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Hakenkreuzfahne aufgehängt: "Habe ein Problem damit, Sachen wegzuwerfen"

Von (tst)   21.April 2017

"Ja, ich habe die Hakenkreuzfahne in meinem Wohnzimmer aufgehängt", sagt der Angeklagte zum Geschworenengericht. Staatsanwältin Ernestine Heger wirft dem 38-jährigen gebürtigen Deutschen das Verbrechen der Wiederbetätigung vor. Im nationalistischen Sinne habe er sich aber keineswegs wiederbetätigt, rechtfertigt sich der Mann. "Das war eine schreckliche Zeit, so etwas kann man nicht gutheißen", so der Beschuldigte. Fotos zeigen, dass die Fahne, vor allem in der Nacht, von außen bestens zu sehen war. "Das habe ich nicht gewusst", behauptet der Angeklagte. Er sei halt an Geschichte interessiert, daher sei er auch im Besitz der Fahne gewesen.

So gar nicht ins Bild passt da, dass in seiner ehemaligen Wohnung zahlreiche andere Gegenstände und Fotos mit klarem Bezug zum Nationalsozialismus gefunden wurden. Dass der Mann unter anderem einen SS-Totenkopf mit der Aufschrift "Meine Ehre heißt Treue" und SS-Runen riesengroß auf seiner Brust und seinem Arm tätowiert hat, macht seine Verantwortung, er habe mit rechtem Gedankengut nichts am Hut, alles andere als glaubwürdig.

Laut Anklage hat der 38-Jährige, der mittlerweile dem Innviertel den Rücken gekehrt hat, seine Nazi-Tätowierungen öffentlich zur Schau gestellt und Fotos der Tattoos per Mail an Freunde verschickt.

"Warum tun Sie das?", will der Vorsitzende Richter Andreas Rumplmayr vom Beschuldigten wissen. "Ich habe nicht über mögliche Folgen nachgedacht." Die Tätowierungen seien "halt eine Kurzschlussreaktion" gewesen. Verwunderte Blicke, sowohl bei den Geschworenen als auch bei den Prozessbeobachtern.

"Für dumm verkaufen"

Die Tätowierungen seien schon 2008 gemacht worden. Öffentlich zur Schau gestellt habe er diese aber nie, behauptet der 38-Jährige. Seiner Arbeit gehe er nur langärmelig nach. Daraufhin hält ihm Rumplmayr ein Foto, wo er in einem öffentlichen Bad sitzt und die Tätowierungen eindeutig zu sehen sind, vor. "Sie wollen uns hier schon ein wenig für dumm verkaufen, glaube ich. Wenn sie diese NS-Sachen daheim sammeln und sogar einschlägig tätowiert sind, dann können sie diese Zeit nicht so abscheulich gefunden haben. Bei ihnen ist alles eine Kurzschlussreaktion. Aber wenn das ihre Verteidigungslinie ist, bitte schön. Ein Geständnis sieht ganz anders aus", sagt der sichtlich verärgerte Richter Rumplmayr.

Er sei bereit, sich die Tätowierungen jetzt aber entfernen zu lassen, so der Angeklagte. "Gute Idee, ehe das nächste Verfahren daherkommt", antwortet Rumplmayr.

Immer wieder beteuert der Angeklagte, dass er seit vielen Jahren nichts mehr mit der rechten Ideologie zu tun habe. Dass er die Fahne von Herbst 2015 bis Mai 2016 unübersehbar aufgehängt hatte, kann er sich selber nicht so genau erklären. "Ich hab halt ein Problem damit, Sachen wegzuschmeißen. Ich wollte sie demnächst alle schlichten", versucht er sich herauszureden. "Aha, dann hängen sie die Fahne also auf", merkt der Richter zynisch an.

"Hitler-Wein" als Geschenk

Eine Uhr mit einem Hakenkreuz und eine Weinflasche mit der Aufschrift "Adolf Hitler – European Tour 1939–1945", habe er geschenkt bekommen. Das sei "reiner Zufall" gewesen. Freunde aus der rechten Szene habe er nämlich nicht. Zufall soll es, so der Angeklagte, auch gewesen sein, dass er bei einem Motocrossrennen in Ungarn ausgerechnet die Startnummer 88 (Heil Hitler) zugelost bekam. Anschließend klebte diese Startnummer jahrelang auf seinem Auto. "Der Fall ist klar, der Angeklagte wollte sich im nationalistischen Sinne wiederbetätigen", sagt Anklägerin Heger in ihrem Schlussplädoyer. Der Verteidiger räumt ein, dass das Geständnis seines Mandanten ein "wenig holprig" gewesen sei, dieser sich aber mittlerweile klar von der Ideologie des dritten Reichtes distanziere. Die Geschworenen sprechen den Angeklagten mit Ausnahme eines Punktes jeweils einstimmig schuldig. Der Angeklagte wird zu 14 Monaten bedingter Haft verurteilt. Der Richterspruch ist bereits rechtskräftig. 

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20. April 2024