungern zu müssen, hätte sich die Frau entschlossen, die Tochter mit einer Gruppe anderer Flüchtlinge nach Indien zu schicken.

Hans Rauscher war 2004, als er sich entschloss, mit seiner Frau Käthe einen Indien-Urlaub zu starten, ein weithin angesehener Unternehmer. Der Orthopädie-Schuhmacher verpasste Sportgrößen wie Hermann Maier Skischuhe, in denen der "Herminator" auch nach seinem fürchterlichen Motorradunfall noch jede Menge Erfolge einfuhr. Den Indien-Urlaub nutzte das Ehepaar zum Erholen von der harten Alltagsarbeit. Bei dieser Reise besuchten die Rauschers ein Kinderdorf in Dharamsala. Dabei wurden sie gefragt, ob sie nicht für ein Kind eine Patenschaft übernehmen möchten.

"Wir haben uns alles genau angeschaut, uns erkundigt und entschlossen, eine solche zu übernehmen. Weil wir bereits zwei Töchter haben, haben wir die Patenschaft für ein Mädchen übernommen", erzählt Hans Rauscher, der inzwischen in Pension gegangen und seinen Betrieb 2012 Tochter Julia übergeben hat. Seit seinem Indien-Urlaub vor vierzehn Jahren legt der Aspacher täglich einen Euro zur Seite. Für "die glückliche Göttin" im fernen Indien. Das von Rauscher überwiesene Geld bekommt das Mädchen nicht direkt, es wird von der Leitung des Flüchtlingslagers verwaltet. Schriftlicher Kontakt zu Kalsang bestehe aber bereits seit Jahren. Anfangs schickte sie Zeichnungen, danach Briefe.

Nur Positives über die Tochter

"Das Mädchen ist unendlich dankbar, es wurde für mich zu einer dritten Tochter", sagt Hans Rauscher gerührt. Anfang Jänner startet der Aspacher Jungpensionist erneut Richtung Indien. "Ich war sehr aufgeregt", gesteht Rauscher. Kein Wunder, hat er seine "jüngste Tochter" doch vierzehn Jahre nicht gesehen. Bei der Ankunft in Bangalore wurde er bereits von Kalsang und ihrem Onkel, einem Mönch, erwartet. "Wir hatten uns so viel zu erzählen", sagt Rauscher. Seit zwei Jahren ist das Mädchen in einem College in Mangalore, wo sie die Ausbildung zur Krankenschwester macht. Kalsang lebt in einer Wohnung bei einer indischen Familie mit kaum sechzehn Quadratmetern, zwei Matratzen, einem Schrank und einem Regal. Die Kochnische liegt im Freien. Miete und Taschengeld bekommt die heute Zwanzigjährige nach wie vor von ihrem Heim, wohin sie ursprünglich geflüchtet ist und Hans Rauscher regelmäßig seinen Obolus entrichtet. Er hat auch jenes Krankenhaus besucht, in dem Kalsang derzeit ihre Ausbildung macht.

"Ich bekam nur Positives über sie zu hören, sie sei sehr ehrgeizig und strebsam", freut sich Rauscher über den Tatendrang seiner "Jüngsten". Umso schwerer fiel beiden der Abschied. Wieder zu Hause in Aspach denkt Hans Rauscher gerne an die viel zu schnell vergangene Zeit mit Kalsang zurück: "Ich habe ihr gesagt, dass sie trotz der Entfernung im Herzen immer bei mir und meiner Familie sein wird. Schließlich ist sie unsere dritte Tochter, die eine Schwester in Tibet und zwei in Österreich hat."

Vortrag in Polling

Rauscher hat bereits einen Vortrag mit berührenden Bildern und interessanten Texten, den er erstmals am Dienstag, 13. März, um 19.30 Uhr in der "Kaiserlinde" in Polling halten wird – die weiteren Termine werden rechtzeitig in der Warte bekanntgegeben – fertig.

"Es geht mir bei meinen Vorträgen nicht darum, rührselig die Spendenwerbetrommel zu rühren, sondern vielmehr darum, aufzuzeigen, welch schreckliche Schicksale Menschen fernab so zivilisierter Länder wie Österreich erleben müssen", nennt Hans Rauscher als Anstoß, mit seiner Geschichte in die Öffentlichkeit zu gehen.